Rund 50 Erwachsene und Kinder demonstrieren vor der Schwabenlandhalle. Foto: Dirk Herrmann

Rund 50 Erwachsene und Kinder haben vor der Schwabenlandhalle die sofortige Öffnung der Kindergärten für alle gefordert. Aufgerufen zu der Demonstration hat die Fellbacher Grundschullehrerin Christine Weis.

Fellbach - Die Nerven liegen bei vielen Fellbacher Eltern blank, weil die Kindergärten in der Corona-Krise bisher nur eine Notbetreuung für einen Teil der Sprösslinge anbieten. Vor allem Familien, die Erwerbstätigkeit und Familienarbeit mit der Betreuung und Beschulung ihrer Kinder unter einen Hut bringen müssen, seien körperlich und psychisch an der Belastungsgrenze angekommen, erklärt Christine Weis aus Fellbach. Die Grundschullehrerin, die ihre vierjährige Tochter betreut, fordert die sofortige Öffnung der Kindergärten. Das hat Weis am Dienstag mit einer Demonstration vor der Schwabenlandhalle unterstrichen.

Bei besagter Demo waren rund 50 Eltern und Kinder dem Aufruf von Weis gefolgt

„Nach zehneinhalb Wochen wünscht man sich endlich eine Perspektive“, macht die Pädagogin ihrem Unmut Luft. Dabei befände sie sich mit nur einem Kind im Kindergartenalter in einer vergleichsweise komfortablen Situation. Es gebe aber Eltern, die müssten sich um mehrere Kinder kümmern, mit ihnen lernen und ihre Arbeit im Homeoffice organisieren. „Man hat gar nicht so viele Computer im Haus dafür, ganz zu schweigen von der Ruhe, die fehlt“, erklärt die Pädagogin, die die Schüler ihrer dritten Klasse bereits seit Wochen von zu Hause aus mit Aufgaben versorgt.

Bei besagter Demo waren rund 50 Eltern und Kinder dem Aufruf von Weis gefolgt und hatten sich am vergangenen Dienstagnachmittag aus Anlass einer Gemeinderatssitzung vor der Schwabenlandhalle zu der friedlichen Demonstration versammelt. „Es gab keine Plakate und keine Kundgebung. Ich hatte nicht vor, mich lautstark zu Wort zu melden“, beschreibt die Fellbacherin die Versammlung. Stattdessen habe sie auf dem Platz vor der Halle Gespräche mit mehreren Gemeinderäten, Passanten und der Oberbürgermeisterin Gabriele Zull führen können. Dabei sei sie mit ihren Anliegen auf Verständnis gestoßen. Christine Weis ist es sehr wichtig, nicht als Corona-Leugnerin missverstanden zu werden. Es stehe für sie außer Frage, dass Risikogruppen geschützt werden müssen. Aber angesichts des extrem geringen Anteils von Infizierten, in Fellbach werden momentan vier Fälle auf der städtischen Homepage gemeldet, sei es Zeit, zu handeln.

Sie verweist auf die Studienergebnisse von Fachverbänden

Es sei ihr unverständlich, wieso sie im Job Menschen begegne, gleichzeitig aber anfangs keinen Kontakt zur eigenen Familie haben durfte „Das alles macht für mich, je länger es geht, immer weniger Sinn. Junge, gesunde Familien und Kinder sind keine Risikogruppen.“ Deren Isolation und das Vorenthalten von frühkindlicher Bildung sei nicht mehr nachvollziehbar und verfassungswidrig. Weis fährt fort: „Soziale Kontakte, persönliche Nähe und Zuwendung sind Grundbedürfnisse jedes Menschen.“ Und die emotionalen Schäden der Corona-Maßnahmen bei Kindern stünden nicht mehr im Verhältnis zu den Schäden durch das Virus, folgert die Pädagogin. Sie verweist auf die Studienergebnisse von Fachverbänden, darunter die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die die Forderung nach Öffnung der Kitas stützten.

„Ich muss meinen Unmut vor Ort kundtun, denn der Gemeinderat ist das Gremium, das ich als Bürgerin gewählt habe“, erklärt die Fellbacherin, die die mangelnde Transparenz vonseiten der Behörden bemängelt und nicht verstehen kann, warum Entscheidungen rund um die Wiedereröffnung der Kindertagesstätten so lange dauerten.

Trotz der von der Landesregierung zwischenzeitlich angekündigten Öffnung der Kitas Ende Juni treiben Weis weiter Zweifel um. Natürlich sei die Öffnung sehr wünschenswert, doch sie halte den Termin Ende Juni für wenig realistisch. Unklar sei, ob das Personal ausreiche, um wieder den Normalbetrieb aufzunehmen. Es könnte auch passieren, dass die Kindergartenkinder nur tageweise in die Kitas zurückkehren dürften. Das würde die Familien nicht ausreichend entlasten.