Der Oberbürgermeister (2. von rechts) bei der Stimmauszählung. Foto:  

Die Grünen feiern nicht nur die Wahlen. Die Abstimmung über den Neubau ist schon lang vor ihrer endgültigen Auszählung entschieden.

Herrenberg - Zehn von 34 Wahlkreisen fehlten noch, als Jörn Gutbier schon zum Umtrunk einlud. Zu eindeutig war das vorläufige Ergebnis des Bürgerentscheids. Die übergroße Mehrheit der Herrenberger lehnt den Neubau eines kombinierten Park- und Geschäftshauses im Stadtzentrum ab. Gutbier war als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Gemeinderat gleichsam das Sprachrohr einer Bürgerinitiative, die den Protest organisiert und den Bürgerbescheid bewirkt hatte.

Das Ergebnis sei ziemlich genau so ausgefallen, wie er es vorhergesagt hatte, meinte Gutbier: „Ich habe fast niemanden auf der Straße getroffen, der dafür war.“ Letztlich zeige das klare Ergebnis, „was sich in den vergangenen fünf Jahren geändert hat in der Politik“, sagte der Fraktionschef der Grünen. Der Satz galt gleichzeitig als Kommentar zu den klaren Zugewinnen Grüner Parteien in Europa und seiner Partei in der Region Stuttgart.

Der Oberbürgermeister hatte sich ein anderes Ergebnis gewünscht

Der parteilose Herrenberger Bürgermeister Thomas Sprißler hätte sich ein gegenteiliges Ergebnis gewünscht. Er hatte für das Parkhaus geworben, das seit Jahren Bestandteil übergreifender Pläne für tief greifende Veränderungen der Verkehrsführung in der Stadtmitte ist. Insgesamt „bin ich aber froh, dass es ein Ergebnis gibt und dass es ein klares ist“, sagte Sprißler. Die Parkplatzfrage sei „auch sehr emotional diskutiert worden. Vor einem Vierteljahr habe er noch geglaubt, dass sich eine Mehrheit für den Neubau aussprechen werde. „Nun hat eine sehr klare Mehrheit Nein gesagt, und das demokratische Ergebnis gilt“, sagte Sprißler. Ungeachtet dessen sehe er „keine realistischen Alternativen“ zum nun hinfälligen Plan.

Vorausgegangen war ein wahlkampfähnlicher Schlagabtausch

Dem Bürgerentscheid vorausgegangen war ein wahlkampfähnlicher Schlagabtausch während des eigentlichen Wahlkampfs, an dessen Ende eine mehrstündige Bürgerversammlung in der Stadthalle stand. Gut 350 Interessierte kamen, aber die gegensätzlichen Meinungen anzunähern misslang. In Gang gebracht hatte das gesamte Prozedere zwar jene Bürgerinitiative. Der Gemeinderat hatte ihr dann aber den Weg geebnet und selbst den Entscheid beschlossen. Sonst hätten die Parkhausgegner zuvor ein Bürgerbegehren erfolgreich beenden müssen – die Vorstufe zum Entscheid.

Ungeachtet dieses Entgegenkommens waren die Mitglieder der Bürgerinitiative bis zuletzt unzufrieden, vor allem mit dem Vorgehen der Stadtverwaltung. Zu Beginn löste die Formulierung der Frage auf den Stimmzetteln Empörung aus. Die Bürgerinitiative und Teile des Gemeinderats – allen voran die Grünen – hielten sie für beeinflussend. Daraufhin strichen die Stadtoberen die umstrittenen Passagen.

Die Bürgerinitiative blieb bis zuletzt unzufrieden

Weitere redaktionelle Einwendungen hatte die Initiative gegen eine Sonderbeilage im Amtsblatt. Darin kamen alle Fraktionen zu Wort, und die Argumente der Befürworter und Gegner waren gleichberechtigt nebeneinander abgedruckt. Im Gemeinderat wurden sogar einzelne Formulierungen ausdiskutiert. Trotzdem bemängelten die Parkhausgegner umgehend „eine einseitige Darstellung und fehlende Information“. Dem schließt sich Gutbier trotz der Ablehnung unverändert an. „Es ist recht kreativ mit der Realität umgegangen worden“, sagte er.

Die Mitglieder der Initiative hatte vor allem erbost, dass sie beim Verfassen der Texte nicht hatten mitreden dürfen. Zuvor hatten sie ebenfalls zu einem Informationsabend eingeladen. Dessen Thema waren aber weniger die Baupläne, mehr die Mobilitätswende und der Schaden des Verbrennungsmotors.