Das Logo der Food and Drug Administration (FDA) ist an einem Gebäude auf dem Campus der Behörde in Silver Spring (Bundesstaat Maryland) zu sehen. Die US-Arzneimittelbehörde soll Medikamentenstudien zu nachlässig kontrollieren. Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa

Die US-Arzneimittelbehörde FDA kontrolliere Medikamentenstudien zu lasch, schreibt das renommierte Fachjournal „Science“. Möglicherweise hat das Folgen für die Qualität der Medikamente auch in Deutschland.

Washington - Mitarbeiter des renommierten Fachjournals „Science“ werfen der für Medikamente zuständigen US-Zulassungsbehörde Nachlässigkeit bei der Überwachung klinischer Studien vor. Die Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) kontrolliere die meist von Pharmakonzernen in Auftrag gegebenen Studien, etwa Zulassungsstudien von Medikamenten an Menschen, lasch, langsam und verschwiegen, heißt es in der am Donnerstag in „Science“ veröffentlichten Untersuchung. Verstöße blieben zunehmend ohne Konsequenzen.

Die „Science“-Mitarbeiter Charles Piller und Meagan Weiland sichteten nach eigenen Angaben rund 1600 interne Dokumente der Arzneimittelbehörde aus einem Zeitraum von etwa zehn Jahren bis 2019.

FDA-Gutachter hätten die teils „gefährlichen und gesetzeswidrigen Praktiken“ bei den klinischen Studien zwar dokumentiert, die Behörde habe die Unternehmen bei Verstößen aber nur in Ausnahmefällen geahndet und zur Nachbesserung gezwungen. So sei es etwa oft folgenlos geblieben, wenn Studienteilnehmer über Risiken nicht ausreichend informiert oder Erhebungen nicht sorgfältig dokumentiert wurden.

Deutlich weniger Verwarnungen der FDA unter Trump

Den Recherchen zufolge hat sich etwa die Anzahl der durch die US-Behörde ausgesprochenen Verwarnungen in den vergangenen Jahren deutlich reduziert:

Während die Behörde in den ersten drei Amtsjahren von Präsident Barack Obama (2009 bis 2011) noch 99 sogenannte „Warning letters“ für schwerwiegende Verstöße ausstellte, waren es in seinen letzten drei Amtsjahren (2014 bis 2017) noch 36 und nur zwölf während der ersten drei Jahre unter US-Präsident Donald Trump. Gleichzeitig sei die Anzahl der durch die FDA überprüften Vorgänge unter Trump deutlich angestiegen. Auch das Behörden-Budget habe sich im Laufe der Jahre erhöht.

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Die US-Behörde erklärte, die Zahl solcher Verwarnungen könne „zurückgehen und ansteigen“. Die Trump-Regierung beeinflusse ihre Arbeit nicht. Im Zusammenhang mit einer möglichen Zulassung eines Corona-Impfstoffs hatte FDA-Chef Stephen Hahn mehrfach die politische Unabhängigkeit der Behörde betont: Die FDA werde sich bei der Zulassung eines Impfstoffs an ihre bekannten und streng wissenschaftlichen Abläufe halten.

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Großer Einfluss der USA auf weltweite Medikamentensicherheit

Den Einfluss der FDA auf die globale Medikamentensicherheit schätzt Wolfgang Becker-Brüser, Arzt und Herausgeber der Fachzeitschrift „Arznei-Telegramm“, als hoch ein. „Die Praxis der Arzneimittelzulassung in den USA wird mit Sicherheit einen Einfluss auf die Qualität der Medikamente und Arzneimittel in Deutschland haben.“

Es gebe einen „globalisierten Arzneimittelmarkt“, weshalb die unterschiedlichen Arzneimittelbehörden eng zusammen arbeiteten, so auch die FDA mit ihrem europäischen Pendant, der European Medicines Agency (EMA). Gleichzeitig befänden sich die Behörden aber auch in einem Konkurrenzverhältnis, etwa bei der Schnelligkeit von Medikamenten- oder Impfstoffzulassungen. Die EMA könne durch frühe Entscheidungen der FDA unter Druck geraten, Arzneimittel ebenfalls „vorschnell“ zuzulassen.

„Wenn einer der Partner schwächelt und nicht sauber arbeitet, dann geraten auch die anderen unter Druck“, warnt Becker-Brüser. Die EMA werde immer wieder dafür kritisiert zu langsam zu arbeiten, dabei könne Langsamkeit ein Zeichen für Gründlichkeit sein.

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