Trotz Reiseeinschränkungen boomt der Verkauf von Wohnwagen und – mobilen. Der Grund: Sie ermöglichen flexibles Reisen. Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Der Handel mit Wohnwagen und Caravans boomt. Die Corona-Krise wirkt sich positiv auf das Geschäft mit den Reisemobilen aus. Ein Beispiel aus Steinenbronn.

Steinenbronn - Der Wetterbericht der vergangenen Tage zeichnete im Großen und Ganzen ein einheitliches Bild: Sommer, Sonne, Sonnenschein. Vielen Sommerurlaubern machte die Corona-Pandemie jedoch einen Strich durch die Rechnung. Längere Zeit sah es so aus, als würde die Urlaubssaison ins Wasser fallen. Und auch jetzt, da die Reisewarnungen zumindest innerhalb der EU größtenteils aufgehoben worden sind, müssen die Urlauber je nach Entwicklung von Fallzahlen mit Einschränkungen rechnen.

Um in den Sommermonaten trotzdem in den Urlaub fahren zu können, entscheiden sich viele, anders zu verreisen als bisher. Eine Branche, die hiervon profitiert, ist der Caravan-Handel: Wohnmobile und Wohnwagen stehen bei den Menschen hoch im Kurs – trotz oder gerade wegen Corona. Im ersten Halbjahr von 2020 wurden im Vergleich zum gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr 3,7 Prozent mehr Freizeitfahrzeuge zugelassen, nämlich mehr als 54 000 Stück, so der Caravaning-Industrie-Verband.

Kay Deckstein bestätigt diese Entwicklung. Er ist beim Caravaning-Center Schmidtmeier in Steinenbronn zuständig für das Marketing und den Verkauf von High-class-Fahrzeugen. „Es ist im Moment die sicherste Art, Urlaub zu machen“, sagt er. Man müsse nicht in einen überfüllten Flieger steigen oder nicht mit anderen Hotelgäste frühstücken.

Man muss sich nicht auf ein Ziel festlegen

Deckstein beobachtet vor allem, dass sich mehr Quereinsteiger für einen Urlaub auf Achse entscheiden und führt das auf die herrschende Angst und Unsicherheit zurück: „Mit Wohnmobil und Wohnwagen ist Flexibilität gegeben, falls die Fallzahlen steigen.“ Konkret heißt das, dass die Reisenden sich nicht schon im Vorhinein auf ein Ziel festlegen müssen, wie das bei einer Pauschalreise oder dem Hotelurlaub der Fall ist. Stattdessen können sie spontan entscheiden, wohin die Reise führt und dabei die Entwicklung der Corona-Zahlen miteinbeziehen, um mögliche Risikogebiete zu meiden: „Wenn Österreich gesperrt ist, fahre ich eben an die Mecklenburgische Seenplatte.“

Doch wer sich in Sicherheit vor überfüllten Stränden und Campingplätzen wähnt, weil er das Ausland und Hotels meidet, der hat sich geschnitten. An der Ostsee mussten beispielsweise Strandzugänge wegen eines zu hohen Andrangs gesperrt werden. „Wenn ich an die Ostsee fahre, brauche ich mich nicht wundern, wenn Campingplätze und Restaurants voll sind. Alles, was mit Wasser zu tun hat, ist überlaufen“, sagt Deckstein. Sein Tipp: einen Campingplatz wählen, der etwas außerhalb liegt.

Der Urlaub auf dem Campingplatz ist nicht nur etwas für Rentner

Doch der Trend zur Urlaubsform mit einem Caravan zeichnet sich nicht erst seit der Corona-Pandemie ab. Die Krise scheint eher ein Treiber der Entwicklung zu sein. Schon seit Jahren steigen die Zahlen der Neuzulassungen von Caravans stetig, wie die Statistiken des Caravaning-Industrie-Verbands zeigen. 14,2 Millionen Deutsche über 18 Jahren können sich einer Studie der GfK zufolge vorstellen, innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Reisemobil oder einem Wohnwagen zu verreisen. Und der Urlaub auf dem Campingplatz spricht nicht nur Rentner an: Auch jüngere Erwachsene fühlen sich dem Caravaning verbunden, zeigt diese Studie. „Die jungen Leute haben mehr das Bedürfnis nach Individualität und Freiheit als früher“, nennt Deckstein als Grund. Eben dieser Wunsch nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit ist auch der meistgenannte Grund für einen Caravaning-Urlaub in der Studie der GfK.

Diese Individualität äußert sich jeden Morgen beim Frühstück, sagt Deckstein: „Wenn ich im Hotel bin, muss ich zuerst ins Bad und mich gesellschaftsfähig machen. Im Wohnmobil muss ich mich nicht an Frühstückszeiten halten. Bei mir wird das Frühstück im Urlaub zelebriert: Man sitzt an der frischen Luft, die Vögel zwitschern, das Panorama ist toll.“

Nicht unbedingt eine günstige Form des Reisens

Ein Urlaub mit dem Wohnmobil oder dem Wohnwagen ist jedoch nicht unbedingt ein Billigurlaub. Last-Minute-Angebote für Pauschalreisen können günstiger sein. So kostet es, einen Kastenwagen mit zwei bis sechs Schlafplätzen in der Hauptsaison zu mieten, 125 Euro pro Tag, zuzüglich einer Servicepauschale.

Auch wenn das Caravaning-Center wegen des Shutdowns sein Geschäft zeitweise schließen musste, verzeichnet Deckstein seit Anfang Juni eine rasant steigende Anzahl an Verkäufen und eine gestiegene Nachfrage. Dazu trage laut Deckstein auch die Senkung der Mehrwertsteuer bei, die einen Kaufanreiz durch einen geringeren Preis verspricht: „Wir sind zuversichtlich, im Verkauf bis Jahresende die Verluste wieder reinzuholen.“