Straßenkontrolle in der indischen Stadt Foto: dpa/Rajesh Kumar Singh

Experten befürchten für Indien eine Katastrophe. Schon zu normalen Zeiten haben es viele Menschen nicht leicht, Hygiene zu betreiben. Währenddessen wird im Internet allerhand Nonsens angepriesen.

Delhi - Es ist zugegebenermaßen ein Luxusproblem. Wie hält man einen Spülschwamm? Das muss sich manch ein Inder gerade erst im Internet ansehen. Denn vor allem der oberen Mittelschicht, dort, wo die Hausangestellten nicht auf dem Anwesen wohnen, fehlt das Personal. Die indische Regierung hat die größte Ausgangssperre der Welt verhängt, rund 1,3 Milliarden Menschen sind davon betroffen. Ob das reichen wird, bezweifeln viele Experten. Sie befürchten einen wahren Infektions-Tsunami.

Wenn die statistischen Prognosen bestehen bleiben, dann wird Indien schon in wenigen Jahren China als bevölkerungsreichstes Land überholen. Mehr als 1,4 Milliarden Menschen leben dann auf dem Subkontinent. Mit derzeit etwas mehr als 570 positiv auf Corona getesteten Menschen wäre die Krankheit vermutlich beherrschbar – wenn denn die Zahlen stimmen würden. Daran aber glaubt kaum jemand. Getestet werden die, die es sich leisten können – von denen im Dunkeln sieht man nichts.

Kilometerweit laufen nach Wasser

Rund 800 Millionen Inder gelten als arm. Ein Großteil von ihnen lebt auf dem Land, weitgehend abgeschnitten von brauchbarer medizinischer Versorgung. Mehr Menschen, als Deutschland Einwohner hat, drängen sich in den Slums am Rande der Großstädte, dicht an dicht, mit Ratten, aber ohne vernünftige Kanalisation oder Wasser. Hier wie dort gibt es schon zu normalen Zeiten Schwierigkeiten, die Grundregeln der Hygiene zu beachten. Wer kilometerweit läuft, um Wasser zu bekommen, oder stundenlang danach ansteht, der wird das kostbare Gut auch in Corona-Zeiten nicht zum ständigen Händewaschen nutzen.

Nach einem Probe-Shutdown am Wochenende gilt die größte Ausgangssperre der Welt seit Mittwoch ganz offiziell. Die indische Eisenbahn hat den Transport bis Mitte April weitgehend eingestellt. Die Regierung verbietet mehr als 20 Trauergäste bei Beerdigungen und erklärt, dass absolut kein Grund bestehe, in Panik zu verfallen: Lebensmittelgeschäfte blieben auch während der 21-tägigen Ausgangssperre geöffnet. Der Ansturm auf die Geschäfte zeugte nicht vom tiefen Vertrauen in diese Worte. Und während die Bilder von menschenleeren Straßen in Neu-Delhi um die Welt gingen, blieben die Menschen in den Slums dicht an dicht.

Auf Gerüchte stehen deutliche Strafen

Und obwohl die indische Regierung das Verbreiten von Gerüchten unter Strafe gestellt hat, haben Fake News in den sozialen Medien Konjunktur. Die einen empfehlen Unmengen von Knoblauch, mit denen das Virus vertrieben werden könnte, andere das Baden im Urin von Kühen. Ein landesweit bekannter Blogger empfiehlt eine „Wundermischung“ mit Chlordioxid zu sich zu nehmen. Zumindest Youtube hat all diese Videos umgehend gelöscht. Für den Blogger ist das nur der Beweis, dass er Recht hat und mundtot gemacht werden soll.