Der Ex-VfB-Profi Cacau erklärt, welche Bedeutung der Glaube für ihn hat. Foto: Gottfried Stoppel

Cacau ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Sein Traum von der Karriere drohte zu platzen, als ein Trainer ihn als untalentiert abstempelte. In Waiblingen hat der Ex-VfB-Spieler erzählt, wie er es geschafft hat, trotzdem nicht aufzugeben.

Waiblingen - Die Treppe der Aula in der Waiblinger Ludwig-Schlaich-Akademie war voll besetzt. Alle warteten gespannt auf den ehemaligen Nationalspieler und Ex-VfB-Profikicker Claudemir Jerônimo Barreto, besser bekannt als Cacau. Im Fachbereich Sozialpädagogik habe eine Schülerin vorgeschlagen, den Deutsch-Brasilianer zu einem Gespräch über Integration und Vielfalt einzuladen, berichtete Silke Groß-Kochendörfer, die Schulleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik – und Cacau habe zugesagt.

Das Publikum empfing ihn mit euphorischem Applaus. Der 36-Jährige, einst Idol vieler Nachwuchskicker, freute sich sichtlich über die stürmische Begrüßung und wirkte dennoch etwas verlegen. Als Jugendlicher, sagt er, hätte er niemals vor einer solchen Menschenmenge stehen können: „Ich war schüchtern und hatte keinerlei Selbstvertrauen.“

Sein Bruder führt ihn zum Glauben

In sehr ärmlichen Verhältnissen sei er mit seinen zwei Brüdern in einem Slum nahe der brasilianischen Großstadt Sao Paolo aufgewachsen. Das Nötigste zum Leben hätten sie zwar gehabt, da der Vater aber alkoholabhängig und der Mutter gegenüber gewalttätig gewesen sei, habe er jede freie Minute mit seinen Brüdern auf den Straßen verbracht und gekickt, sagte Cacau: „Dort haben wir uns frei gefühlt und den Alltag einfach vergessen.“

Mit acht Jahren habe er sein erstes Turnier gespielt, denn ihm und seinen Brüdern sei klar gewesen, dass sie nur als Fußballprofis aus diesen Verhältnissen herauskämen. Umso größer sei die Enttäuschung gewesen, als ihn mit sechzehn Jahren sein Trainer aus der Mannschaft warf. „Er sagte, ich sei zu untalentiert.“ Damals sei für ihn eine Welt zusammengebrochen. In dieser Zeit habe er viele Fragen gestellt. Sein Bruder habe ihn schließlich zum Glauben geführt. „Ich habe gelernt, dass Gott gar nicht so weit weg ist, wie ich immer dachte.“ Für ihn habe sich alles verändert. Er habe festgestellt, dass er als Mensch einen Wert habe. „Das Leben ist für mich seit dieser Zeit viel mehr als nur Fußball.“

Cacau: Erst gefeiert, dann übel beschimpft

Gestärkt durch dieses neue Selbstwertgefühl, habe er sich wieder ins Training geworfen und mit seiner ganzen Kraft dem Fußball gewidmet, denn auch wenn der Fußball nicht alles sei, müsse man dennoch hart für seinen Traum kämpfen, um ihn eines Tages Realität werden zu lassen, erklärte Cacau. Mit 18 Jahren habe er dann einen Trainer gehabt, dessen Cousin in München lebte. Über diese Verbindung sei er schließlich nach Deutschland gekommen und habe in München zunächst bei einem türkischen Verein in der fünften Liga gespielt. Nach einer Zwischenstation beim 1. FC Nürnberg, spielte er von 2003 an dann beim VfB Stuttgart.

Mittlerweile fühle er sich in Deutschland zuhause: „Ich habe das Gefühl, dass ich von den Menschen hier adoptiert wurde“, sagte Cacau und erinnerte sich an seine Zeit in der Nationalelf zwischen 2009 und 2012. Sein persönliches Highlight sei aber nach wie vor der Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart 2007 gewesen. Die Fußballfans hätten ihm, dem Kind aus dem brasilianischen Armenviertel, zugejubelt und ihn für seinen Erfolg gefeiert.

Kurze Zeit später sei er dann aber von den selben Fans böse beschimpft worden – dafür, dass er beim Finale des DFB-Pokals wegen einer Tätlichkeit vom Platz gestellt worden war. „In diesem Moment habe ich mich über mich selbst geärgert“, erzählte er, „aber ich wusste, Gott liebt mich, egal, was ich tue.“ Dieses Selbstvertrauen und die Kraft, die ein Mensch aus dem Glauben schöpfen könne, wolle er weitergeben. Und genau deshalb sei er hier.