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Beispiel Hoffenheim: Wenn es der Strategie nützt, schminken sich die Bosse die Fakten gern mal ein bisschen zurecht.

Stuttgart -

Stuttgart - Weil der Fußball das Konzentrat von fast allem ist, was das Leben so bietet, wäre es gelogen zu behaupten, dass die Wahrheit in der Bundesliga einen Stammplatz hat. Wenn es den Lügenbeuteln der Liga hilft zu vertuschen, was irgendwann sowieso ans Tageslicht kommt, dann erzählen sie mit der unschuldigen Miene eines Neugeborenen die Story vom Pferd. Verknüpft meist mit der Hoffnung, die Öffentlichkeit werde die gestrickte Legende schon glauben, wenn man sie nur oft genug erzählt. So betrachtet wurde VfB-Trainer Hannes Wolf nicht gefeuert, er wurde nur eingeholt auf der Flucht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Systemabstürze in der SAP-Betriebssportgruppe

Alexander Rosen jedenfalls, Direktor Profifußball bei der SAP-Betriebssportgruppe aus dem Kraichgau, braucht sich um seine berufliche Zukunft nicht zu sorgen. Märchenerzähler bei Kindergeburtstagen werden noch immer ganz ordentlich entlohnt. Dass die Software bei 1899 Hoffenheim zu permanenten Systemabstürzen zwischen Sportgeschäftsführer Hansi Flick, dem Sugar Daddy Dietmar Hopp, Manager Rosen und Trainer Julian Nagelsmann führte, ist so bekannt wie die Staulage auf der Autobahn um Sinsheim.

Aber Alexander Rosen, als Berufsfußballer bei den Stuttgarter Kickers zwei lange Jahre (2008/2009) mit der bitteren Wahrheit des Geschäfts konfrontiert, schwindelt vor der Kamera, dass in der Hoffenheimer Herz-Jesu-Kirche die Beichtstühle beben. Grober Unfug sei es, wenn behauptet werde, es gebe einen Machtkampf innerhalb des Vereins um Struktur- und Personalpläne. Dabei pfeifen es die Spatzen schon seit Wochen von den Dächern im Zuzenhausener Trainingszentrum: Flick versteht sich mit Rosen und Coach Julian Nagelsmann so gut wie Martin Schulz mit Sigmar Gabriel.

Work-Life-Balance für Flick

Unbestritten ist: Der von den Kabale-Experten des Deutschen Fußball-Bunds geschulte Ex-DFB-Sportdirektor Hansi Flick weilt bis auf weiteres im Urlaub. Weshalb er den 4:2-Erfolg gegen Mainz 05 verpasste. Und viel schlimmer noch: die Ekstase des zweimaligen Hoffenheimer Torschützen. „Bild“ meldete entzückt: „Szalai jubelte nackt.“ Fehlt nur noch, dass der Menschenfreund Alexander Rosen demnächst erzählt, die Flicksche Erholungsmaßnahme inmitten der Saison sei Teil des innovativen Work-Life-Balance-Programms des nordbadischen Musterbetriebes. Amen.

Dass der Präsident des FC Bayern München kein libidinöses Verhältnis zur Wahrheit pflegt, ist nicht gelogen. Wenn es dem Club nütze, gestand Uli Hoeneß einst, dann sei er auch mal bereit, ein bisschen zu schwindeln. Weshalb sich investigative Wahrheitsforscher intensiv mit der Trainerpersonalie im Haus des Klassenbesten beschäftigen. Sie halten es durchaus für möglich, dass Hoeneß und die Seinen die Liga seit Wochen der Nase herumführen, um dem aus seinem Altersruhesitz entführten Jupp Heynckes die Ruhe zu verschaffen, die er bei seiner Arbeit am nächsten Triple braucht.

Heynckes in den Tatort?

Vielleicht, mutmaßen die Kenner der Branche, buhlt der Stratege Hoeneß nur deshalb öffentlich so sehr um die Gunst seines Freundes Jupp, weil er auf diese Weise geschickt ablenkt von ständigen Spekulationen, wer auf den Senior-Coach am Ende der Saison denn folgen könnte. Ist ja nicht auszuschließen, dass der Neue seinen Vertrag schon in der Tasche hat. In nämlichen Fall allerdings wären Heynckes schauspielerische Qualitäten zu attestieren, die für eine Nebenrolle im Münchner Tatort reichen müssten. Denn der Coach wirkte ob der Mutmaßungen über eine Verlängerung seiner zugesagten Dienstzeit zuletzt so genervt, als würde ihn seine Frau bitten, die Spülmaschine auszuräumen. Beim 2:1 gegen den FC Schalke 04 fehlte Heynckes allerdings nicht wegen versäumter Dienste im heimischen Haushalt, sondern wegen eines grippalen Effekts. Ganz ehrlich.