Christian Ellinger, 35, ist Judotrainer beim SV Fellbach. Foto: Privat

Während der Corona-Pandemie sind gemeinsame Übungseinheiten untersagt. Drei Übungsleiter vom SV Fellbach, TSV Schmiden und TV Oeffingen erzählen von ihren Erlebnissen in dieser ungewöhnlichen Zeit.

Fellbach - Es kommt schon mal vor, dass Tatjana Rosenkranz, 25, in der einen Stunde umtriebige Fünfjährige in ihrem Kurs hat, in der nächsten Einheit dann aber mit einer 95-Jährigen Übungen auf und mit dem Stuhl absolviert. „Aber gerade diese Abwechslung macht Spaß“, sagt Tatjana Rosenkranz, die beim TV Oeffingen als Sport- und Gymnastiklehrerin arbeitet. In gewöhnlichen Zeiten begleitet sie ein umfangreiches Programm. In dieser Corona-Pandemie dagegen macht es deutlich weniger Spaß. Und das liegt hauptsächlich daran, dass der Kontakt mit den Kursteilnehmern entweder auf ein Minimum beschränkt war oder zurzeit eben überhaupt nicht erlaubt ist. Es finden seit dieser Woche Onlinekurse statt, diese werden von Sebastian Laessing, dem Auszubildenden Nick König und eben von Tatjana Rosenkranz geleitet. „Ich vermisse die Kinder, das ganze Leben drumherum fehlt mir“, sagt die 25-Jährige, die in Schorndorf wohnt.

Tatjana Rosenkranz ist seit 2018 in der Kindersport-Abteilung des TVOe und dort für das Geräteturnen verantwortlich. In gewöhnlichen Zeiten leitet sie drei Gruppen: Schüler aus der ersten und zweiten Klasse, aus der dritten und vierten Klasse sowie Schüler im Alter von zehn Jahren und älter. Da oftmals bis zu 25 Kinder in einer Gruppe sind, hat Tatjana Rosenkranz Unterstützung von Assistenzkräften, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren. Bei den ganz Kleinen besteht eine Übungseinheit vor allem aus spielerischen Elementen. Ein sportartspezifisches Aufwärmtraining und Übungen an den verschiedenen Geräten wie Kasten oder Schwebebalken folgen. Zusätzlich zu den Stunden im vereinseigenen Fitness- und Gesundheitscenter OeFit – die bis zur behördlichen Verordnung Mitte Dezember des Vorjahres nur noch als Einzeltraining gestattet waren – leitet Tatjana Rosenkranz auch eine Kooperation mit drei Kindergärten; in den anliegenden Sporthallen baut sie Bewegungslandschaften. Am Gustav-Stresemann-Gymnasium bietet sie in Zusammenarbeit mit der Lehrerin Christiane Geiger-Wernert zudem eine Schülerbetreuung an.

Im November 2019, damals war das Coronavirus in Oeffingen noch unbekannt, war Tatjana Rosenkranz auch beim Kindersportfest des TVOe mit dabei. Die Übungsleiter führen dabei mit ihrer jeweiligen Gruppe etwas vor. In diesem Herbst soll die Veranstaltung wieder stattfinden. Das hofft auch die Abteilungsleiterin Ingrid Schreiner, die sehr angetan ist von der Arbeit ihrer Mitarbeiterin: „Sie ist sehr engagiert, sehr aufgeschlossen und bringt tolle Ideen mit.“ Aus der jüngsten Idee sind die Onlinekurse entstanden. Diese finden immer montags, mittwochs und freitags von 10 bis 10.30 Uhr statt. Eine Anleitung zur Morgengymnastik sozusagen. „Wir hoffen zwar, dass wir bald wieder ein persönliches Training anbieten können, aber bis dahin freuen wir uns auf zahlreiche Teilnehmer im Internet“, sagt Tatjana Rosenkranz, die als Kind selbst geturnt hat. Auf dem Pferd. Das Voltigieren war ihre Leidenschaft. Zu ihrem täglichen Programm zählt auch heute noch eine Fahrt nach Esslingen, wo sie Vrodo, Quentin und die Holländerin Guufje besucht. Ihre drei Pferde, mit denen sie jeweils eine Stunde täglich verbringen darf.

