Alberto Segovia zeigt ein Bild seines verschütteten Bruders Juan Segovia. Foto: dpa

Wir klären die wichtigsten Fragen zur Rettungsaktion der chilenischen Bergmänner.

San José - Esperanza (Hoffnung) heißt das Lager bei der Mine San José, in dem seit Wochen die Angehörigen der verunglückten Bergmänner ausharren. Und die Hoffnung hat sie nicht getrogen: Schon am Mittwoch können sie wohl ihre Liebsten wieder in die Arme schließen.

In der chilenischen Wüste bricht am Samstag bei San José Jubel aus, als der Bohrer das Gestein zu den 33 Männern durchbricht. Für die Bergleute endet bald ein Drama in der Tiefe, das am 5. August begonnen hat. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den kommenden Tagen:

Was wird zurzeit gemacht?

Rettungskräfte verstärkten am Sonntag die ersten 100 Meter eines kurz zuvor fertiggestellten Bergungsschachts mit Metallstreben. Nach Schätzungen von Bergbauminister Laurence Golborne wird es drei bis zehn Tage dauern, die 33 Arbeiter einen nach dem anderen mit Hilfe einer Spezial-Kapsel aus 624 Meter Tiefe nach oben zu hieven. Zunächst werden Rettungskräfte in einer von der chilenischen Marine entwickelten Kapsel über den Bergungsschacht zu den Eingeschlossenen heruntergelassen, darunter ein Ingenieur und ein Sanitäter. Anschließend werden die Verschütteten über den weiteren Ablauf ihrer Rettung informiert und letzte medizinische Untersuchungen durchgeführt.

Sind die Bergleute überhaupt gesund genug, um die Bergung gut zu überstehen?

Laut dem chilenischen Bergbauminister Laurence Goborne geht es ihnen sehr gut. Die Bergleute haben sich unter Aufsicht der US-Weltraumbehörde Nasa mit einem speziellen Ernährungs- und Sportprogramm auf den Aufstieg vorbereitet. Gesundheitsminister Jaime Manalich betonte jedoch, zehn der Arbeiter seien geschwächter als die anderen.

Wie kommen die Bergleute nach oben?

In der Rettungskapsel. Diese ist rund 2,50 Meter hoch und wiegt knapp eine halbe Tonne. Sie ist unter anderem mit Sauerstoff und Funk ausgestattet. Die Männer werden während des Hochziehens, das bis zu zwei Stunden dauern kann, zudem über eine in der Kapsel angebrachte Kamera überwacht.

"Sie haben dem Tod ins Auge geschaut"

Wer kommt zuerst ans Tageslicht?

Es wurden drei Gruppen gebildet. Zuerst sind die Kumpel an der Reihe, die für die Auffahrt am besten geeignet sind. Dazu zählen etwa vier bis sechs Personen. Sie haben kein Übergewicht und werden als besonnen und ruhig genug eingeschätzt, um sich bei etwaigen Komplikationen richtig zu verhalten. Der zweiten Gruppe gehören Männer an, die gesundheitliche Probleme wie Diabetes oder Atemschwierigkeiten haben oder größer und schwerer als die anderen sind. Die Stärksten kommen zuletzt - sie sollen ihren Kollegen bis zum Schluss beim Aufstieg helfen.

Was passiert nach der Rettung?

Die Kumpel müssen sich über Tage auf einen enormen Medienrummel gefasst machen. Sie wurden bereits psychologisch darauf vorbereitet. Vermutlich werden sie zunächst so weit wie möglich von der Presse abgeschirmt. Sie treffen erst einen Familienangehörigen und später dann insgesamt drei. Die Minenarbeiter tragen rund 400 US-Dollar teure Spezialsonnenbrillen, um sich nach zwei Monaten Dunkelheit gegen das grelle Tageslicht zu schützen. Nach einem medizinischen Check auf dem Minengelände werden sie mit dem Hubschrauber ins Hospital der Stadt Copiapí geflogen.

Werden die Männer den Medienrummel überhaupt verkraften?

"Sie haben dem Tod ins Auge geschaut und werden am Tag der Rettung so etwas wie eine Wiedergeburt erleben", sagt der Chefpsychologe des Rettungsteams, Alberto Iturra. "Sie sind dem Tode von der Schippe gesprungen. Was sollten sie jetzt noch befürchten, wovor Angst haben?" Die Männer seien psychisch und körperlich sehr belastbar und besäßen vor allem eine große Selbstdisziplin.

Wie konnten die Kumpel die lange Zeit unter der Erde psychisch bisher überstehen?

Der Schlüssel zum Erfolg bei der Stabilisierung der anfangs deprimierten Kumpel sei es gewesen, die psychologische Notbetreuung in eine Art Beschäftigungstherapie umzuwandeln, sagt der Psychologe Alberto Iturra. "Für sie war es von da an einfach eine extrem lange Schicht." Wichtig war dabei die Einführung und Befolgung einer Tagesroutine, die sich in Zeiten des Schlafens, der Arbeit und von Freizeit unterteilte. Es habe aber auch viele schwierige Augenblicke während der monatelangen Betreuung unter Tage gegeben. Die Sehnsucht nach ihren Kindern, Eltern und Frauen sowie komplizierte Liebesverhältnisse hätten den Eingeschlossenen sehr zugesetzt.

Hat es so eine lange Gefangenschaft unter Tage schon zuvor gegeben?

Nein, die Kumpel haben einen unfreiwilligen Weltrekord aufgestellt. Bei keinem anderen Grubenunglück mussten die Verschütteten länger ausharren. Die 1963 nach dem Unglück in einer Eisenerzgrube im niedersächsischen Lengede geborgenen elf Bergleute warteten 14 Tage auf ihre Rettung.