Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erwartet Foto: AFP

Die Verteidigungsministerin hat die Aufklärung des Skandals um Rechtsextremismus bei der Truppe zur Chefsache gemacht. Sorgen über ein mögliches größeres Terrornetzwerk scheinen sich nicht zu bestätigen.

Berlin - Die Affäre um rechtsextreme Umtriebe und erniedrigende Rituale bei der Bundeswehr ist aus Sicht von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht schnell ausgestanden. „Jetzt gehen wir dieses harte Thema an“, sagte sie der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). Die Probleme müssten ausgesprochen und gelöst werden. „Das wird dauern, noch viel aufwirbeln, uns in Atem halten, und diesen Weg gehe ich zusammen mit der Bundeswehr.“

An diesem Mittwoch besucht von der Leyen den Bundeswehrstandort Illkirch. Dort war der terrorverdächtige Bundeswehroffizier Franco A. stationiert. Mit dabei sein soll auch Generalinspekteur Volker Wieker. Eine für diesen Mittwoch eigentlich geplante Reise in die USA hatte von der Leyen kurzfristig abgesagt.

Am Dienstagabend hatte die Ministerin mit weiteren Spitzenvertretern ihres Hauses und der Bundeswehr Verteidigungsexperten des Parlaments unterrichtet. Franco A. steht unter Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet haben. Darunter werden etwa Terroranschläge verstanden. Der Generalbundesanwalt ermittelt.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sieht keine Anzeichen für ein terroristisches Netzwerk. „Es gibt keine Indikatoren, dass es so etwas gibt“, sagte Arnold nach der Unterrichtung der Deutschen Presse-Agentur. Bei den möglichen Unterstützern und Mitwissern um Franco A. habe es sich um „kommunikative Stränge“ gehandelt, wohl aber nicht um Terrorismus im strafrechtlichen Sinn. „Schlechtes Denken ist nicht strafbar.“

Zügig geklärt werden müsse aber, warum die zuständigen Stellen des Militärs auf die Abschlussarbeit von A. nicht reagiert hätten. Er soll darin schon 2014 eine rechtsextreme Gesinnung zum Ausdruck gebracht haben. „Das muss man durchleuchten.“

Von der Leyen sagt rigorose Aufklärung zu

Die Linken-Verteidigungsexpertin Christine Buchholz sagte der dpa, die Aussagen des Ministeriums seien bei der Unterrichtung überwiegend unkonkret geblieben. „Die Frage ist, ob nun wirklich alle Fakten auf dem Tisch sind.“ Ihre Grünen-Kollegin Agnieszka Brugger zeigte sich enttäuscht. Sie sagte der dpa, es habe keine „wirklich neuen Erkenntnisse“ gegeben.

Von der Leyen sagte eine rigorose Aufklärung der Affären in der Bundeswehr zu. „Das Dunkelfeld auszuleuchten, das wird mühsam, das wird schmerzhaft, das wird nicht schön werden“, sagte sie am Dienstag in den ARD-„Tagesthemen“. Der Terror- und Rechtsextremismusverdacht gegen den Offizier Franco A. sowie die Fälle von Erniedrigung, sexueller Herabwürdigung und Schikane in Pfullendorf, Bad Reichenhall und Sondershausen zeigten, dass die Bundeswehr ein „echtes Problem“ habe.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte die Ministerin auf, selbst Verantwortung für die Vorfälle zu übernehmen. „Ich finde, dass man in einer solchen Situation, in der solche Fälle auftreten, die politische Verantwortung nicht auf die Truppe abwälzen darf, sondern zu dieser politischen Verantwortung stehen muss, und die liegt in der Regel beim Minister“, sagte er WDR 5.

Auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), geht nach von der Leyens Vorwürfen der Führungsschwäche in der Truppe auf Distanz zu der Ministerin. „Viele Soldaten tun heute im Einsatz und Grundbetrieb weit mehr als ihre Pflicht“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). Der SPD-Verteidigungspolitiker Arnold sagte der „Welt“, von der Leyens Äußerungen seien in der Truppe heftig aufgenommen worden. „Sie muss sich entschuldigen.“

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hält die Kritik von der Leyens ebenfalls für falsch - zumindest in ihrer pauschalen Form. „Natürlich gibt es Vorgänge in der Bundeswehr, gegen die man vorgehen muss. Aber das sind Einzelfälle, das betrifft nicht die ganze Truppe“, sagte Kujat dem „Mannheimer Morgen“ (Mittwoch).