Bei einer Demonstrationsfahrt mit Landkreissprecher Peter Keck wird erklärt, wie die Abstriche gemacht werden. Nach spätestens zwei Tagen liegt das Laborergebnis vor. Foto: Ines Rudel

Seit Montag sind die Abstrichzentren in Nürtingen und Leinfelden-Echterdingen in Betrieb. Die Nachfrage ist immens, es gibt mehrere Stunden Wartezeit. Der Landkreis bittet deshalb, die Zentren erst am Dienstag oder den Folgetagen aufzusuchen.

Kreis Esslingen - Montagvormittag, 9 Uhr. Bereits eine Stunde bevor das neue Corona-Abstrichzentrum (CAZ) des Landkreises Esslingen auf dem Festplatz in Nürtingen-Oberensingen öffnet, warten die ersten Autos vor dem Drive-in. Eine halbe Stunde später stehen bereits sechs Autos in der Schlange.

Rund 100 Abstriche in wenigen Stunden entnommen

„Wir gehen von einem großen Aufkommen aus“, sagt der Bezirksgeschäftsführer der Malteser, Marc Lippe. Der Rettungsdienst koordiniert die beiden im Kreis Esslingen eingerichteten CAZ, das zweite Containerzentrum befindet sich auf dem Parkplatz P 27 bei der Messe Stuttgart in Leinfelden-Echterdingen. Lippe sollte mit seiner Vorhersage Recht behalten. Bereits am Vormittag wurden rund 100 Abstriche genommen, um auf das Coronavirus zu testen. Am Nachmittag meldete das Landratsamt Esslingen: „Aufgrund des großen Andrangs muss mit Wartezeiten von mehreren Stunden gerechnet werden. Daher bittet die Kreisverwaltung, erst morgen oder in den folgenden Tagen die CAZ anzufahren.“

Viele Menschen haben Angst vor einer Infektion

Laut Christian Baron, dem Leiter des Dezernats Gesundheit im Landratsamt Esslingen, haben über das Wochenende hinweg viele Menschen beim ärztlichen Bereitschaftsdienst angerufen. Sie sorgen sich, dass sie möglicherweise infiziert sind, und wollen nun Klarheit haben.

Mit den CAZ, so Christian Baron, „leisten wir einen wesentlichen Beitrag, um die Situation in den Griff zu bekommen“. Bis zu 100 Abstriche täglich kann eine Station entnehmen, täglich sind im Landkreis also bis zu 200 Entnahmen möglich. Diese große Zahl ist einer der Gründe, warum die Entscheidung auf die Drive-in-Variante nach südkoreanischem Vorbild fiel.

Die Drive-In-Methode bietet mehrere Vorteile

Zudem würden die Hausärzte und die Kliniken entlastet, nennt Christian Baron einen weiteren Vorteil. Außerdem müssten die Patienten kein volles Wartezimmer mit erhöhter Ansteckungsgefahr aufsuchen. Und schließlich sparen die CAZ Schutzkleidung, die zu einem knappen Gut wird. In den Zentren arbeiten jeweils montags bis freitags von 10 bis 19 Uhr Teams von drei bis vier Mitarbeitern und entnehmen Abstriche. Ihre Anzüge lassen sie an, ein häufiger Wechsel wie in Hausarztpraxen entfällt damit.

Wer befürchtet, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, wendet sich telefonisch an seinen Hausarzt oder außerhalb der Sprechzeiten unter der Nummer 116 117 an den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Voraussetzung ist, dass eine Person sich in den vergangenen 14 Tagen in Südtirol oder einem anderen Risikogebiet aufgehalten hat und Krankheitszeichen der Atemwege aufzeigt. Das medizinisch geschulte Personal entscheidet aufgrund der Symptome, ob die Fahrt zum CAZ angezeigt ist. Die Betroffenen erhalten auf die telefonische Diagnose hin dann einen Code, den sie im CAZ nennen müssen. Lippe: „Wir wollen damit verhindern, dass die Stationen überrollt werden.“ Außerdem müssen Betroffene ihre Krankenversicherungskarte mitbringen.

In fünf Minuten ist alles erledigt

Nachdem die Personalien aufgenommen sind, werden durch das geöffnete Seitenfenster mit einem Wattestäbchen in Mund und Nase die Abstriche genommen. Die Patienten verlassen das Auto nicht, so dass sie auch nicht mit Gegenständen oder anderen Menschen in Kontakt kommen. „Die ganze Prozedur dauert fünf Minuten“, sagt Marc Lippe. Bei einer Demonstration am Montag in Nürtingen wird gezeigt, wie die Entnahme in der Praxis abläuft. Der Sprecher des Landkreises Esslingen, Peter Keck, stellt sich für die Vorführung als Proband zur Verfügung.

Die Proben würden dann in ein Labor nach Karlsruhe geschickt, erklärt Marc Lippe das weitere Vorgehen. Nach spätestens 48 Stunden lägen die Ergebnisse vor. Die beiden CAZ seien ausschließlich für Bürger aus dem Kreis Esslingen gedacht. Seines Wissens sind die beiden CAZ landesweit die bisher einzigen Drive-in-Zentren, so der Geschäftsführer des Malteser Hilfsdienstes. Wer nicht mit dem Auto kommen kann, meldet sich beim ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117.

Der Oberensinger Festplatz ist leicht zu finden

Auf den Festplatz Oberensingen fiel die Wahl, weil er verkehrsgünstig an der B 313 liegt und bequem angefahren werden kann. Die Stadt sei sofort bereit gewesen, Verantwortung zu übernehmen, betont die Nürtinger Sozialbürgermeisterin Annette Bürkner. Auf dem Festplatz findet immer traditionell der Maientag statt. In diesem Jahr ist der Nürtinger „Nationalfeiertag“ auf Mitte Mai terminiert.

Ob bis dahin im Kampf gegen den Coronavirus Entwarnung gegeben werden kann und die CAZ wieder abgebaut sind, ist derzeit nicht absehbar. Entsprechend ist unklar, ob das Volksfest mit Aufführungen und Wettkämpfen auf der Festwiese, Vergnügungspark mit Biergarten und Festzeltbetrieb wie gewohnt über die Bühne gehen kann.

Überall in der Region entstehen zentrale Teststellen

Zwar sind die Drive-in-Zentren im Kreis Esslingen bisher die einzigen in Baden-Württemberg. Doch werden inzwischen überall in der Region Abstriche an bestimmten Orten konzentriert entnommen. Das erste Testzentrum im Land hat am vergangenen Dienstag in Herrenberg (Kreis Böblingen) seinen Betrieb aufgenommen. Tags darauf folgte Schorndorf (Rems-Murr-Kreis). Und am Klinikum Ludwigsburg ist am Freitag eine zentrale Teststelle für Corona-Verdachtsfälle eröffnet worden.