Die Kultusministerin spricht sich für Präsenzunterricht für die jüngsten Schülerinnen und Schüler aus. Foto: imago images/Thomas Koehler/photothek.net

Kultusministerin Eisenmann hält nichts von Unterricht aus der Ferne - schon gar nicht für jüngere Kinder. Die CDU-Politikerin pocht darauf, dass Schulen bald im neuen Jahr wieder ihre Pforten öffnen. Unabhängig von den Infektionszahlen.

Stuttgart - Kultusministerin Susanne Eisenmann will sich mit aller Macht um die Wiedereröffnung zumindest von Grundschulen und Kitas nach dem 10. Januar einsetzen. „Ich gehe davon aus und werbe sehr dafür, dass wir Kitas und Grundschulen in jedem Fall wieder in Präsenz öffnen und auch Klasse 5, 6 und 7 sowie die Abschlussklassen im Blick haben - unabhängig von den Inzidenzzahlen“, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Gerade mit kleineren Kindern in der Grundschule sei digitaler Unterricht im Grunde nicht möglich. „Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen.“ Von einer Verlängerung oder Verschiebung der Weihnachtsferien halte sie gar nichts.

Eisenmann hält damit an der Linie fest, mit der die Politik über viele Monate offene Schulen gerechtfertigt hat: „Schulen stehen nicht im Mittelpunkt des Infektionstreibens“, sagt sie. Das belegen aus ihrer Sicht auch bis zuletzt die Zahlen. Kurz vor dem Beginn des Weihnachts-Lockdowns waren nach Angaben des Kultusministeriums lediglich 7 der rund 4500 Schulen coronabedingt komplett geschlossen und 813 von rund 67 500 Klassen im Land vorübergehend in Quarantäne (Stand: 14. Dezember).

Eisenmann lehnt Verlängerung der Ferien ab

Eisenmann lehnt auch eine Verlängerung der Weihnachtsferien über den 10. Januar hinaus strikt ab, wie sie etwa der Deutsche Kinderschutzbund vor kurzem gefordert hatte. „Davon halte ich gar nichts“, sagt sie. „Jeder Eingriff in die Ferien bringt neue Probleme mit sich, neue Herausforderungen für Eltern und auch für die Schulen.“ Eine Verlängerung der Ferien sei auch mit dem Bildungsanspruch nicht zu vereinbaren. Bildung müsse auch in Pandemie-Zeiten möglich sein. „Ich würde es für einen Fehler halten, analog zu März und April Schulen, Kitas und Kindertagespflege über viele Wochen hinweg komplett geschlossen zu halten.“

Doch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich Mitte Dezember skeptisch gezeigt mit Blick auf die Öffnung von Schulen. „Wo wir sind am 11. Januar, wird man sehen“, hatte der Regierungschef gesagt. „Keine Maßnahmen erfolgen unabhängig von den Infektionszahlen.“ Die Ministerpräsidenten wollen am 5. Januar über das weitere Vorgehen entscheiden. Denkbar ist, dass der Lockdown verlängert wird, sollten die Zahlen nicht deutlich sinken.

„Der Großteil hat damit ein Problem“

Bildung und Betreuung müssten endlich eine Sonderstellung in der Lockdown-Debatte haben, fordert Eisenmann. „Ich fand ganz schwierig, mit welcher Leichtigkeit in der Diskussion gesagt wurde: Dann schließen wir halt mal die Schulen“, sagt die CDU-Politikerin. „Es ist wichtig, dass wir Schulen anders behandeln als Baumärkte - bei aller Wertschätzung für die Baumärkte“. Eisenmann betonte auch immer wieder Betreuungsprobleme für Eltern als Folge von Schulschließungen - und Probleme für schwächere Kinder, die durch Fernunterricht noch mehr abgehängt würden. „Manchmal ist es auch hilfreich, nicht nur auf Virologen zu hören, sondern auch auf Kinderpsychologen und Kinderärzte, die eine ganz klare Haltung haben zu Schulschließungen.“

Lernen am Bildschirm kann aus ihrer Sicht den Lehrer im Klassenzimmer nicht ersetzen. „Ausschließlich digital zu lernen, war und ist nicht Teil der Gesamtkonzeption Schule. Homeschooling ist in Deutschland eigentlich verboten. Das gibt es nur, weil es die Pandemie von uns gefordert hat“, sagte Eisenmann. Nur wenige, begabte Schüler kämen mit so einer Art des selbstorganisierten Lernens gut zurecht. „Der Großteil hat damit ein Problem“, sagte Eisenmann. „Fernunterricht ist immer die schlechtere Alternative zum Präsenzunterricht, zur Struktur, zum Arbeiten vor Ort, mit der Lehrkraft und in der Gruppe.“

FDP unterstützt das Bestreben nach Präsenzunterricht

Die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl sieht die Mehrheit der Lehrer in ihrem Streben nach mehr Präsenzunterricht an ihrer Seite. „Die Unterstellungen, die man manchmal hört, sind zutiefst ungerecht und falsch“, sagte sie mit Blick auf Vorwürfe, Lehrer wollten sowieso lieber daheim bleiben. „Die allermeisten Lehrer sind engagiert und wollen überwiegend auch in die Schule.“

Die Bildungsgewerkschaft GEW betont, dass auch die Lehrkräfte so viel Präsenzunterricht wie möglich wollten. „Doch sie würden auch gerne einmal den Satz hören: „Soviel Sicherheit wie möglich für 130 000 Lehrerinnen und Lehrer!““, teilte GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider mit.

Auch die FDP unterstützt das Bestreben nach Präsenzunterricht. „Präsenzunterricht ist nicht zu ersetzen, auch um die Schülerinnen und Schüler nicht zu verlieren, die zu Hause nicht über die technischen Möglichkeiten und die notwendige Präsenz der Eltern verfügen“, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die Bilanz von Eisenmann während der Corona-Zeit sei dennoch mangelhaft. „Die Digitalisierungsmöglichkeiten der Schulen bleiben weit hinter den Anforderungen zurück, die digitale Lernplattform selbst bleibt Flickwerk und die Schulen sind nicht ausreichend gerüstet, etwa mit Luftfiltergeräten oder passenden Masken.“

Stoch entzürnt über Eisenmann

SPD-Chef Andreas Stoch hält überhaupt nichts von einer Wiedereröffnung von Schulen unabhängig von Inzidenzzahlen, wie sie Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) fordert. „Da fliegt jedem das Dach weg, der nur im Entferntesten mit Medizin oder Bildung zu tun hat“, sagte Stoch der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Eisenmann will nach dem 10. Januar zumindest die Grundschulen und Kitas unabhängig von den Inzidenzzahlen wieder in Präsenz öffnen.

Eisenmann stelle sich damit radikal gegen jede wissenschaftliche Empfehlung, sagte Stoch. Die Inzidenzen seien immer noch viel zu hoch, die Infektionsketten nicht kontrollierbar. Es gebe mehr Möglichkeiten als die komplette Öffnung und die komplette Schließung von Schulen. Stoch fordert Stufenmodelle mit Wechselunterricht und zusätzliche Raummöglichkeiten wie Turnhallen und Foyers für jüngere Schüler.