Ilse Sibylle Eichner hat dieses Bild vom Volksfest anno 1954/55 gemalt. Foto: Eichner

Das Cannstatter Volksfest bewegt die Menschen. Natürlich auch unsere Leser. Sie haben gemalt, gedichtet und geschrieben. Eine Auswahl der Zuschriften.

Stuttgart - Die Note steht rechts unten im Eck. Eine 2 + hat Ilse Hofmann, heute Eichner, für ihr Bild vom Cannstatter Volksfest bekommen. Gut 60 Jahre später hat sie das Bild wieder entdeckt und uns eine Kopie geschickt. Dazu schreibt sie: „Im Januar werde ich 75. Wenn ich damals in der 2. Klasse Gymi war, dann muss das Bild 1954/55 entstanden sein. Wie Sie sehen, hat unsere Kunstlehrerin es einfach nicht fertig gebracht, die Note Eins zu vergeben. Klar, die Perspektive ist ein wenig verquer, aber für eine Elfjährige gar nicht so schlecht. Viele, viele Erinnerungen tauchen auf: Kurzschuljahre, kein Fernsehen, kein Handy, ganze Nachmittage nicht zu Hause, manchmal bis der Nachtgrabb kommt. Ein kleines Sümmchen Geld, um sich die Lieblingsfahrgeschäfte zu leisten, wenn einmal im Jahr der Vater mit uns aufs Volksfest ging. Von wegen Taschengeld! Von wegen gar alleine dorthin!“ Das Original hat sie den Enkelkindern geschenkt, mit der Kopie machte sie uns eine Freude. „So hat das damals ausgesehen, das Volksfest, das seinen 200-jährigen Geburtstag feiert.“

Ein Gedicht fürs Volksfest

Rudolf Maier aus Rottweil hat nicht gemalt, sondern gedichtet. Er reimt über einen Besuch in Stuttgart. Ein Auszug:

„Stuttgart liegt im Volksfestrausch

Fürwahr ein guter alter Brauch

Manns- und Weibsleut’ alle wollen

sich auf Cannstatts Wasen tollen

Weshalb aus allen Landesteilen

die Völker in die Hauptstadt eilen

Junge Spritzer, alte Kracher

Erprobte Zecher, auch Krachmacher

Ältere Herren ganz in Weiß

Mit ihren Frauen . . . ja wer weiß?

Alles strebt zum Wasenfest

in das alte Schwabennest

Der Autor selbst hat als ehemaliger Stuttgarter aber ein anderes Ziel:

„Als sich der Schwarm verlaufen hat

Strebt der Schwab zur Innenstadt

Immer noch viel Weiß und Blau

doch der Schwabe weiß genau

Bei den Freunden dort im Stetter

ist es meistens doch viel netter.“

Eine Begegnung der anderen Art

Josef Wamsler hat auf Schwäbisch von einer Begegnung in der Stadtbahn erzählt. „1968 han i en Cannstatt em Kolpinghaus gwohnt, des war schee. Zom Wase ond zom VfB war’s net weit. Mit Schülerausweis han i de Bundesligaspiel für 2 Mark gucke könne.“ Als Parkwächter hat er zeitweise auf dem Wasen geschafft. Und als er am Volksfest-Samstag in eine Straßenbahn eingestiegen ist, saß ihm gegenüber „ein Volksfeschtler mit ere Dos Bier en dr Hand und nackede blutige Füß und hot lautstark mit ere Schaffnere romgstritte. Om dem Kerle aus em Weg zu gange, ben i en de henderste Wage eigstiege. Aber der Denger isch mer nochkomme ond hot mer en ganze Haufe von sich verzählt. Wie die Stadtboh hat bremse müsse, hot er sei restliches Bier über mei Hos gschüttet, was ihm arg leiddoa hot. Er huit gmoint: Jetzt derfsch mr derfür oina an d’Gosch noschlage!“ Das hat er natürlich nicht gemacht, sondern ihn am Krankenhaus Feuerbach abgeliefert, um seine Füße verbinden zu lassen.

Ein Brief vom König

Und dann hat sich der König gemeldet. Wilhelm II. von Württemberg hat es sich nicht nehmen lassen, zur Feder zu greifen. Wolfgang Rupp hat während des Historischen Volksfests den Wilhelm II. dargestellt und aus alten Zeiten erzählt. Er schreibt: „Unglaublich war die Begeisterung und Freude der Besucher des Festes: das Schönste, das es je in Stuttgart gab. Solche Emotionen hätte ich mir nicht vorstellen können.“ Einhellig sei der Wunsch aller Besucher gewesen, das Historische Volksfest zu wiederholen. Aber wie und wo?

Unsere Leser sind fast einhellig der Meinung: Eine neue Auflage dürfe es nur auf dem Schlossplatz geben. So schreibt Dagmar Heckel: „Dieses Historische Volksfest ist etwas fürs Herz, was es sonst recht selten gibt. Aber als ich las, dass das Ganze auf dem Wasen angesiedelt werden soll, erschrak ich! Dort passt es nie und nimmer hin! Genau in die Stadt muss es rein, das hat so gut gepasst! . . . aber nie zu dem Riesen-Rummel auf den Wasen. Das passt überhaupt nicht! Christel und Wolfgang Fezer schrieben, „der Charakter des Festes war fröhlich, entspannt und nicht nur nostalgische Erinnerung, sondern vor allem für die Kinder einfach schön.“ Auf den Wasen würden sie nicht gehen, „wenn nebenan das hektische, überzogene, vor allem dem Konsum geschuldete Volksfest stattfindet.“ Sie hoffen, die „gute Idee mit dem Schlossplatz fällt nicht dem Kommerz (mehr Besucher für nebenan ) zum Opfer“.