Dass Wahlplakate beschädigt werden, betrifft nicht nur die CDU mit Kanzlerin Angela Merkel, sondern alle Parteien. Foto: dpa

Verbale Attacken am Infostand, Beleidigungen auf Facebook, zerstörte Wahlplakate: Die Bundestagskandidaten im Wahlkreis Ludwigsburg waren in den vergangenen Wochen teils massiven Anfeindungen ausgesetzt.

Ludwigsburg - Ob von rechts, von links, von Wutbürgern, ob von besorgten Bürgern oder von Bürgern, die nur ihren Hass verbreiten wollen: Politiker stehen im Kreuzfeuer der Kritik. Das gilt im Großen, wenn die Kanzlerin Angela Merkel bei ihren Wahlkampfauftritten niedergebrüllt wird. Und es gilt im Kleinen für die Bundestagskandidaten im Wahlkreis Ludwigsburg, die in den vergangenen Wochen massiven Anfeindungen ausgesetzt waren.

„Frappierend ist vor allem, was auf Facebook verbreitet wird“, sagt Stefanie Knecht von der FDP, die nach eigener Aussage in erster Linie von AfD-Anhängern attackiert wird. Einige Male habe sie auf beleidigende Postings reagiert. „Auf eine konkrete Frage kommt keine Antwort.“ Manche Menschen wollten einfach nur schimpfen und beschmutzen, sagt sie. „Ich bekomme aber auch viel Zuspruch, das hilft.“

Anfeindungen von zwei Seiten

Den bekommt auch Macit Karaahmetoglu von der SPD, aber auch viel Ablehnung, denn er zieht den Hass zweier Gruppen auf sich. Als gebürtiger Türke muss er auf seinem Facebook-Profil lesen, jemand mit seinem Nachnamen habe „in Deutschland nichts zu suchen“. Er ist mit Menschen konfrontiert, die es lustig finden, die SPD als „Scharia-Partei Deutschlands“ zu betiteln. Auf einer Schmiererei auf einem Wahlplakat wurde er gar mit dem Islamischen Staat in Verbindung gebracht.

Darüber hinaus ist der Rechtsanwalt auch Zielscheibe für Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan, weil er sich klar gegen ihn positioniert hat. „Aus der Ecke wird mir vorgeworfen, ich sei ein Verräter, Dreck, solche Sachen.“ Auch indirekte Drohungen hat er schon erhalten, Ankündigungen wie diese: Er werde seine gerechte Strafe erhalten. Besorgniserregend sei die Hetze in den sozialen Medien. „Diese geben Menschen die Gelegenheit, ihrem schlechten Benehmen freien Raum zu lassen.“ Anzeige erstatte er in der Regel nicht. Er wisse als Anwalt, wie schwer es sei, die Pöbler ausfindig zu machen.

Ingrid Hönlinger gehört zu einer Partei, die stark polarisiert. In rechten Kreisen gelten die Grünen spätestens seit Beginn der Flüchtlingskrise als „linksgrün-versiffte Gutmenschen“. Pauschalurteile, insbesondere zum Thema Flüchtlingspolitik, gebe es immer wieder, sagt Hönlinger. „Es kommt vor, dass ich am Wahlkampfstand angepöbelt werde.“ Sie bemühe sich, „solche Begegnungen im Gespräch auf eine sachliche Ebene zu lenken“, was auch oft gelinge.

„Öffentliche Meinung ist differenzierter“

Im Internet ist das oftmals nicht möglich. „Menschen mit rechten Einstellungen fühlen sich ziemlich sicher und glauben, dass ihre Thesen mehrheitsfähig geworden sind, obwohl das überhaupt nicht zutrifft“, sagte kürzlich Oliver Zöllner, Professor für Digitale Ethik an der Hochschule der Medien Stuttgart, im Gespräch mit dieser Zeitung. Insgesamt sei die öffentliche Meinung sehr viel differenzierter und der Hass im Web keinesfalls ein Abbild davon.

Steffen Bilger von der CDU ist seit 2009 Mitglied des Bundestags und Verkehrsexperte, was ihm einige sehr „unfreundliche Mails von Stuttgart-21-Gegnern“ eingebracht habe. Auch eine anonyme Morddrohung habe er mal erhalten, dabei ging es um die Euro-Rettung. Grundsätzlich aber halte sich dieses Phänomen bei ihm in Grenzen, sagt Bilger, weil er weniger im Fokus solcher Leute stehe als beispielsweise Innen-, Außen- oder Rechtspolitiker. „Mein Eindruck ist aber auch, dass wir im Landkreis Ludwigsburg ein besseres gesellschaftliches Klima als in anderen Gegenden haben.“

An einem Tag alle Plakate weg

Dass Peter Schimke angefeindet wird, hat primär einen Grund: Er ist Kandidat der Linken. Kürzlich bekam er eine Postkarte zugeschickt, adressiert an „Peter Schimke, Vorsicht Kommunist!“, in der er mit Schmähungen überhäuft wurde, formuliert in Reimform. Man müsse im Wahlkampf ein dickes Fell haben, sagt Schimke, und sich mit allerlei Behauptungen auseinandersetzen, die frei erfunden seien. „Dass Wahlplakate entstellt, beschädigt oder entfernt werden, gehört fast zum Alltag.“

Während die Kandidaten von CDU, SPD, FDP, Linken und Grünen überwiegend mit Angriffen von rechts zu tun haben, hat die rechte AfD naturgemäß Gegner, die eher links stehen. Die Rechten mögen im Internet momentan lauter sein, aber die Linken sind auf andere Art aktiv. Je nach Kommune seien 50 bis 80 Prozent seiner Wahlplakate im Wahlkreis Ludwigsburg vernichtet worden, berichtet Martin Hess, der Bundestagskandidat der AfD. Entlang der B 27 in Ludwigsburg seien gar innerhalb von 24 Stunden alle Plakate verloren gegangen.