So kennt man Erba nicht: Wegen der Ausgangssperre sind die Plätze vor der Stadtkirche menschenleer. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Die Ausgangssperre in der italienischen Partnerstadt dauert an – dort gibt es bereits zehn Covid 19-Tote. Der Marktplatz in Erba ist wie leergefegt, am Ostersonntag ist auch der Platz vor der Stadtkirche gegenüber dem Rathaus wie ausgestorben.

Erba - Der Marktplatz in Erba ist wie leergefegt, am Ostersonntag ist auch der Platz vor der Stadtkirche gegenüber dem Rathaus wie ausgestorben. Die Schulen bleiben weiterhin geschlossen, die Wochenmärkte sind ausgesetzt, Friedhöfe und öffentliche Parkanlagen dürfen seit dem 13. März nicht betreten werden.

Erbas Bürgermeisterin Veronica Airoldi hat die Bürger am Samstag über die neuerliche Verordnung informiert

An eine Rückkehr ins normale Leben ist in der italienischen Partnerstadt von Fellbach noch lange nicht zu denken, bis zum 3. Mai ist die Ausgangssperre jetzt von staatlicher Seite verlängert worden.

Bei schönstem Wetter und sommerlichen Temperaturen haben die Erbesen Ostern ohne Gottesdienste, ohne Verwandte, ausgiebige Ostermenüs am Ostersonntag im Restaurant und ohne das traditionelle Picknick an „Pasquetta“ (Ostermontag) verbracht. Nach fünf Wochen ist die Ausgangssperre nun um weitere drei Wochen verlängert worden, dann ist das öffentliche Leben in Italien acht Wochen nahezu auf Null zurückgefahren. Erbas Bürgermeisterin Veronica Airoldi hat die Bürger am Samstag über die neuerliche Verordnung informiert und nochmals eindringlich appelliert, sich daran zu halten. Demzufolge darf das Haus nur in dringendsten Fällen verlassen werden, wer zum Einkaufen geht, muss mindestens acht Artikel auf einmal einkaufen. Geöffnet sind nur Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien und Zeitungskioske.

Im ordensgeführten Krankenhaus Sacra Famiglia Fatebenefratelli von Erba gibt es mittlerweile zwei strikt voneinander getrennte Trakte

Ihren Espresso müssen die Erbesen seit fünf Wochen zuhause trinken, die Bars haben zu. Auch die Eisdielen haben geschlossen, dabei klettern die Temperaturen seit Tagen regelmäßig über 20 Grad. Die Stadtverwaltung verteilt an bedürftige Menschen Gutscheine für den Einkauf von Produkten des täglichen Bedarfs. Nach Ostern öffnen wieder einige Postfilialen, allerdings mit begrenzten Schalterzeiten.

Besonders schwer ist es vielen Erbesen über die Osterfeiertage gefallen, dass sie weder einen Gottesdienst besuchen konnten noch die Gräber auf dem Friedhof. Friedhofsmitarbeiter und Ehrenamtliche haben vor Ostern die Gräber von verwelkten Blumen und abgestorbenen Pflanzen befreit, da die Angehörigen seit Mitte März nicht mehr auf die Friedhöfe durften. Beerdigungen finden – wenn überhaupt – mit einer Handvoll Personen statt. Im ordensgeführten Krankenhaus Sacra Famiglia Fatebenefratelli von Erba gibt es mittlerweile zwei strikt voneinander getrennte Trakte. Die Corona-Ambulanz ist in einem Zelt untergebracht, die Corona-Patienten in einem Teil des Gebäudes, das hermetisch von den anderen Stationen abgetrennt ist.

Das Seniorenheim Ca‘ Prina mit rund 100 Bewohnern liegt direkt neben dem Rathaus in der Ortsmitte

Es wird akribisch darauf geachtet, dass es zu keinen Kontakten weder von Patienten noch zu Personal kommen kann. Am Samstag waren dort 73 Covid-Patienten stationär untergebracht, sieben von ihnen auf der Intensiv-Station. „Unsere Intensiv-Plätze sind alle belegt“, erklärte die Krankenhausverwaltung die angespannte Situation. Seine Mitarbeiter seien am Limit, sagt der ärztliche Direktor Pierpaolo Maggioni. Man brauche dringend zusätzliches Personal, mindestens zwölf Krankenschwestern und sechs Pfleger würden aktuell fehlen. In Erba hat Covid 19 bis zum Ostersamstag zehn Todesopfer gefordert, 81 Personen sind infiziert und 36 befinden sich in Quarantäne.

Das Seniorenheim Ca‘ Prina mit rund 100 Bewohnern liegt direkt neben dem Rathaus in der Ortsmitte. Dort sind bereits drei Corona-Tote zu beklagen. Vor rund zehn Tagen ist das Virus dort zum ersten Mal aufgetreten, jetzt sollen alle Heimbewohner und das Personal getestet werden. Aber das dauert.

Es werden weitere Masken benötigt

Die Bürgermeisterin Veronica Airoldi hat sich mit einem Brief an die Regierung gewandt und ausreichend Corona-Tests für Bewohner und Mitarbeiter angefordert. Sie hat auch angeordnet, dass die Bürger, wenn sie das Haus und ihre Wohnung verlassen, Masken tragen sollen. Seit dem vergangenen Mittwoch werden sie kostenlos verteilt, zwei Masken pro Familie und eine an Single-Haushalte. 4500 Masken hat die Region Lombardei zur Verfügung gestellt, 11 800 Masken hat Erba dazu gekauft. Allerdings reicht die Zahl nicht aus, es werden weitere Masken benötigt. Die Nachricht aus Fellbach, dass zuerst der Städtepartnerschaftsverein 1000 Euro an die Stadt Erba überwiesen hat und dann von der Stadt weitere 5000 Euro hinzukamen, hat in der Partnerstadt große Emotionen geweckt. Mittlerweile sind auch vom Centro Italiano in Fellbach weitere 500 Euro aus der Vereinskasse hinzu gekommen. „In den über 40 Jahren Partnerschaft sind enge Bindungen entstanden, in diesen schwierigen Zeiten zeigt sich das“, dankt Bürgermeisterin Airoldi den Spendern. Der Erbeser Gemeinderat und Vorsitzende des dortigen Partnerschaftsvereins Giorgio Meroni schließt sich dem an: „Worte reichen nicht aus, um unsere Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringe“, schreibt er. Derweil berichtet die lokale Presse vom Engagement der Fellbacher Zeitung, die über die Aktion 6666 ebenfalls aufgerufen hat, für die Bürgerinnen und Bürger in Erba zu spenden.