Wollen den FC Bayern das Fürchten lehren: Neymar (links) und Kylian Mbappé. Foto: dpa/David Ramos

Vor dem Finale in der Champions League gegen Paris St.-Germain an diesem Sonntag haben Freunde des FC Bayern München eine große Sorge: Reicht die defensive Qualität gegen den Turbo-Sturm mit Neymar, Kylian Mbappé und Angel di Maria?

Stuttgart/Lissabon - Der Mann, der früher nach eigenen Angaben meist „weiter“ oder wahlweise auch „immer weiter“ machte, gab einen Tag nach dem 3:0 des FC Bayern im Halbfinale gegen Olympique Lyon und drei Tage vor dem großen Finale in der Champions League gegen Paris St. Germain die Münchner Richtung vor.

Oliver Kahn, früherer Erfolgskeeper und baldiger Vorstandschef des FC Bayern, blickte in einer Medienrunde nach vorne, aufs Endspiel an diesem Sonntag in Lissabon (21 Uhr/live im ZDF) – und hob mahnend seinen Immer-Weiter-Zeigefinger: „Wir haben es im Finale mit zwei absoluten Superstars und Weltklassespielern zu tun“, sagte Kahn also und ergänzte: „Wenn wir da den Ball verlieren, geht die Post ab“. Die individuelle Qualität der beiden Pariser Angreifer sei „enorm“, sagte Kahn noch, denn: „Wenn die eine Chance haben, dann knallt es meistens.“

Pariser Turbo-Sturm

Die Namen der beiden Weltklassespieler musste das Münchner Vorstandsmitglied nicht nennen, es war allen Zuhörern klar, wen er da meinte. Die PSG-Superstars Neymar und Kylian Mbappé werden die Bayern-Abwehr im Finale womöglich vor große Herausforderungen stellen. Und weil mit dem Argentinier Angel di Maria ein weiterer schneller und dribbelstarker Offensivmann aufläuft, werden diese Herausforderungen, nun ja, vielleicht sogar riesig.

Oliver Kahn jedenfalls hatte bei seiner Vorschau auf Paris auch die Rückschau auf Lyon im Auge – denn nach den Eindrücken aus dem Halbfinale wurde schnell klar, dass sich die Defensivarbeit der Bayern im Finale verbessern muss. Das eindeutige Ergebnis gegen Lyon täuschte etwas darüber hinweg, dass die Münchner in der Abwehr einige Male arg wackelten. „Die erste Phase des Spiels haben wir mit Glück überstanden“, sagte Trainer Hansi Flick, der zudem viele „leichtfertige Ballverluste“ sah. Auch „die Räume hinter der Abwehr“ habe seine Mannschaft „nicht so gut verteidigt“.

Warnschuss zur rechten Zeit?

Flick würde es wohl nie sagen – aber womöglich war er nach dem noch immer unfassbaren 8:2 gegen den FC Barcelona im Viertelfinale insgeheim sogar froh darüber, dass es nun nach dem weniger glanzvollen Auftritt im Halbfinale ein paar Dinge gibt, an denen er mit Blick aufs Finale mit seinem Team arbeiten kann, die sich verbessern lassen. Wenn die Bayern nun ähnlich über Lyon hinweggefegt wären – Flick hätte womöglich so seine liebe Mühe gehabt, die letzte Spannung innerhalb der Mannschaft hochzuhalten.

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Das ist jetzt anders, es gibt etwas zu korrigieren für den Coach. Dass sich die Bayern solche Aussetzer aus dem Halbfinale gegen Neymar, Mbappé oder Di Maria eher weniger leisten sollten, ist allen Beteiligten bewusst. „Wir wissen, dass Paris sehr schnelle Spieler hat“, sagte Trainer Hansi Flick, der seine Defensive im Finale nun „etwas anders organisieren“ will. Wie das gehen soll, das erklärte am Donnerstag Oliver Kahn. Gegen Neymar, Mbappé und Di Maria gehe es „nicht darum, in Manndeckungsfantasien zu verfallen“, sagte er: „Man muss die Zuspiele unterbinden.“

Bayern-Stärke: Gegner unter Druck setzen

Allerdings, na klar, wollen die Bayern auch nicht in Ehrfurcht vor der Offensivkraft von PSG erstarren und im Angriff selbst die entscheidenden Duftmarken setzen. Immerhin hat das Flick-Team in den zehn Champions-League-Spielen in dieser Saison schon 42 Treffer erzielt. „Unsere große Stärke ist es, den Gegner unter Druck zu setzen. Das wird uns auch gegen Paris gelingen“, sagte Flick selbstbewusst, und Oliver Kahn ergänzte: „Es ist nicht so, dass nur Paris Mbappé und Neymar hat. Wir haben Robert Lewandowski, wir haben Serge Gnabry, und wir haben Manuel Neuer. im Tor“ Der angesprochene Offensivmann Serge Gnabry führte die Bayern gegen Olympique Lyon als Doppeltorschütze ins Finale. Den Sololauf vor dem 1:0 von rechts mit Linksschuss in den Winkel nannte Kahn „Weltklasse“. Es war für ihn das Tor des Jahres in der Königsklasse.

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Der allgemeine Schlüssel für den Erfolg des FC Bayern war aber auch gegen Lyon wieder einmal das hohe Anlaufen. Das frühe Pressing führte zu Ballgewinnen, die wiederum zu Toren führten. Allerdings birgt diese Taktik ein Risiko, weil Bayern mit der Abwehr weit aufrücken muss, um dieses Pressing nach Plan auszuführen. Die Chancen von Lyon gab es immer nach Pässen hinter die hoch stehende Viererkette.

Es ist eine mögliche Münchner Schwachstelle, die prädestiniert zu sein scheint für die schnelle Pariser Offensivreihe. Thomas Tuchel, PSG-Trainer und detailversessener Taktiknerd, dürfte jedenfalls ein paar Notizblöcke vollgeschrieben haben, als er seinen Finalgegner im Halbfinale vor dem Fernseher beobachtete.