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In Neumünster ist der Pirat Bernd Schlömer zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt worden.

Neumünster - Die Piratenpartei hat sich mit Blick auf die nächsten Wahlen neu aufgestellt und klar gegen Rechtsextremismus abgegrenzt. Ihr zweitägiger Parteitag in Neumünster wählte Bernd Schlömer zum neuen Vorsitzenden.

Der 41-jährige Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium soll internen Streit beilegen und das Profil der Partei deutlicher sichtbar machen, als es sein Vorgänger Sebastian Nerz getan hat. Dieser wurde zum Stellvertreter gewählt.

Schlömer erhält 66,6 Prozent der Stimmen

Schlömer erhielt am Samstag mit 66,6 Prozent die meisten Stimmen der acht Kandidaten - die Mitglieder konnten dabei mehreren Kandidaten ihre Stimme geben. Nach seiner Wahl sagte der neue Parteichef vor Journalisten zu rechtsextremen Äußerungen aus den eigenen Reihen, er sei überzeugt, "dass man diese Probleme nur in den Griff bekommt, wenn man viel spricht". Dabei sei ein sorgfältiges "Monitoring", also eine frühzeitiges Erkennen, nötig.

Der neue Parteichef deutete an, dass er nächste Woche den Wahlkampf in Schleswig-Holstein unterstützen werde - dort peilen die Piraten am kommenden Sonntag nach jüngsten Umfragen ein Ergebnis von neun Prozent an. Bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai strebe die Piratenpartei ein Ergebnis von 6,5 Prozent an, sagte Schlömer.

Ponader als Nachfolger von Weisband

Neben Nerz wurde als weiterer Stellvertreter Markus Barenhoff aus Münster gewählt. Die Politikwissenschaftlerin Julia Schramm bemühte sich am Samstag vergeblich um ein Amt im Bundesvorstand. Aus dem für die Piraten besonders wichtigen Landesverband Berlin wurde am Sonntag der 35-jährige Johannes Ponader zum Politischen Geschäftsführer und damit zum Nachfolger von Marina Weisband gewählt, die aus persönlichen Gründen nicht mehr antrat. Der 35-jährige Ponader engagiert sich auch bei den Kapitalismus-Kritikern der Occupy-Bewegung.

Das höchste Wahlergebnis von 94 Prozent erzielte Swanhild Goetze als neue Schatzmeisterin der Partei. Am späten Samstagabend, mehr als zwölf Stunden nach Beginn des Parteitags, bestimmte die Versammlung den 38-jährigen Sven Schomacker zum Generalsekretär. "Der neue Vorstand ist ja mehr oder weniger der alte, aber ich hoffe, dass er unsere Inhalte etwas offensiver nach außen vertreten kann", sagte einer der rund 1500 Teilnehmer, Christopher Walzel aus Berlin.

Piraten veraschieden Entschließung zum Holocaust

Zeitweise überschattet wurde der Parteitag von der seit Wochen andauernden Rechtsextremismus-Debatte bei den Piraten. Nachdem ein Mitglied am Rande der Versammlung vor Journalisten gesagt hatte, man könne über den Holocaust diskutieren, wurde der Parteitag unterbrochen. Ohne sichtbare Gegenstimme verabschiedeten die Teilnehmer dann eine Entschließung mit der Formulierung: "Der Holocaust ist unbestreitbarer Teil der Geschichte. Ihn unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu leugnen oder zu relativieren, widerspricht den Grundsätzen der Partei."

In Beratungen über die Parteisatzung lehnte der Parteitag eine Verlängerung der Amtszeit im Bundesvorstand von einem auf zwei Jahre ab, vergrößerte das Gremium aber von bislang sieben auf neun Mitglieder. "Wir haben uns vorgenommen, die Struktur der Partei etwas zu professionalisieren, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen", sagte Nerz.

Die bisherige Geschäftsführerin Weisband rief ihre Partei zu einer verantwortungsvollen Politik auf. "Wir tragen eine riesige Verantwortung, weil wir wissen, dass sich die Gesellschaft grundlegend verändern wird", rief sie den Teilnehmern zu. "Wir waren jung, und wir waren klein, aber wir haben schon Geschichte geschrieben", sagte Weisband. "Jetzt werden wir ernst genommen, und es wird gegen uns geschossen."

Bei der Entscheidung für den Tagungsort im hohen Norden hatten die Piraten die Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai im Blick. Eine Woche danach wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. Die Piraten sind bereits im Berliner Abgeordnetenhaus und im Landtag des Saarlands vertreten. Bei bundesweiten Umfragen kamen sie zuletzt auf neun Prozent.