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Der Künzelsauer Unternehmer Reinhold Würth widmet seiner Frau Carmen zum 80. Geburtstag ein großes Konzerthaus, das ihren Namen trägt.

Künzelsau - Der Kontrast ist augenfällig: Zur Rechten der B 19 in Gaisbach bei Künzelsau (Hohenlohekreis) erheben sich die mächtigen Vertriebs- und Verwaltungsgebäude der Firma Adolf Würth. Dort wird das Geld verdient, signalisiert die Würth-City, das auf der anderen Seite der Straße investiert wird. Zur Linken duckt sich nämlich vor einem kleinen Hügel neuerdings ein Gebäude, das, aus der Ferne betrachtet, recht schlicht daherkommt: das Kultur- und Kongresszentrum Carmen-Würth-Forum. Der Firmengründer Reinhold Würth (82) widmet das Bauwerk seiner Frau Carmen zum 80. Geburtstag, eröffnet wird es am 18. Juli.

Enorme Dimensionen

Die Schlichtheit täuscht, einige Kennzahlen machen die Dimension deutlich: gut 58 Millionen Euro Baukosten, eine Bauzeit von Dezember 2015 bis Juli 2017, 170 000 Quadratmeter Gesamtfläche, ein Open-Air-Gelände für 2000 bis 10 000 Personen, eine Veranstaltungshalle mit 6200 Quadratmetern Fläche und 2500 Sitzplätzen sowie ein Kammermusiksaal mit 1750 Quadratmetern und 580 Sitzplätzen, dazu ein Foyer mit 610 Quadratmetern und eine Galerie mit 1400 Quadratmetern. Entworfen hat das Forum der Architekt Alexander Schwarz aus dem Büro David Chipperfield Architekten Berlin. Schwarz plante bereits das Museum Folkwang in Essen, das Neue Museum in Berlin und das Literaturmuseum der Moderne in Marbach.

Durch einen dezent mit einigen großformatigen Werken –unter anderem von Jaume Plensa, Tony Cragg und Niki de Saint Phalle – bestückten Skulpturengarten gelangen Besucher auf einen von zwei Stützwänden aus Beton gefassten Vorplatz. Er wird als Forum für Open-Air-Konzerte mitCro (22. Juli) und Sting (23. Juli) dienen. Von hier öffnet sich ein beeindruckender Weitblick in die Hohenloher Landschaft bis weit über Waldenburg hinaus. Der Haupteingang führt in das Foyer, an das sich die große Veranstaltungshalle anschließt; darüber erhebt sich eine allseitig verglaste Galerieebene. Nirgendwo ist das Würth-Wappen zu sehen, einzig mit einem in kräftigem Firmen-Rot gehaltenen Bodenbelag hat der (sonst nicht eben für zurückhaltendes Auftreten bekannte) Bauherr seine Marke gesetzt.

Die große Halle überspannt stützenfrei eine Fachwerkkonstruktion aus Stahl, in der sich moderne Technik verbirgt. Sie ist für Kongresse, Messen, Feiern, Kultur- und Sportveranstaltungen vorgesehen und soll auch vermietet werden. Eine über die Längsseite verlaufende Tribüne gewährt von allen Plätzen aus einen guten Blick auf das Geschehen. Rund um die Halle sind Technik-, Küchen- und Lagerräume gruppiert. Im Untergeschoss sind neben der Bühne die Künstler-Garderoben.

Das Schmuckstück ist der Kammermusiksaal

Denn an das Foyer schließt sich das eigentliche, von außen nicht sichtbare Schmuckstück des Carmen-Würth-Forums an: der Kammermusiksaal, der bis zu zehn Meter tief unter der Erde liegt. Der Saal hat eine längliche Rechteckform und senkt sich vom Eingangsniveau anfangs steil und dann flacher werdend zum Podium hinab. Die Wandverkleidung aus französischer Walnuss stelle eine Akustik sicher, die bei Konzerten ohne Verstärkung auskomme, erklärt der Projektleiter Paul Krämer. Ausgefeilt hat den Raumklang Karlheinz Müller von der Planegger Bauberatungsgesellschaft Müller-BBM. Der unauffällig wirkende Mann, der die letzten Justierungen bei der Generalprobe mit den Würth-Philharmonikern leitet, gilt übrigens weltweit als einer der besten Akustik-Experten.

Der Kammermusiksaal sei die Heimat der neu gegründeten Würth-Philharmoniker, sagt Silvia Weber, die Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe: „Hier schlägt die Geburtsstunde des Würth-Orchesters.“ Unter Kent Nagano, dem Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper, treten die Philharmoniker am Freitag, 21. Juli, beim Würth- Klassik-Open-Air erstmals auf; die Karten sind längst vergriffen. Über die Stiftung Würth fest angestellt seien die Stimmführer, bis zu 40 Tutti-Musiker würden jeweils für eine Saison verpflichtet, sagt Weber. Ein fester Chefdirigent ist nicht vorgesehen. Für die erste Spielzeit 2017/18 sind 16 Konzerte geplant. Den Auftakt macht die Uraufführung einer Auftragskomposition der Haller Komponistin Susanne Zargar Swiridoff. „Die Würth- Philharmoniker widmen sich im Aufbauprozess einem breiten Repertoire von Klassik bis Moderne“, heißt es vonseiten des Unternehmens.

Würths Kunstsammlung umfasst mehr als 17 000 Werke

Fertiggestellt ist damit aber nur der erste Bauabschnitt des Carmen-Würth-Forums; der Entwurf sieht eine Erweiterung vor, möglicherweise für ein Museum oder eine Bibliothek. Das liegt nahe, zählt die Kunstsammlung des Hohenloher Mäzens Reinhold Würth nun doch schon mehr als 17 000 Werke.

Nur ein kleiner Teil davon ist in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall, den Ausstellungsflächen in der Firmenzentrale sowie in den vielen Dependancen des Konzerns zu sehen. Und der im Jahr 2003 von der Familie Würth erworbene ehemals Fürstlich Fürstenbergische Bilderschatz sowie eines der berühmtesten und wohl schönsten Gemälde des 16. Jahrhunderts, die Schutzmantelmadonna von Hans Holbein d. J., haben in der Haller Johanniterkirche dauerhaft ihre Heimat gefunden.