Mit einer Zahnbürste rückt Marcello Casula diesem Sneaker zu Leibe. Foto: Gottfried Stoppel

Marcello Casula aus Allmersbach hat die Firma „Cleanmysneaker“ gegründet – er macht schmutzige Schuhe wieder schön. Und hat mit dem Nebenjob im Keller seines Reihenhauses offenbar eine große Nachfrage geweckt.

Allmersbach - Ein Faible für saubere Schuhe hat Marcello Casula schon von klein auf gehabt. „Ich weiß nicht warum, aber meine Sneaker hab ich schon immer picobello gehalten“, sagt der 35-Jährige mit italienischen Wurzeln, der mit seiner Familie in Allmersbach im Tal lebt, wo er auch aufgewachsen ist. „Meine Frau hat mich schon mal gefragt, wer hier eigentlich die Frau im Haus ist.“

Seine spezielle Leidenschaft hat Casula vor knapp zwei Jahren zum Nebenjob gemacht. Nach seinem Tagewerk als Büroangestellter in einem Beleuchtungsgeschäft in Ilsfeld geht er in den Keller seines Reihenhauses in Allmersbach und putzt die Schuhe anderer Leute. Cleanmysneaker heißt die Ein-Mann-Firma, die Casula als Nebengewerbe angemeldet hat und die längst deutlich über Gefälligkeitsdienste für Verwandte und Bekannte hinaus geht. Casula sagt, dass die Nachfrage nach Sneakerpflege allgemein immer mehr zunehme. In Großstädten wie Berlin, Köln oder Hamburg sei der Service rund um die Turnschuhe ein boomendes Geschäft. Im Großraum Stuttgart indes hat der Mann aus Allmersbach im Tal wohl noch ein Monopol.

Inspiriert von Cleanerlegende Jason Markk

Die Idee, die persönlichen Erfahrungen beim Reinigen seiner Turnschuhe als Dienstleistung anzubieten, habe er eigentlich schon lange gehabt, sagt Casula, „irgendwie ist aber immer etwas dazwischen gekommen, zuletzt die Geburt meines ersten Sohnes.“ Eine Fernsehreportage über den Sneakercleaner Jason Markk aus Los Angeles – in Fachkreisen eine einschlägige Legende – habe dann letztlich den Ausschlag gegeben, tatsächlich ins Rathaus zu gehen, ein Kleingewerbe anzumelden, eine Internetseite anzulegen und auf Facebook und Instagram ein wenig Werbung für seine Dienste zu machen.

30 bis 40 Paare macht Marcello Casula mittlerweile pro Monat sauber. Alles in Handarbeit, wie er betont: „Waschmaschine kommt bei mir nicht infrage, das macht die Schuhe über kurz oder lang kaputt.“ Stattdessen hat er längst die jeweils passenden Mittel und Bürsten für die verschiedenen Schuharten identifiziert. Für feinere Arbeiten kommen handelsübliche Zahnbürsten zum Einsatz.

Die Kunden haben die Wahl zwischen drei Reinigungsprogrammen zum Preis zwischen 12,90 und 18,90 Euro, bei der Premium-Variante ist neben einer dreifachen Imprägnierung und Desodorierung unter anderem noch eine Entfernung von Gehfalten inbegriffen.

Nach wie vor kommt der Großteil der Kunden mit seinen reinigungsbedürftigen Schuhen noch persönlich in Allmersbach vorbei. Etwa ein Drittel allerdings bucht über das Internet und schickt die zu behandelnde Ware ein. Marcello Casula bittet dann in der Regel vorab um ein Foto, um einschätzen zu können, was an Reinigung machbar ist und was nicht.

Natürlich werde er auch mit „schweren Fällen“ betraut – etwa jenem ehemals weißen Stoffsneaker, der jetzt eine eher matschbraune Farbe angenommen hat. Der Besitzer habe einräumen müssen, dass er bei einer Wanderung eindeutig die falschen Schuhe angezogen habe. „Der wird eine Herausforderung“, sagt der Sneakercleaner und taucht die Zahnbürste in eine milchige Flüssigkeit, „aber das kriegen wir schon wieder hin.“

Nike-Schuhe für 437 500 Dollar

Sneaker sind mittlerweile aber nicht nur Sport- oder Alltagsbekleidung für die Füße, sondern bisweilen auch Status- oder Spekulationsobjekt. Es gibt limitierte Kollektionen, für die so mancher früh aufsteht, um sich in die Schlange potenzieller Käufer einzureihen. Manche Modelle werden in Online-Börsen wie Investments gehandelt. Besonders seltene Treter mit historischem Wert erzielen astronomische Kaufsummen. So zahlte der kanadische Sammler Miles Nadal bei einer Versteigerung des britischen Auktionshauses Sotheby’s für einen schrumpeligen Schuh der Marke Nike unlängst die rekordverdächtige Summe von 437 500 Dollar. Von dem „Moon Shoe“ aus dem Jahr 1972 wurden laut Sotheby’s nur zwölf Paare produziert und von Nike-Mitbegründer Bill Bowerman im Vorfeld der Olympischen Winterspiele persönlich entworfen.

Ein solches Exemplar würde vermutlich eher einem Restaurator denn einem Sneakercleaner anvertraut. Aber Marcello Casula hat auch schon ein Paar in seinem Keller gehabt, bei dem ihm die Knie ein wenig weich wurden: Eine Recherche im Internet hatte ergeben, dass die Sneaker mit 3800 Euro gehandelt wurden.

Das freilich sei eine Ausnahme gewesen, sagt Casula. Nicht selten frage er sich durchaus, ob eine Neuanschaffung nicht sinnvoller wäre. Aber Gründe, auch ausgelatschte Schuhe aufzupeppen, gebe es viele: „Für die einen waren die Schuhe mal ein sehr persönliches Geschenk, andere hängen an einem Modell, das es nicht mehr zu kaufen gibt. Für wieder andere sind die Schuhe perfekt bequem eingelaufen, manche wollen ihrem Lieblingsschuh einfach mal etwas Gutes tun“, sagt Casula. Wer ihn beauftragt, muss zurzeit drei bis fünf Tage ohne die Schuhe auskommen. Das liege zum einen daran, dass er sich für jedes Paar so lange Zeit nehme, bis es seinen eigenen hohen Perfektionsansprüchen genüge. Zum anderen könne er frühestens dann ans Werk gehen, wenn die Kinder im Bett sind. Und wenn er das Hobby zum Hauptberuf macht? Das kann sich Marcello Casula zurzeit nicht vorstellen: „Ich habe einen Job, mit dem ich sehr zufrieden bin.“

Ein Anthony Modeste fehlt ihm noch

Ein Kölner Kollege, mit dem sich der Allmersbacher schon informell ausgetauscht hat, hat diesen Schritt gewagt. Doch dieser Sebastian Homburg alias Dr. Sneaker könne auch eine zum Teil recht werbewirksame Kundschaft aufweisen: So ließen zum Beispiel 1.-FC-Köln Fußballstar Anthony Modeste oder der Rapper Mo-Torres ihre Sneaker bei ihm auf Vordermann bringen. So jemand fehlt Marcello Casula noch. Aber wer weiß, „vielleicht hat ja mal jemand vom VfB Stuttgart Interesse“.