Beim TVOe fühlt Tatjana Rosenkranz sich wohl; weil alles „so super familiär ist“, wie sie sagt. Und weil das Training so abwechslungsreich ist. Mit umtriebigen Fünfjährigen und betagten 95-Jährigen.

Christian Ellinger sieht in dieser Corona-Krise für die Judoka des SV Fellbach eine Chance

Für Christian Ellinger war 2020 ein gutes Jahr. Im Mai ist seine Tochter Liah Sophie auf die Welt gekommen, und er konnte in den vergangenen Monaten viel Zeit mit ihr und seiner Familie im Wohnort in Schnait verbringen. In dieser Woche hat er zudem erfahren, dass die Judosparte in der Budo-Abteilung des SV Fellbach im Vergleich zum vergangenen Jahr lediglich vier Mitglieder weniger verzeichnet. Diese Zahl stimmt ihn positiv, und er rechnet sie vor allem der guten Arbeit des Trainerteams zu. Einer dieser Judotrainer heißt Christian Ellinger. Doch Eigenlob ist dem 35-Jährigen fremd, vielmehr betont er die gute Zusammenarbeit des Führungsquartetts, zu dem auch Jeanette Miethke, Silvana Bürkle und Marc Wirths zählen. Doch wenn man es genau nimmt, ist der Aufschwung bei den Judoka des SV Fellbach seit Beginn dieses Jahrtausends ganz eng mit Christian Ellinger verbunden.

Im Jahr 2002 hatte er eine Leistungsgruppe gegründet. „Da haben wir alle reingenommen, die Bock hatten auf Judo“, sagt Christian Ellinger. Sie war als zusätzliches Training gedacht, und sie wuchs stetig. Nach einer studienbedingten Pause kehrte Christian Ellinger mit neuen Ideen zurück, die Bonsai-Judo-Gruppe für die Fünf- bis Siebenjährigen war ausgesprochen erfolgreich. Ein Ziel war auch die jährliche Ausbildung von Trainern, die dann früh Verantwortung übernehmen sollten. Ein Beispiel: Tamara Heimsch.

Zuletzt allerdings hat die Abteilung auch einige Athleten und Hilfskräfte verloren, weil sie berufsbedingt oder wegen ihres Studiums weggezogen sind. Joshua Miethke zum Beispiel, oder auch Paul Bobert, Mark Dietrich und Franziska Heimsch. „Die Situation war schon vor der Pandemie schwierig, und dann kam eben Corona“, sagt Christian Ellinger, der als Lehrer an der Rumold-Realschule in Kernen arbeitet. Jugendturniere wurden nach und nach abgesagt. Doch in der Folge haben die Verantwortlichen um die Abteilungsleiterin Martina Bobert für die Kinder eine Judo-Safari ins Leben gerufen, angelehnt an die Breitensportaktion des Deutschen Judo-Bundes (DJB). Bei verschiedenen Aufgaben konnten die Teilnehmer zu Hause Punkte sammeln und dafür am Ende ein entsprechendes Judo-Abzeichen bekommen.

Über die Sommermonate lief das Training gut, doch dann kam der Lockdown im November, und seitdem sind die Übungseinheiten auf ein Online-Angebot beschränkt. „Wichtig ist, dass wir überhaupt etwas machen. Wir müssen uns stetig neu erfinden und dürfen nicht klagen“, sagt Christian Ellinger, der in dieser Corona-Krise auch eine Chance sieht: „Wir könnten wieder enger zusammenrücken als Verein und versuchen, diesen Dienstleistungsgedanken abzulegen, also nicht einfach nur das Kind im Training abgeben.“

Christian Ellinger selbst hat im Alter von acht Jahren beim SV Fellbach mit dem Judosport begonnen. Sein Trainer damals hieß Rupert Lautenschlager, dem er fünf Jahre später bereits als Co-Trainer zur Seite stand. Mehr als 50 Kinder besuchten damals die Judokurse. „Das waren andere Zeiten, da haben sie uns die Bude eingerannt“, sagt der heute 35-Jährige. Mit 14 Jahren war er Jugendsprecher, und wenig später begann der Aufschwung bei den Leistungssportlern der Fellbacher Judoabteilung. Mit dem 1992er-Jahrgang, zu dem Mark Dietrich, Marc Wirths, Raphael Plato und auch Sven Heinle zählen. Für ihre Erfolge hat auch Christian Ellinger mit seinem Engagement beim SV Fellbach die Grundlagen geschaffen.

