Sorgfältig Händewaschen, das gilt auch für die Abgeordneten im Landtag. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Corona-Krise hat den Landtag erreicht: Die für diesen Donnerstag geplante Plenarsitzung wird am Vormittag verzögert, ganze Debatten entfallen - weil ein Abgeordneter Kontakt zu einem Infizierten hatte.

Stuttgart - Das grassierende Coronavirus hat den Betrieb im baden-württembergischen Landtag durcheinander gebracht. Die Plenarsitzung verzögerte sich am Donnerstag, die Tagesordnung wurde verkürzt, Debatten gestrichen, wie eine Sprecherin der Landtagsverwaltung mitteilte. Zuvor hatte ein Grünen-Abgeordneter erklärt, Kontakt zu einer Person gehabt zu haben, die positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Nach Angaben von Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ist noch unklar, ob sich der Abgeordnete selbst mit dem Virus infiziert hat.

Zuvor stand die ganze Plenarsitzung auf der Kippe. Die Grünen hatten empfohlen, sie vorsichtshalber zu verschieben. Das Landtagspräsidium entschied dann aber, die Sitzung verkürzt stattfinden zu lassen - vorerst ohne die grünen Abgeordneten.

„Die Arbeitsfähigkeit des Landtags ist wichtig“, sagte Landtags-Vizepräsidentin Sabine Kurtz. Eine komplette Absage der Sitzung wäre auch falsches Signal ins Land hinaus, wo es Unternehmen und Institutionen gebe, die auch arbeitsfähig bleiben müssten.

Appell an alle Fraktionen

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nimmt sicherheitshalber nicht an der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin teil. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, teilte das Staatsministerium in Stuttgart mit. Es gehe „nun darum, dass Personen, die in räumlicher Nähe zum Abgeordneten waren, weitere Kontakte vorsorglich vorerst vermeiden“.

Eigentlich wollten die Abgeordneten an diesem Donnerstag während der ganztägigen Sitzung über die Folgen der Migrationskrise an der griechisch-türkischen Grenze für Baden-Württemberg diskutieren. Die AfD, die gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge ist, hatte das Thema auf die Tagesordnung gebracht - unter der Überschrift „Grenzschutz ist Bevölkerungsschutz – Hilfe vor Ort statt Massenmigration nach Baden-Württemberg“. Außerdem sollte es im Landtag um die Versetzung des Staatssekretärs Volker Ratzmann (Grüne) in den einstweiligen Ruhestand gehen. Ratzmann wechselt als Lobbyist zur Deutschen Post.

Diese beiden Tagesordnungspunkte wurden gestrichen - aus Rücksicht auf die Grünen, sagte Kurtz. Sonst stünden am Donnerstag keine Beschlüsse an. Sie appellierte an alle Fraktionen, die Lage nicht auszunutzen. „Wir können das so gestalten, dass es kein Problem ist, wenn eine Fraktion jetzt nicht dabei ist.“ Die Grünen folgten den Empfehlungen des Gesundheitsamts und seien vorläufig nicht anwesend, da noch ein Test des Abgeordneten ausstehe, sagte Landtags-Vizepräsidentin Kurtz. Je nach Ergebnis könnten sie wieder normal teilnehmen. Man hoffe, dass das Ergebnis am Nachmittag vorliege.

335 Menschen im Südwesten infiziert

Die Zahl der mit dem Virus Sars-CoV-2 infizierten Menschen in Baden-Württemberg stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums bis Mittwochabend auf 335. Das grassierende Coronavirus wirkt sich mit jedem Tag stärker auf den Alltag im Südwesten aus: Am Mittwoch hatte das Wissenschaftsministerium mitgeteilt, dass der Start des Sommersemesters an den Hochschulen im Land auf nach Ostern verschoben wird. Das traditionsreiche Stuttgarter Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen wurde abgesagt. Die Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg forderten eine präventive Schließung aller Schulen bis Ostern - die Landesregierung war am Mittwoch aber weiter gegen pauschale Schulschließungen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) stufte die an Deutschland grenzenden ostfranzösischen Gebiete Elsass und Lothringen als Coronavirus-Risikogebiete ein - das betrifft viele Pendler im Land.