Bildsequenz aus dem Comic „Manno!“ der Hauptpreisträgerin Anke Kuhl. Foto: jan

Das fünfte Jahr in Folge hat die Berthold-Leibinger-Stiftung den hochdotierten Comicbuchpreis in Stuttgart verliehen. Der Hauptpreis 2019 geht an die Frankfurter Illustratorin Anke Kuhl. Ihr Thema: der ganz normale Wahnsinn des Kindseins.

Stuttgart - Meist werden Preise für bereits abgeschlossene Werke verliehen. Beim Comicbuchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung ist das nicht so. Dort gleicht die Preisverleihung einem Werkstattbesuch, die prämierten Arbeiten sind im Entstehen. Das soll die Künstler in ihrem langen Atem bestärken, den ein Comicbuch von der Idee bis zur Fertigstellung erfordert – auch finanziell. Der erste Preis ist immerhin mit 20 000 Euro dotiert, neun weitere Finalisten erhalten jeweils 2000 Euro.

Die Preisverleihung am Montagabend im Stuttgarter Literaturhaus, insgesamt die fünfte und zugleich die erste nach dem Tod des Stiftungsgründers Berthold Leibinger, unterstrich den Werkstattcharakter: Preisträgerin Anke Kuhl hat erst drei von geplanten 13 Episoden ihres Comicbands „Manno!“ gezeichnet. Ausreichend viel, um die Jury zu überzeugen. In besonderen Bildern und mit charakteristischem Strich erzählt die Frankfurter Illustratorin die Geschichte einer ganz normalen Kindheit – ihrer Kindheit. „Schon in den ersten drei Episoden hat ,Manno!‘ die Jury mit Witz, lebhafter Bildsprache und wunderbaren Kurzberichten aus einem Kinderleben zwischen Euphorie und Katastrophen begeistert. Die Geschichten, lose verknüpft zur Memoire einer Kindheit, wecken die schönsten Erwartungen“, stellte Jurymitglied Brigitte Helbling in ihrer Laudatio vor 200 Zuhörern, darunter das Unternehmerehepaar Nicola Leibinger-Kammüller und Mathias Kammüller, heraus. Im Frühjahr 2020 könnten diese Erwartungen erfüllt werden; dann will der Klett-Kinderbuch-Verlag Leipzig, in dem bereits mehrere Bücher der 49-jährigen Zeichnerin erschienen sind, „Manno!“ veröffentlichen.

Beeindruckend: ein Comic-Konzert

Anke Kuhl versprach in ihrer Dankesrede „einen Comicband zu entwickeln, der das kindliche Erleben authentisch abbildet“. Zu diesem kindlichen Erleben gehören Beziehungen und Bündnisse unterschiedlichster Art – mal mit der Schwester, mal mit den Eltern, mal mit den Hasen, die sich, anders als geplant, rasend schnell vermehren und das Familienleben durcheinanderwirbeln. „Wichtig ist mir die Gleichzeitigkeit des Erlebens ganz unterschiedlicher Gefühle – für mich ein wesentliches Merkmal der kindlichen Weltwahrnehmung“, sagte Anke Kuhl, die selbst zweifache Mutter ist.

Werkstatt und Schaufenster: Der Comicbuchpreis führt auch die Vielfalt des Genres vor Augen. Dafür stehen die preisgekrönten Arbeiten der übrigen Finalisten Jan Bachmann, Julia Bernhard, Sascha Dreier, Oliver Grajewski, Jakob Hinrichs, Lukas Jüliger, Ansgar Reul, Patrick Spät und Bea Davies sowie Gregor Gog und Franz Suess. Bemerkenswert auch die Tiefe mancher Arbeiten. Der aus Israel stammende Komponist und Pianist Itay Dvori verstärkt dies mit Musik. Er hat das Format des Comickonzerts entwickelt und setzte Arbeiten von Shaun Tan, Barbara Yelin und Asaf Hanuka eindrucksvoll in Szene: Comics für fast alle Sinne.