Nach 286 Kilometern ist Helmut Hanus am Ziel angekommen. Foto: z

Helmut Hanus war mit Freunden 286 Kilometer auf dem spanischen Pilgerweg unterwegs.

Büsnau - Ein Stück Erinnerung hat er in Spanien gelassen. Am Kap Finisterre hat Helmut Hanus seine Schildmütze verbrannt. Nach einer alten Tradition zünden die Wanderer, die den Jakobsweg hinter sich gebracht haben, ein Kleidungsstück an, das sie während der Pilgerreise getragen haben.

Die Erinnerungen an die Reise selbst sind jedoch geblieben. Zwei Wochen lang wanderte der 57-jährige Büsnauer mit drei Freunden – Angelika Skrzypek sowie Beate und Gunnar Enke – Mitte Mai auf dem Jakobsweg. Zehn Kilo Gepäck auf dem Rücken, feste Wanderschuhe an den Füßen und einen hölzernen Wanderstock in der Hand. Ausgewählt hatte die Gruppe den Camino Francés, der klassische Jakobsweg, der sich 800 Kilometer durch Spanien zieht. „Wir sind von Deutschland aus bis nach Oviedo geflogen“, erzählt Hanus. Von dort ging es mit dem Bus bis nach Astorga, wo die vier Wanderer ihren 286 Kilometer langen Fußmarsch auf dem Camino starteten. Die Idee, auf dem Jakobsweg zu laufen, habe die Gruppe schon lange gehabt. „Ich bin nicht der Christ“, sagt Hanus. Er sei jedoch christlich erzogen worden und glaube daran, dass es „da oben jemanden gibt, der die Hand über einen hält“. Den Weg sei er zum einen aus Dankbarkeit gelaufen, dass es ihm gut gehe, zum anderen um zu sich selbst zu finden und zur Ruhe zu kommen.

Noch immer bewegt erzählt Helmut Hanus von den Begegnungen und Erlebnissen, die er und seine Begleiter auf den verschiedenen Etappen hatten. Da gab es beispielsweise den jungen Koreaner, der den kompletten Camino Francés sechs Wochen in Flip Flops zurückgelegt hat, den Spanier José, den Hanus El Pirado nannte, der mit einem Kopftuch und hölzerner Prothese 500 Kilometer gelaufen ist und den Lebenskünstler aus Wien, der seit zwei Jahren unter freiem Himmel lebt.

„Im Moment des Wiedersehens habe ich richtig Gänsehaut gehabt“

Unvergessen auch das australische Trio, das ohne jeden Cent durch Spanien reiste und sich das Geld mit Kunststücken mit Hula-Hoop-Reifen verdiente, den Motorradrocker in Lederkutte, der beim Pilgergottesdienst in Santiago de Compostela Tränen in den Augen hatte und das Mutter-Tochter-Gespann aus Deutschland, das seit einigen Jahren zum Andenken der toten Zwillingsschwester und Tochter in Etappen auf dem Jakobsweg unterwegs ist. „In diesem Jahr sind sie die letzte Etappe gelaufen“, erzählt Hanus und ergänzt: „Die Tochter ist die Strecke gelaufen, obwohl sie im siebten Monat schwanger ist.“

Die Nächte verbrachten die vier Pilger in Herbergen. „Eine Übernachtung hat nie mehr als zehn Euro gekostet“, sagt der Büsnauer. Morgens um 6.30 Uhr klingelte für die deutschen Wanderer der Wecker, um kurz nach sieben ging es auf zum nächsten Etappenziel, das sie nachmittags erreichten. „Das hatte den tollen Vorteil, dass wir noch warmes Wasser zum Duschen hatten, wenn wir dort ankamen“, sagt Hanus.

Ob alles gut gegangen ist? „Einmal hat mir die Achillesferse Probleme gemacht“, sagt Hanus. Das Gewicht des Rucksacks hätte sich darüber hinaus mit der Zeit an den Schultern bemerkbar gemacht. Auf die Probe gestellt wurden die Wanderer aber vor allem durch einen Wetterumschwung in den Bergen, als es in einer Nacht überraschend geschneit hatte. „Damit hatte keiner mehr gerechnet, nicht einmal die Spanier selbst“, erinnert sich Hanus, der kurzerhand ein Paar Socken zweckentfremdete und sie als Handschuhe verwendete.

Alle Strapazen der Reise waren jedoch vergessen, als zum ersten Mal am Horizont Santiago de Compostela erschien. „Das war ein regelrechter Adrenalinstoß“, sagt Hanus. Rund anderthalb Stunden später hielten die Pilger ihre Urkunde in Händen. „Im Pilgerbüro wurden alle unsere Stempel, die wir uns an den einzelnen Stationen geholt hatten, überprüft“, erzählt der Büsnauer und ergänzt: „Wenn man die Urkunde in Händen hält und beim Pilgergottesdienst teilnimmt, realisiert man, dass man es geschafft hat.“ Geschafft haben es auch die Weggefährten, die die Gruppe um Hanus in Santiago wiedergetroffen hat. Darunter auch der Spanier El Pirado mit seiner Holzprothese. Hanus erinnert sich: „Im Moment des Wiedersehens habe ich richtig Gänsehaut gehabt.“