Gegner der Coronamaßnahmen treffen sich vielerorts zu unangemeldeten „Spaziergängen“. In Filderstadt ist das nun verboten. Foto: Simon Granville

Die Filderstädter Verwaltung verbietet unangemeldete Versammlungen. In Leinfelden-Echterdingen ist eine für kommende Woche angemeldete Versammlung nun abgesagt worden. Verwaltungen und Veranstalter sehen sich zu diesem Schritt gezwungen.

Filderstadt - Die Stadtverwaltung Filderstadt hat am 12. Januar entschieden, dass sogenannte Spaziergänge, unangemeldete Corona-Demonstrationen, nicht mehr stattfinden dürfen. Dieser Schritt sei erfolgt, um gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus sowie zum Schutz der Teilnehmenden und der Allgemeinheit zu handeln, teilt die Verwaltung mit. Wer unangemeldete „Spaziergänge“ in Filderstadt organisiere, müsse mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Mit dem bis einschließlich Montag, 31. Januar, verfügten Versammlungsverbot drohe auch den Teilnehmenden ein Bußgeld.

„Spaziergänger“ haben sich und andere gefährdet

In Filderstadt habe es seit Mitte Dezember 2021 immer wieder kleinere „Corona-Spaziergänge“ gegeben. Im Januar 2022 sei in Bernhausen eine dreistellige Anzahl von Personen – ohne vorherige Anmeldung bei der Versammlungsbehörde – zusammengekommen und habe „nicht unerheblich“ in den Straßenverkehr eingegriffen, so die Stadt. Die Gruppe mit knapp mehr als 100 Personen, erklärt Oberbürgermeister Christoph Traub, hätte zum Beispiel Feuerwehrzufahrten blockiert, sei über rote Ampeln gelaufen und habe damit sich und andere gefährdet. „Zum Schutz beider Gruppen, der Teilnehmer und anderer Verkehrsteilnehmer, müssen wir hier eingreifen“, sagt Traub.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Rund 50 000 Menschen marschieren mit

Unter den Teilnehmenden beziehungsweise in deren Kommunikationskanälen – vorwiegend die sozialen Medien – würden mitunter Verschwörungsideologien verbreitet, auch rechtsnationale Tendenzen schwängen teilweise mit. So sei ihm zugespielt worden, dass auf Aufrufen zu den „Spaziergängen“ Embleme der Reichsbürgerbewegung zu sehen waren, sagt OB Traub. Die Verwaltung habe sich auch deswegen entschieden, die unangemeldeten „Spaziergänge“ zu verbieten. Damit solle diesen Entwicklungen entgegengetreten werden. „Wir stehen in Filderstadt für einen respektvollen Umgang miteinander und einen Diskurs auf Augenhöhe. Es gilt – jetzt vielleicht mehr denn je – zusammenzustehen und dafür zu sorgen, dass aus einer Gesundheitskrise keine Gesellschaftskrise wird“, so Traub. Das Verbot bezieht sich nur auf unangemeldete Versammlungen. Bei den derzeit wieder stark ansteigenden Infektionszahlen seien größere Menschenansammlungen ohne Abstand und ohne das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen nicht verantwortbar, sagt die Stadtverwaltung. Angemeldete Veranstaltungen „mit dem Ziel vor Augen, die Versammlungsteilnehmenden wie auch die Allgemeinheit vor möglichen Gefahren zu schützen“, so die Stadt, dürften stattfinden, sofern der aktuell geltende Gesundheitsschutz gewährleistet wird. Der OB betont: „Das Demonstrationsrecht ist durch Corona nicht aufgehoben.“ Versammlungen, sofern sie angemeldet sind und sofern die Teilnehmer sich an die Coronaregeln halten, also zum Beispiel Abstand zueinander halten und Masken tragen, seien erlaubt. So wolle man das Ganze in geregelte Bahnen lenken, sagt Oberbürgermeister Christoph Traub.

In Leinfelden-Echterdingen sagen Veranstalter selbst den Spaziergang ab

In Leinfelden-Echterdingen war für Anfang der kommenden Woche eine Versammlung zum Thema Versammlungsfreiheit und Grundgesetz angemeldet. Diese wurde nun abgesagt. Eine entsprechende Auskunft erteilte das Ordnungsamt in Leinfelden-Echterdingen am Donnerstag. Hintergrund der Absage des Veranstalters seien unter anderem die Auflagen zum Gesundheitsschutz (Maskenpflicht) gewesen, weil nicht immer ein Mindestabstand von 1,5 Metern garantiert werden konnte. Ein Verbot von Versammlungen oder Demonstrationen gebe es seitens der Stadt ausdrücklich nicht. „Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut“, betont das Ordnungsamt.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Wie eine Beziehung am Streit über Corona zerbricht

Seit einigen Wochen finden auch in Leinfelden-Echterdingen sogenannte Montagsspaziergänge gegen die Coronamaßnahmen statt. Allerdings handele es sich bei den Teilnehmern derzeit um kleine Gruppen, die ohne Transparente oder Plakate durch den Ort liefen, so das Ordnungsamt. Eine Allgemeinverfügung, die diese Art der Versammlung verbieten könnte, sei daher kaum zu rechtfertigen. Erst, wenn eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu befürchten sei, könne präventiv eingegriffen werden. Davon sei man aber in Leinfelden-Echterdingen noch weit entfernt.

Um eine Versammlung handelt es sich laut Ordnungsamt, wenn es einen Aufruf dazu gab. Die „Montagsspaziergänger“ verabredeten sich vor allem über soziale Medien, hätten aber nur eine lose Organisationsstruktur. Es sei ein schmaler Grat zwischen einem tatsächlichen Spaziergang und einer Versammlung. „Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel“, heißt es dazu aus dem Ordnungsamt.