Auch das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region zählt zum Unterstützerkreis der angekündigten Demo in Stuttgart. (Symbolfoto) Foto: 7aktuell.de/Gerlach/www.7aktuell.de/Florian Gerlach

Bislang waren die Proteste gegen die Corona-Beschränkungen in Stuttgart mit Akteuren wie Heinrich Fiechtner politisch eher rechts der Mitte zu verordnen. Jetzt haben Stuttgarts Linke das Thema für sich entdeckt – und planen eine eigene Demo.

Stuttgart - Stuttgarts Linke wollen die Deutungshoheit über die Corona-Beschränkungen offenbar nicht der AfD, dem parteilosen Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner, Verschwörungstheoretikern und anderen überlassen, die bislang zum Protest auf der Straße dagegen aufgerufen hatten und politisch eher rechts der Mitte einzuordnen sind. Ein Bündnis aus linken Gruppen, das auf den Namen Krisenbündnis Stuttgart hört, hat darum für Samstag, 30. Mai um 14 Uhr eine Demo im Oberen Schlossgarten angemeldet.

Gemein ist ihnen, den Großdemos „Widerstand 2020“ und den Fiechtner- oder AfD-Demos die Kritik an den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die Argumentation geht aber in eine etwas andere Richtung. So kritisiert Krisenbündnis Stuttgart auf seiner Webseite etwa, die „Krisenlösung der Herrschenden“ würden soziale Ungleichheit noch verschärfen. Es wird gefordert, dass die Reichen die Krise bezahlen müssen.

Stuttgarter Antifa Teil des Aktionsbündisses

Zwar hatte es bereits am 9. Mai eine kleine Demo im Kurpark in Cannstatt mit ähnlicher Ausrichtung gegeben, allerdings war das Krisenbündnis Stuttgart damals noch nicht geboren. „Der Kreis der Unterstützerinnen war aber aber ähnlich – wenn auch etwas kleiner“, sagt Marie Salz, die Sprecherin des Bündnisses. Das Bündnis habe sich aus dem Protest im Kurpark heraus entwickelt. Zum Unterstützerkreis gehören die Linkspartei Stuttgart, Gewerkschaften wie Verdi, das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) und Kultureinrichtungen wie das Theater Rampe. Die Stadt erwartet am Samstag 250 Demonstranten.

Das Corona-Protestwochenende wird wie in den Wochen zuvor unübersichtlich. Stand Mittwochnachmittag waren über zehn unterschiedliche Kundgebungen zum Thema Corona-Beschränkungen für Samstag und Sonntag in Stuttgart angemeldet – auch wieder die großen Querdenken711-Proteste auf dem Cannstatter Wasen, deren Teilnehmerzahl wieder auf 5000 begrenzt ist. Zur endgültigen Demo-Konstellation über Pfingsten sagt Martin Thronsberens, ein Sprecher der Stadt: „Erfahrungsgemäß kann sich hier bis Freitag noch einiges ändern.“

Polizei widerspricht Zentrum Automobil

Die Lager der politischen Ränder stehen sich in Stuttgart aktuell wohl sehr verfeindet gegenüber. Besonders ein Vorfall vom 16. Mai, bei dem ein Daimler-Betriebsrat und Mitglied der politisch eher rechts geltenden Gewerkschaft am Rande einer Demo gegen die Corona-Beschränkungen ins Koma befördert wurde, hat die Gemüter erhitzt. Zentrum Automobil macht linksautonome Schläger dafür verantwortlich, wobei die Stimmung von der IG Metall aufgeheizt worden sei. Die IG Metall streitet jede Nähe zu Antifa-Gruppen ab. Die Polizei ermittelt noch – eine Gaspistole sei aber, wie Zentrum Automobil das darstellt, nach aktuellem Ermittlungsstand nicht abgefeuert worden.

Unabhängig davon, wer für den Überfall mit üblen Folgen verantwortlich war, haben Linke die Wasen-Proteste immer wieder gestört, sei es mit Demos gegen vermeintlich rechtes Publikum dort oder durch Blockaden. Eine eigene politische Agenda zu den Corona-Beschränkungen – abgesehen von Gegenprotest – war bislang nur schwer auszumachen. Mit dem Krisenbündnis Stuttgart ändert sich das jetzt.