Dietrich Burchard hat einen alten Heuschober über einem ehemaligen Kuhstall im Göppinger Stadtteil Lerchenberg zu seinem Büro ausgebaut. Foto: Ines Rudel

Das Handwerk stärkt die regionale Wirtschaft, davon ist der Zimmermeister und Bundestagskandidat Dietrich Burchard überzeugt – ob es für ein Ticket nach Berlin reichen wird, muss sich noch weisen.

Göppingen - Ein klitzekleines Dorf im Dorf hat sich Dietrich Burchard in Lerchenberg geschaffen, wo er Leben und Arbeiten unter einen Hut bekommt. Wenn der Bundestagskandidat für Bündnis 90/Die Grünen Feierabend macht, hat er keinen weiten Heimweg, denn der 52-Jährige wohnt mit seiner Familie direkt neben seiner Zimmerei in dem ländlichen Göppinger Stadtteil. 1994 richtete Burchard mit zwei Mitstreitern in einem ehemaligen Kuhstall den Betrieb ein, für den er als Geschäftsführer tätig ist. Gleich daneben entstanden drei Wohnhäuser für die Burchards und zwei befreundete Familien. Und weil alle Gebäude in Holzbauweise errichtet wurden, ergibt das bis heute ein einheitliches Bild.

2007 ist Burchard bei den Grünen Mitglied geworden

„Als ich nach der Bauphase später einmal nach Vorarlberg reiste, ist mir aufgefallen, dass manche Häuser dort sehr ähnlich aussahen wie unsere.“ Das liege wohl am Baustoff, vermutet der Zimmermeister. Funktion und Form stünden halt in enger Verbindung. Ein wenig beneide er die Menschen im Bregenzerwald für ihre Holzbautradition, bekennt Burchard. Im Schwabenland sei diese leider verloren gegangen, obwohl der Südwesten eine der waldreichsten Regionen in Deutschland sei.

In seinem Betrieb mit sieben Mitarbeitern verarbeitet der Urursenwanger, wie sich Burchard selbst bezeichnet, zu 90 Prozent Fichtenholz. Dabei werde es aber nicht bleiben, befürchtet der Handwerker, denn die heimische Fichte sei vom Klimawandel und den steigenden Temperaturen bedroht. Damit beschreibt Burchard ein Dilemma im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie, dass den Göppinger 2007 zu den Grünen gebracht hat.

Auf Listenplatz 20 könnte es mit dem Ticket nach Berlin knapp werden

Jetzt kandidiert er für die Bundestagswahl. Da sein Name erst auf Platz 20 der Landesliste auftaucht, betrachtet sich Burchard als Wackelkandidat. Ein Ticket nach Berlin würde er erst erhalten, wenn seine Partei im Land die 20 Prozent-Marke überspränge. Vor vier Jahren ergatterten die baden-württembergischen Grünen lediglich 11 Prozent.

„Ich träume davon, alles zu bepreisen“, sagt der Unternehmer. Es sei ein Fehler mit dem Rechnen aufzuhören, wenn ein Produkt den Betrieb verlasse. Auch die Folgekosten müssten eingerechnet und der ökologische Fußabdruck beziffert werden. „Wir dürfen nicht so tun, als ob unser Handeln nichts mit der Umwelt zu schaffen habe“, sagt Burchard und erinnert an das weltweite Ökokonto, das jedes Jahr früher ins Minus falle, weil die Weltbevölkerung mehr Ressourcen verbrauche, als die Erde pro Jahr regenerieren könne. So hält Burchard beispielsweise auch nichts von den Zugeständnissen der Bundesregierung an stromintensive Branchen, die derzeit von der EEG-Umlage, das sind zusätzliche Kosten für den Ausbau regenerativer Energieträger nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), befreit sind.

Das Handwerk stärkt die regionale Wirtschaft

Gerade als Handwerker, der mit dem CO2 neutralen Baustoff Holz umgehe, wolle er nachhaltiges Handeln fördern. Als stellvertretender Obermeister der Zimmererinnung sieht Burchard das Handwerk vor allem im ländlichen Raum als wichtigen Garanten für die Grundversorgung, außerdem stärke das Handwerk die regionale Wirtschaft und schaffe Arbeitsplätze.

Burchard ist kein Mensch, der nur klagt und kritisiert, viel lieber scheint er die Dinge praktisch anzupacken. Wie zum Beispiel das Thema Wärmedämmung. Anfangs sei er von den Kollegen für den von ihm bevorzugten Zellulosedämmstoff belächelt worden, heute sei das Material längst ein akzeptierter Baustoff.

„Ich kenne viele Menschen, die nachhaltiges Handeln als Zukunftsvorsorge verstehen und dafür auch bereit sind, tiefer in die Tasche zu greifen, “ meint der Handwerker. Kein Verständnis hat Burchard angesichts der Krise der Automobilindustrie für die Winkelzüge der Konzerne einschließlich der Dieselaffäre.

Die wirtschaftliche Stabilität stehe auf dem Spiel

Hier sei eine Schlüsselindustrie unseres Wohlstands zugunsten kurzfristiger Profite gerade im Begriff, leichtfertig die gesellschaftliche Sicherheit und die wirtschaftliche Stabilität in Deutschland aufs Spiel zu setzen. Für den Grünen steht deshalb fest, dass die Autohersteller auf eigene Rechnung die Hardware auswechseln müssten, lediglich ein Update der Software sei nicht akzeptabel. Immerhin hätten die Kunden gutes Geld für vermeintlich gute Autos bezahlt.

Wer mit Dietrich Burchard ins Gespräch kommen möchte, hat dazu beispielsweise beim Göppinger Stadtfest vom 8. bis 12. September am Schlossplatz 4 Gelegenheit. In der dortigen Kreisgeschäftsstelle werden Burchard und Bernhard Lehle (Gitarre) sowie Alex Maier (Gesang) die neue grüne Band aus der Taufe heben.