Christoph Maria Herbst als Bernd Stromberg. Foto: Verleih

Für einen Kinofilm schlüpft Christoph Maria Herbst wieder in die Haut des wort­gewaltigen Büro-Widerlings Bernd Stromberg. Finanziert wurde „Stromberg – Der Film“ von Fans, die ihr privates Geld in das Projekt investierten. Christoph Maria Herbst hofft auf viele Zuschauer.

Für einen Kinofilm schlüpft Christoph Maria Herbst wieder in die Haut des wortgewaltigen Büro-Widerlings Bernd Stromberg. Finanziert wurde „Stromberg – Der Film“ von Fans, die ihr privates Geld in das Projekt investierten. Christoph Maria Herbst hofft auf viele Zuschauer.
Herr Herbst, Bernd Stromberg präsentiert sich in seinem Kinodebüt sogar politisch.
„Stromberg“ war immer schon politisch. Natürlich nicht parteipolitisch, aber in seinen Auswirkungen gesellschaftspolitisch. Der Zuschauer erfährt – wenn auch überspitzt – eine Menge über menschliches Miteinander und darüber, wie Menschen in Hierarchien funktionieren. Im Kinofilm haben wir das noch einmal eine Ecke weiter getrieben, das gefällt mir.
Waren Sie besorgt, ob der Kinofilm auch für Leute funktionieren würde, die die Serie nicht kennen?
Ich bin in meiner Hybris davon ausgegangen, dass jeder die Serie kennt. Ich fände es aber besonders toll, wenn der Film auch als „Einzelstück“ funktioniert. Ich glaube aber, dass diejenigen, die die fünf Staffeln kennen, noch mehr Spaß haben werden. Sie wissen, warum eine Figur so redet, wie sie gerade redet. Wir haben diesen Film schon sehr „fangetrieben“ gemacht.
Er ist ja auch von Fans mitfinanziert.
Das Stichwort heißt Crowdfounding. Ich glaube, die Episoden haben im Schnitt 1,5 Millionen Leute angeschaut. Wenn die alle ins Kino gehen, kommen wir aus dem Feiern nicht mehr raus. Der „Break Even Point“ wäre schon bei ungefähr einer Million Besuchern erreicht, danach bekäme jeder der etwa 3400 Aktionäre sogar seine Kohle mit einer Rendite zurück. Das erlebt man ja heutzutage nicht mal mehr bei einer Bank.
Glauben Sie, dass Sie immer von den richtigen Leuten gemocht werden?
Nö. Ich weiß aber auch nicht, ob „Er ist wieder da“ von Timur Vermes immer nur von den richtigen Leuten gelesen wird oder mein Hörbuch dazu nur von den richtigen gehört. Das kann man nicht wissen. In den Mails, die ich aus der Versicherungswirtschaft bekommen habe, standen Dinge wie: „Sie glauben, Sie machen eine Comedy-Serie? Dann kommen Sie mal zu uns!“ Da tun sich wirklich Abgründe auf. Ich dachte ja immer, wir übertreiben. Aber in manchen Fällen scheint die Realität noch schonungsloser zu sein. Ich habe auch Zuschriften von Chefs bekommen, die bestimmte Verhaltensweisen an sich wiedererkannt haben und versprachen, sich zu ändern. Da kriegst du auf deine alten Tage noch so ein Sendungsbewusstsein.
Im Film fällt der Satz: „Nicht authentisch, aber ehrlich“. Gilt das auch beim „Stromberg“-Film?
Ich glaube schon, dass wir die Authentizität zumindest schrammen. Und für viele spricht Stromberg das aus, was sie wirklich denken. Das wirkt für sie wie ein Ventil bei einem Schnellkochtopf. Es sind ehrliche Sätze. Man darf sie aber nicht sagen, weil man sofort Chauvinist oder Fremdenhasser ist. Stromberg sagt es dann einfach und lacht die Sachen auch gleich wieder so weg. Ich glaube, Stromberg wird von vielen „gehassliebt“. Wir verschrecken aber auch viele.
Haben Sie Sahnestücke aus den Seriendrehbüchern aufgespart, um sie für den Film zu verwenden?
