Der Inhaber der Cateringfirma Frische-Blizz Axel von Rolbeck (links) und der Chefkoch Dennis Hackelberg wollen übrig gebliebene Speisen spenden. Foto: Caroline Holowiecki

Der Caterer Frische-Blizz aus Stuttgart-Möhringen will überschüssige Speisen nicht wegschmeißen müssen. Aber die Reste Bedürftigen zukommen zu lassen, ist gar nicht so einfach. Das hat skurrile Folgen.

Möhringen - Montag Hühnerfrikassee oder Nudelauflauf, Dienstag Würstchengulasch oder Knödel mit Gemüse, Mittwoch zweierlei Suppen, und das im großen Stil: 60 Kitas und Schulen in und um Stuttgart beliefert der Caterer Frische-Blizz mit Sitz in Möhringen. 3800 Essen verlassen die Küche täglich. Eine gewaltige Menge, dennoch sagt Axel von Rolbeck, der Inhaber: „Wir sind der kleinste Anbieter in Stuttgart.“ Der Kleine muss trotzdem groß denken. Dennis Hackelberg, der Chefkoch, plant mit 4000 Essen. Die Reserve müsse sein, falls ein Fahrer einen Unfall habe oder jemandem eine Box aus der Hand rutsche. Gut für den Betrieb: Schief geht selten etwas. Der Nachteil jedoch ist, dass im Zweifelsfall bis zu 200 Portionen übrig bleiben. Und dann eigentlich im Müll landen.

Axel von Rolbecks Firma besteht im elften Jahr. Fast genauso lang überlegt er sich, was er mit den vielen Maultaschen, Lasagnestücken oder Schnitzeln machen kann, die übrig bleiben. Doch er hat festgestellt: Verschenken ist gar nicht so einfach. Seinen Mitarbeitern dürfe er die Gerichte nicht mitgeben, Stichwort geldwerter Vorteil. Bei der Tafel habe er angefragt, die nehme aber nur Unverarbeitetes an, habe es geheißen. Über eine Abhol-App habe er es probiert, aber die habe im Umkreis kaum Zulauf. Irgendwann hat er daher spezielle Tonnen einer Firma aufgestellt, die derartige Abfälle zur Biogasgewinnung verwendet. „Da blutet mir das Herz“, sagt der Chefkoch.

Die Foodsharer verzehren das Mittagessen selbst

Seit etwa zwei Jahren kooperiert die Firma Frische-Blizz nun aber mit der Initiative Foodsharing. Lebensmittelretter holen überschüssiges Essen eimerweise ab. „Die rufen zwischen 10 und 11 Uhr an und fragen, wie es aussieht“, erklärt Dennis Hackelberg. Was dann mit dem passiert, was er und sein Team zuvor gekocht, gebraten und gedünstet haben? Die Foodsaver verzehrten die Speisen selbst, auch Studenten seien darunter, habe er sich sage lassen. Weitergeben an wohltätige Organisationen: schwierig. Tatsächlich gehört Gekochtes in den Foodsharing-Statuten zu den kritischen Waren. „Nicht gestattet ist das Anbieten und Teilen hygienisch riskanter Lebensmittel“, wird dort gemahnt. Dazu gehören demnach auch „zubereitete Lebensmittel, die Fleisch oder Fisch enthalten, es sei denn, es kann durch Lieferscheine sichergestellt werden, dass die Kühlkette lückenlos war“. Annette Jickeli aus Riedenberg, eine Lebensmittelretterin, die in Möhringen Speisen abholt, betont, „dass wir bei Foodsharing generell einen Leitfaden bezüglich Hygiene und Lebensmittelsicherheit beachten, welcher gemeinsam mit Lebensmittelkontrolleuren ausgearbeitet wurde“. Jeder, der sich bei Foodsharing engagiere, müsse zudem eine Haftungserklärung hinterlegen, dass er die volle Verantwortung für den Verzehr oder die Weitergabe von Waren trage.

Auch anderswo sind die Vorschriften streng. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erklärt in einem Infotext die Mitarbeiterin eines Caritasverbandes, warum sie nach den geltenden Hygienevorschriften keine zubereiteten und angebrochenen Lebensmittel annehmen darf: „Wenn einer unserer Kunden durch eines der Lebensmittel, das wir ausgeben, erkrankt, hätten wir ein Problem. In dem Fall wären wir dafür verantwortlich. Wir müssen also garantieren können, dass der Verzehr unbedenklich ist.“

In Frankreich müssen unverkaufte Lebensmittel gespendet werden

Für Axel von Rolbeck ist das ein Kompromiss. Immerhin zwei Drittel weniger voll seien seine Mülltonnen seit der Kooperation. „Mir wäre es lieber, wenn das Essen an Bedürftige ginge“, sagt er, er weiß aber auch, dass die Hygienevorschriften scharf sind. „Worauf Sie in der Gastronomie alles achten müssen“, sagt er und winkt mit den Händen ab. Er würde sich mehr Möglichkeiten in Sachen Nachhaltigkeit wünschen, wie er sagt. In Frankreich müssen große Supermärkte per Gesetz unverkaufte Lebensmittel spenden. Axel von Rolbeck findet das gut. „Das wäre hier auch nötig.“