Windrad auf der Ingersheimer Höhe im Kreis Ludwigsburg. Foto: Peter-Michael Petsch

Landesumweltminister Franz Untersteller wirbt landauf, landab für seine Klimapolitik. In Winnenden stößt er auf Widerstand. Eine Bürgerinitiative wendet sich vehement gegen Windräder auf der Buocher Höhe.

Winnenden - Windräder lassen keinen kalt. Für die Befürworter sind sie unverzichtbarer Bestandteil des Mix aus alternativen Energien. Die Gegner kritisieren sie als uneffizient und laut, als Verschandelung der Landschaft und als Vogel-Schredder. In Winnenden läuft eine 700 Mitglieder zählende Bürgerinitiative gegen Windräder Sturm, welche die Stadt Waiblingen auf der Buocher Höhe betreiben will. Entsprechend gespannt ist am Montagabend die Atmosphäre in der Alten Kelter in Winnenden. Willi Halder (Grüne), Landtagsabgeordneter aus dem Rems-Murr-Kreis, hatte zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Windkraft - ein Motor der Energiewende“ eingeladen. Auf dem Podium: Franz Untersteller, Thomas Kiwitt, Chefplaner des Verbands Region Stuttgart, Karl-Heinz Bayer vom Landratsamt des Rems-Murr-Kreises, Franz Pöter vom Umweltschutzverband BUND, Jürgen Bothner von der Energiegenossenschaft Ingersheim und Willy Fritz von der Bürgerinitiative Naherholungsgebiet Buocher Höhe.

Franz Untersteller skizzierte, wie die grün-rote Landesregierung Klimaschutz und Energieversorgung langfristig verändern will. Bis 2050 soll das Land 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien gewinnen, hauptsächlich aus Sonne und Wind. Damit einher gehe die Verringerung der Treibhausgase um 90 Prozent. Schon bis zum Jahr 2020 sollen 38 Prozent der in allen Anlagen erzeugten Strommenge, einschließlich ihres Eigenverbrauchs, aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Zwölf Prozent soll dabei der Anteil der Solarenergie und zehn Prozent der Anteil der Windenergie betragen. „Wir müssen in dieser Zeit von jetzt ein Prozent Windenergie auf zehn Prozent kommen“, sagt Untersteller.

Gegenwärtig werde deshalb in allen Landesteilen nach Standorten für Windräder gesucht. Selbstverständlich werde man auf den Naturschutz Rücksicht nehmen, dieser werde aber kein K.o.-Kriterium mehr gegen Windenergie sein. Untersteller: „Rheinland-Pfalz liegt in Sachen Windkraft weit vor Baden-Württemberg, und dort ist der Naturschutz ebenfalls nicht unter die Räder gekommen.“ Allerdings sei all dies keine Wohltätigkeitsveranstaltung: „Windkraft muss sich für die Betreiber rechnen.“

Windenergieanteil bis 2020 auf zehn Prozent steigern

Was sagt der Naturschutz zu alldem? „Wir haben uns klar hinter die Landesregierung gestellt. Ihr Ziel, den Windenergieanteil bis 2020 auf zehn Prozent zu steigern, ist realistisch. Es gibt genügend Flächen dafür“, sagt Franz Pöter. Der Rems-Murr-Kreis und der Verband Region Stuttgart zeichneten sich bei der Standortsuche durch hohe Planungskompetenz aus.

Von alldem zeigt sich Willy Fritz nicht überzeugt. Er stellt Windenergie generell in Frage: „Der Minister hat gesagt, Windkraft müsse sich rechnen. Wenn man dies prüft, dann hat sie sich für Baden-Württemberg erledigt.“ Dies gelte für alte Anlagen mit 60 bis 70 Meter Höhe. Interessant, weil wirtschaftlich, seien 120 bis 160 Meter hohe Windräder. Untersteller: „Sie haben allerdings einen Nachteil: Man sieht sie.“

Doch es ist weniger die Optik als der Infraschall-Lärm, der die Bürgerinitiative umtreibt. „In den USA müssen Windkraftwerke 1500 bis 2000 Meter von Ortschaften entfernt sein, in Baden Württemberg sind es 700 Meter“ sagt Willy Fritz. „Nirgendwo sind diese 700 Meter festgeschrieben. Sie sind ein Mindestabstand, der in der Regel nach unseren Erfahrungen ausreicht. Wenn eine Anlage auf jeden Fall die Lärmgrenzwerte überschreitet, darf sie entweder nicht gebaut werden oder sie muss nachts den Betrieb ruhen lassen und rechnet sich deshalb für einen Betreiber erst gar nicht“, sagt der Minister.

In der anschließenden Diskussion zwischen dem Minister und Aktivisten der Bürgerinitiative über Lärm und Abstand platzt einer jungen Frau der Kragen: „Ich bin 20 Jahre alt und gehöre zu der Generation, welche die Umweltsünden der Vorfahren ausbaden muss. Wie können Sie es nur vor Ihren Enkeln rechtfertigen, so gegen die Klimapolitik zu sein?“