Auch wenn es nicht weh tut – ein Zwangstest ist umstritten. Foto: dpa/Boris Roessler

Der Bundesgesundheitsminister will den Corona-Zwangstest für viele Urlaubsrückkehrer. Doch darf Jens Spahn so etwas überhaupt anordnen?

Stuttgart - Jens Spahn hat seine Meinung geändert. Lange Zeit hatte der Bundesgesundheitsminister Bedenken geäußert, Reisenden bei ihrer Rückkehr nach Deutschland vorzuschreiben, einen Coronatest zu absolvieren. Nun die Kehrtwende: von kommender Woche an sollen sich Reisende, die aus Risikogebieten zurückkehren, an Flughäfen testen lassen. Verpflichtend – und kostenlos. Es gibt viele praktische Probleme: wie wird kontrolliert? Wo wird getestet? Wer bezahlt? Und es gibt ein ganz großes rechtliches Problem: Darf das überhaupt sein?

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Grundlage für die Anordnung, die der Bundesgesundheitsminister erlassen möchte, ist das Infektionsschutzgesetz, genau der §5, Absatz 2, Satz 1e. Das Infektionsschutzgesetz ist erst im März mit Blick auf Corona sehr umfangreich erweitert worden – und Paragraf 5 gehört zu den Musterbeispielen, wie man klare Gesetze nicht verfasst. Ausgedruckt umfasst alleine diese einzelne in sich verschachtelte Vorschrift drei eng beschriebene Dina-4-Seiten. Immerhin: die erwähnte Passage erlaubt dem Gesundheitsminister anzuordnen, dass sich Menschen bei der Einreise in die Bundesrepublik untersuchen lassen müssen. Es erlaubt im weiteren auch noch, dass Transportunternehmen die Passagierdaten herausgeben, um herauszufinden, wer im Flugzeug, Bus oder in der Eisenbahn gesessen hat.

Eine gerichtliche Prüfung ist sehr wahrscheinlich

Ob das Infektionsschutzgesetz in seiner heutigen Form überhaupt rechtmäßig zustande gekommen ist gehört zu den Fragen, die noch nicht abschließend geklärt ist. Einzelne Teile sind von den unterschiedlichsten Menschen vor den unterschiedlichsten Gerichten angegriffen worden. Ob auch diese Passage gerichtlich überprüft werden wird ist noch nicht klar – aber hoch wahrscheinlich. Da die Regelung noch nie zur Anwendung kam, ist es schwer vorhersehbar, wie Gerichte entscheiden werden.

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Anders als eine Impfung wird dem Körper bei einem Test kein Mittel zugeführt, sondern etwas entnommen – in der Regel ein Rachenabstrich. Juristisch gesehen ist das gleichwohl unzweifelhaft ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Bei der Frage, ob die Verpflichtung dazu rechtmäßig ist, wird es, im Kern darum gehen, ob es eine verhältnismäßige Maßnahme ist, um die Infektionsgefahr zu minimieren.

Beim Geld wird es kniffelig

Gerichte werden also irgendwann prüfen müssen, ob die Tests ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel sind, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung zu anderen Maßnahmen im Kampf gegen Corona ist die Frage der Geeignetheit wahrscheinlich kein großes Problem, ebenso wenig wie die der Erforderlichkeit.

Spätestens bei der Frage nach der Angemessenheit wird auch die Finanzierung eine Rolle spielen: sprich: muss der Rückkehrer den Test selbst bezahlen. Politisch wird die Forderung erhoben, zuletzt von FDP-Chef Christian Lindner. Rechtlich wird sie sich nur schwer durchsetzen lassen, zumindest nicht für all diejenigen, die sich bereits im Ausland befinden, und bei der Ausreise nicht damit rechnen mussten, dass dies bei der Rückreise auf sie zukommt.