Nicht alle Menschen können sich die Produkte im normalen Supermarkt leisten, und schon gar nicht zurzeit. Foto: dpa/Uli Deck

Die Corona-Krise trifft aktuell jeden. Doch es gibt Menschen, die leiden besonders unter den Auswirkungen. Es sind Leute, die kaum Geld haben und auf Tafelläden angewiesen sind. Und diese geraten jetzt in eine finanzielle Schieflage.

Filder/Esslingen - Der Stress der vergangenen Tage ist Tanja Herbrik deutlich anzumerken. Ihr Job ist sowieso kein einfacher, doch die Corona-Pandemie hat ihn noch schwieriger gemacht – ein Ende ist nicht in Sicht. Und wenn, dann könnte es kein gutes sein. Doch Tanja Herbrik würde sich und ihre Probleme nie in den Vordergrund stellen, wenn sie aus dem derzeitigen Alltag der Fildertafel berichtet. Denn die, die die Krise besonders hart trifft, sind andere. Es sind Menschen, die kaum Geld haben und darauf angewiesen sind, dass sie in den Tafelläden des Kreisdiakonieverbands Esslingen möglichst günstig an Lebensmittel gelangen.

Lebensmittelabgabe war für Ehrenamtliche zu riskant

Die Fildertafel hat drei Standorte. Der Hauptsitz ist in Bernhausen, zwei weitere Abgabestellen für Bedürftige sind in Echterdingen und in Nellingen. Letztere beiden waren in den vergangenen Tagen geschlossen. Der Grund: Die ehrenamtlichen Helfer sind mehr oder weniger alle im Rentenalter und gehören damit zu den besonders Gefährdeten durch das Coronavirus. „Das Risiko war uns zu groß“, sagt Tanja Herbrik, die Fachbereichsleiterin Armut und Beschäftigung beim Verband.

Nun haben sie und ihre Kollegen umorganisiert, sodass die beiden Zweigstellen der Fildertafel am Dienstag, 31. März wieder öffnen können. Mitarbeiter der derzeit geschlossenen Diakonieläden helfen aus. Denn: „Die Abgabestellen sind wichtig für Leute, die wenig Geld zur Verfügung haben und sich keine Hamsterkäufe leisten können“, sagt Herbrik. „In den Supermarktregalen stehen vor allem noch die teuren Produkte.“ Zwar seien manche der Tafelkunden in den vergangenen Tagen nach Bernhausen gekommen, um einzukaufen. Aber nicht alle. Für manche sei der Fahrschein schlicht zu teuer.

Es gibt ein anderes gravierendes Problem

Die Lieferengpässe, von denen andere Tafelläden berichten, sind auf den Fildern nicht in dem Ausmaß zu spüren. Es komme zwar unter dem Strich weniger Ware in Bernhausen an, vor allem am Anfang der Krise sei dies so gewesen, doch es sei spürbar besser geworden, berichtet Tanja Herbrik. Die Fildertafel hat indes ein anderes gravierendes Problem. Sie gerate in eine finanzielle Schieflage.

Schon in normalen Zeiten sei vieles auf Kante genäht, sagt die Fachbereichsleiterin. Doch da hatten zumindest noch die angeschlossenen Diakonieläden offen, mit deren Erlösen man die Tafeln quasi querfinanziere. Diese Quelle sei wegen der Corona-Krise versiegt. Hinzu kämen gestiegene Ausgaben für Schutzkleidung für die Mitarbeiter. „Da bricht uns gerade ein Delta auf“, sagt Herbrik. Und man habe aktuell keine Fantasie, wie sich dieses schließen lasse. „Ich sehe im Moment keine Lösung.“ Rücklagen? Gibt es nicht. Damit steht alles auf der Kippe. Und das, wo die Fildertafel in diesem Jahr eigentlich ihr 25-jähriges Bestehen feiere.

„Wir wünschen uns Solidarität“

Sollte der Betrieb in oder nach der Krise eingestellt werden müssen, „wäre das ein fatales Signal für unsere Gesellschaft“, sagt Herbrik. Die Armen würden so die Folgen der Corona-Pandemie empfindlich zu spüren bekommen: im Kühlschrank und auf dem Küchentisch. „Wir wünschen uns Solidarität für Menschen, die wenig Geld haben“, sagt sie. Entweder in Form von Spenden an die Fildertafel. Oder aber einfach durch entsprechendes Verhalten im Supermarkt. Damit meint Tanja Herbrik: Hamsterkäufe sein lassen und nicht alle günstigen Waren wegschnappen. Damit die Ärmeren auch mal im Supermarkt fündig werden und nicht einzig und allein auf die Tafelläden angewiesen sind, wenn Mehl oder Zucker ausgehen.

Lange Warteschlangen gebe es derzeit übrigens keine vor dem Tafelladen. Tanja Herbrik hat festgestellt, dass die Leute seltener aus dem Haus gingen. „Wir haben deutlich weniger Kunden“, sagt sie. Vermutlich aus Sorge, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Deshalb habe man nun beschlossen, von dieser Woche an einen Lieferservice anzubieten. „Natürlich kontaktfrei“, wie in Corona-Zeiten üblich. Hier wollen die Tafel-Mitarbeiter Kisten für eine Woche zusammenpacken und denen nach Hause bringen, die sich nicht mehr vor die Tür trauen.

Die Fildertafel hilft – und braucht Hilfe

Öffnungszeiten: Die drei Standorte der Fildertafel sind aktuell wie folgt geöffnet: Bernhausen, Echterdinger Straße 51, Montag bis Freitag 10 bis 14 Uhr; vom 31. März an Echterdingen, Tübinger Straße 21, und Nellingen, Hindenburgstraße 48, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 14 bis 17 Uhr.

Lieferservice: Von dieser Woche an will die Fildertafel einen Lieferservice anbieten. Er soll Menschen, die das Haus aus Sorge vor dem Coronavirus nicht mehr verlassen wollen, mit Lebensmitteln versorgen. Wer sich eine solche Kiste bestellen möchte, kann dies unter Telefon 0711/90 77 45 12 tun.

Spenden: Um nicht vorhandene Lebensmittel zuzukaufen und den Betrieb am Laufen zu halten, ist die Fildertafel auf Spenden angewiesen: Kreisdiakonieverband Esslingen, Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, die IBAN lautet DE 12611500200101673185, Stichwort „Fildertafel Corona“.