Das ist total nett, dass Sie das so sagen. Das reiche ich gleich mal an Ralf Husmann weiter, der sich Gott sei Dank nicht in diesem Raum befindet. Deshalb kann ich offen über ihn sprechen. Der Mann ist so genial, wie er natürlich auch krank in der Birne ist. Der kann einfach was. Wir können alle was. Ich setze mich jetzt nicht hier hin und kokettiere. Ich spiele den Stromberg gut, und Bjarne Mädel spielt den Ernie zum Küssen. Alle machen ihren Job fantastisch, keiner fällt irgendwie heraus. So etwas Homogenes habe ich selten erlebt. Beim Buch fängt alles an. Natürlich liegen diese Dinge nicht seit anderthalb Jahren in der Schublade, viele Themen im Film sind viel zu aktuell. Husmann kann nur unter Druck arbeiten. Er hat abgewartet, bis die ganze Finanzierung stand, bevor er sich hingesetzt hat, um zu schreiben.
Wann haben Sie Ralf Husmann zum ersten Mal getroffen?
Nach dem Ende von „Ladykracher“ stellte er mir ein Büro-Comedy-Format namens „Stromberg“ vor. Ich fand es nicht so toll, zumal einige Büro-Comedys gefloppt sind. Er wollte mich als Stromberg, aber ich wollte nicht in die erste Reihe. In der zweiten Reihe bei „Ladykracher“ war es echt gemütlich. Er hat andere Strombergs gecastet, aber da fand er seine Texte plötzlich nicht mehr lustig. Ich habe dann einem Casting zugestimmt, damit ich ein Gefühl für diese Texte bekomme und auch dafür, was es bedeutet, sich als Schauspieler der Kamera bewusst zu sein und mit ihr zu flirten. Man muss sich ja vorstellen, dass ein Reporter danebensteht, der einem Fragen stellt. Das fühlte sich ganz lustig an. Also habe ich es gemacht.
Kommt Ihnen Stromberg manchmal zu nahe?
Ich kann ihn ganz gut dort lassen, wo er hingehört. Letztendlich ist es eine Rolle wie jede andere, wenn auch eine sehr markante. In meinem Privatleben hat sie keine Präsenz. Ich ertappe mich auch nie dabei, wie ich im Kaufhof an der Kasse irgendjemanden mit so einem Stromberg-Spruch abwatsche. Im Alltag bin ich weder Alpha-Tier noch jemand, der sich ständig in den Vordergrund spielt oder sich stundenlang im Schaufenster spiegelt. Ich glaube, dass mir diese Rolle auch deshalb gelingt, weil sie so weit weg ist von mir. Es gibt nichts Schwierigeres, als sich selbst zu spielen. Erstens ist es kolossal langweilig. Wie soll es dann andere kurzweilen? Außerdem machen das in den Soaps schon ganz viele. Dort werden viele nach Typ besetzt und spielen quasi sich.
Kam ein Gefühl der Wehmut auf, als die alte Crew sich wieder versammelte?
Ja. Wir haben am letzten Drehtag geweint wie die Schlosshunde. Wenn wir eine neue Staffel oder jetzt den Kinofilm gedreht haben, fühlte es sich immer so an, als hätte man sich nie aus den Augen verloren. Man muss nicht lange proben, oft reicht ein Augenaufschlag, und man weiß, was der andere jetzt will. Seit der ersten Stunde hatten wir fast dasselbe Team vor und hinter der Kamera, das erzählt ja auch eine Menge.
Ist es nach einer so schönen Erfahrung nicht schwierig, wieder ein neues Projekt zu finden, das einen begeistert?
Ja. Man ist von Ralf Husmann echt versaut. Wenn mir seine Drehbücher zugeflattert sind, habe ich mir eine Badewanne eingelassen, ein Fläschchen Rioja aufgemacht, mich zurückgelehnt und genossen. Bei jedem anderen Drehbuch setzt du dich mit gespitztem Bleistift hin und machst ganz viele Fragezeichen an den Rand: „So spricht keiner. Das verstehe ich nicht.“ Es war schon ein ganz besonderes Geschenk.
Sie ernähren sich seit einiger Zeit vegan. Darf man fragen, warum?
Ja. Es ist gesünder, es rettet den Planeten, und ich finde Massentierhaltung scheiße. All diese Gründe würden einem sofort einfallen, wenn man sich damit beschäftigt. Aber ich ziehe es jetzt einfach mal durch. Es fühlt sich gut an. Ich vermisse nichts, ich missioniere aber auch nicht herum.