Nick Lauer-Benkenstein, der die jungen Leichtathleten beim TSV Schmiden betreut, hat zurzeit keinen Kontakt zu den Kindern.

Kurt Lauer vom LAZ Ludwigsburg hat im vergangenen September in Heilbronn den Titel bei den deutschen U-18-Meisterschaften der Leichtathleten gewonnen. In 5:57,84 Minuten war er über die 2000-Meter-Strecke mit Hindernissen der Schnellste. Das hat auch seinen Onkel Nick Lauer-Benkenstein gefreut. Der 45-Jährige wohnt in Schmiden und engagiert sich als Jugendtrainer in der Leichtathletik-Abteilung des TSV Schmiden. Dabei ist er sehr spät zur Leichtathletik gekommen und das auch eher per Zufall. Den ersten Kontakt hatte er mit Susanne Widmann-Klein, als diese noch in Oeffingen als Betreuerin tätig war. Später suchten die Verantwortlichen des TSV Schmiden, bei dem Susanne Widmann-Klein sich heute engagiert, händeringend nach Übungsleitern. Alsbald übernahm Nick Lauer-Benkenstein seine neue Aufgabe. Er betreut die gut 40 Kinder von fünf bis zehn Jahren. Das Interesse der jungen Athleten in Schmiden ist groß, doch zurzeit hat er keinen Kontakt. Aufgrund der Corona-Pandemie sind gemeinsame Trainingseinheiten untersagt. „Der Sportplatz ist für uns fast nicht zu ersetzen“, sagt Nick Lauer-Benkenstein.

In gewöhnlichen Zeiten sieht er seine Aufgabe darin, die Kinder spielerisch an die Sportart heranzuführen. Dabei soll auch der Team-Liga-Wettkampf im Rems-Murr-Kreis helfen. Hier werden keine Einzelathleten gewertet, er ist als Mannschaftssport ausgelegt. Bis zu zwölf Kinder bilden ein Team, das zum Sprint über 30 oder 40 Meter und zum Weitwurf antritt. Dabei werden Tennisbälle oder auch Fahrradreifen geworfen. Auch der neunjährige Yannis Lauer zählt zur jungen Trainingsgruppe des TSV Schmiden. Sein Sohn ist wohl auch der Hauptgrund, wieso Nick Lauer-Benkenstein vor rund drei Jahren als Betreuer angefangen hat.

Doch im vergangenen Jahr lief dann eben so gut wie nichts nach Plan. „Es lief sehr schlecht und es läuft sehr schlecht“, sagt Nick Lauer-Benkenstein. Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war zunächst Schluss. Im Juni haben Nick Lauer-Benkenstein und seine Mitstreiter einen Neustart gewagt. Zunächst teilten die Verantwortlichen den Trainingsplatz in verschiedene Bereiche ein, doch das wollte nicht recht funktionieren. Auch weil die Betreuer dann einige Kinder aus Platzgründen hätten aussortieren müssen. Das Hygienekonzept stand, aber die Disziplin bei kleinen Kindern ist damit nur bedingt vereinbar. Bis in den Oktober hinein haben sie dann im Freien trainiert, doch da waren die Auswirkungen der Pandemie schon wieder bemerkbar. „Manchmal bin ich ganz allein dagestanden“, sagt der 45-Jährige. Im Rahmen seiner Möglichkeiten möchte er gern weitermachen, wenn die Freigabe der Behörden kommt. „Solange ich gebraucht werde, bleibe ich dabei.“

Nick Lauer-Benkenstein, heute in der Immobilienbranche tätig, ist in Sangerhausen in Sachsen-Anhalt aufgewachsen. Bereits mit sieben Jahren hat er sich sportlich engagiert, allerdings nicht in der Leichtathletik, sondern im Boxsport, nachdem er auch Fußball und Tischtennis ausprobiert hatte. Der talentierte Boxer wurde gefördert und stand später im Nationalkader. Kurz nach der Wende nahm er an den ersten gesamtdeutschen Meisterschaften teil und belegte in seiner Gewichtsklasse den dritten Platz. Doch wenig später hörte er auf. Einen deutschen Meister gibt es dennoch in der Verwandtschaft: Sein Neffe Kurt Lauer ist der Schnellste über 2000 Meter Hindernis.