Das Asperger Bad ist bereits geschlossen, und seit Donnerstag ist klar: Es kann abgerissen werden. Foto: factum/Weise

Der Gemeinderat von Asperg hat das Bürgerbegehren für den Erhalt des Schwimmbads für unzulässig erklärt – und das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat den Widerspruch dagegen jetzt zurückgewiesen. Die Bürgerinitiative leckt ihre Wunden. Kämpft sie weiter?

Asperg/Stuttgart - Als sie am Mittwoch das Stuttgarter Verwaltungsgericht verlassen, dürfen beide Seiten noch auf einen Sieg hoffen. Auf der einen: Christian Eiberger, der Bürgermeister von Asperg, mit Anwalt. Er will ein Schwimmbad abreißen lassen. Auf der anderen: Ottmar Breckel, Sprecher der Bürgerinitiative „Rettet das Bädle“, mit Anwalt. Zunächst dreht sich der Konflikt um die landesweit wenig bedeutsame Frage, ob Asperg ein Lehrschwimmbecken braucht oder nicht, tatsächlich aber geht es um nicht weniger als die Grenzen der direkten Demokratie. Die Kammer habe sich im Vorfeld „intensiv mit dem Fall befasst“, hatte der Vorsitzende Richter zu Beginn der Verhandlung betont. Denn die Rechtslage sei alles andere als eindeutig. „Wir haben einige Nüsse zu knacken.“

Eineinhalb Stunden wurden in Stuttgart Argumente ausgetauscht, dann hieß es: warten. Erst rund 24 Stunden später, am Donnerstag also, teilte das Gericht per Fax seine Entscheidung mit. Sie ist ein herber Rückschlag für die Bürger. Die Kammer gibt der Stadt Recht: Das Bürgerbegehren zum Erhalt des Schwimmbads ist unzulässig. Es wird keinen Bürgerentscheid geben. „Ich bin enttäuscht und frustriert“, sagt Breckel. „Wir lecken jetzt erst einmal unsere Wunden – danach sehen wir, ob und wie wir weiter machen.“

Welche Möglichkeiten bleiben der Bürgerinitiative noch?

Bislang liegt lediglich die Entscheidung des Gerichts vor, noch nicht die Begründung. Welche Rechtsmittel die Bürgerinitiative einlegen kann, ist ebenfalls noch unklar. „Wir werden uns mit unserem Anwalt beraten“, sagt Breckel. So oder so: Die Chancen, dass die Bürger in dieser Sache noch ein Mitspracherecht erhalten, tendieren gen Null.

Zum Hintergrund: Das 1961 errichtete Lehrschwimmbecken in Asperg ist sanierungsbedürftig und auch die dortige Rundsporthalle ist marode. Die Stadt will beide Gebäude abreißen und stattdessen eine neue Sporthalle bauen, für geschätzt 6,5 Millionen Euro. Finanzieren will sie das Vorhaben unter anderem über den Verkauf des Grundstücks, auf dem heute das Schwimmbad steht. Mindestens eine Million Euro soll die 1700 Quadratmeter großen Fläche in den Stadtsäckel spülen. Der Gemeinderat hat die Pläne abgesegnet.

1377 Unterschriften gesammelt – gebracht hat es nichts

Schnell allerdings formierte sich Widerstand und die Bürgerinitiative „Rettet das Bädle“. Viele Asperger lieben das Bad, viele haben darin einst Schwimmen gelernt. „Es ist ein emotionales Thema“, räumt der Bürgermeister ein, und die Bürger wollen nicht einsehen, dass Schüler und Vereine für Schwimmunterricht in andere Kommunen ausweichen müssen. Also sammelten sie Unterschriften, exakt 1377 und damit genug für ein Bürgerbegehren, mit dem sie einen Bürgerentscheid über den Abriss des Schwimmbades beantragen wollten.

Grob zusammengefasst empfahl die Initiative, das seit längerer Zeit geschlossene Bad nicht abzureißen, sondern zu sanieren. Der Zustand, sagt Breckel, sei gar nicht so schlecht, und mit weniger als einer halben Million Euro ließe sich das Gebäude so herrichten, dass dort wieder geschwommen werden kann. „Rettet das Bädle“ ist überzeugt, dass sich dies kostenneutral bewerkstelligen ließe, wenn die Stadt im Gegenzug den Standard der geplanten Sporthalle senkt. „Da ist Einsparpotenzial vorhanden“, sagt Breckel. Anderswo seien vergleichbare Hallen viel günstiger realisiert worden.

Der Gemeinderat blieb hart

Doch der Gemeinderat blieb hart. Im Frühjahr 2017 schmetterte er den Antrag zum Bürgerentscheid ab. Mit der Begründung, dieser sei unzulässig, weil die Finanzierungsvorschläge der Initiatoren zu unkonkret seien. Diese hätten das Einsparpotenzial bei der geplanten Halle nicht beziffert und seien in Bezug auf alle Kosten „im Ungefähren“ geblieben. Das sei nicht ausreichend für ein Bürgerbegehren.

Spätestens da wurde aus dem Konflikt ums Bädle ein Konflikt ums große Ganze. Im Herbst 2017 reichten die Bürger Klage ein und jetzt kam es zum Showdown – mit klaren Fronten: Wenn auf Basis derart intransparenter Zahlen und Vorschläge ein Bürgerbegehren Erfolg habe, sei zu erwarten, dass Bürger in Zukunft jedes Projekt verhindern, das ihnen nicht passt. Das war die Argumentation der Stadt.

Dass der Neubau-Plan der Stadt aufgeht, ist dennoch ungewiss

Der Anwalt der Kläger um Ottmar Breckel sieht es genau andersherum, er sagte in der Verhandlung: „Wenn die Anforderungen an Bürgerbegehren derart hoch gesetzt werden, können wir alle Bürgerbegehren vergessen.“ Ob bei den avisierten Erlösen aus dem Grundstücksverkauf, den Abriss- oder Neubaukosten – die Stadt selbst habe immer nur grobe Kostenprognosen vorgestellt. Von Bürgern könne dann unmöglich verlangt werden, mit genaueren Zahlen aufzuwarten als das Rathaus.

Der Richter lobte in der Verhandlung die Arbeit der Kläger. Die Initiative habe bei der Unterschriftensammlung die „Fragestellung hinreichend klar formuliert“ und die Ziele „ausführlich begründet und sorgfältig ausgearbeitet“. Dies seien Punkte, an denen Bürgerbegehren häufig scheitern – nicht so in diesem Fall. Woran es dann trotzdem fehlte, wird erst klar werden, sobald die Begründung des Gerichts vorliegt. Momentan lässt sich nur spekulieren, dass auch die Kammer die Finanzierungsvorschläge der Bürgerinitiative für zu schwammig hält. Sicher ist jedenfalls: Die Stadt hat gewonnen, das Bad kann abgerissen werden.

Dass der Plan aufgeht, mit dem Grundstückserlös anderswo eine schicke neue Sporthalle zu bauen, ist damit nicht gesagt. Die Halle soll auf einer Fläche entstehen, die der Stadt noch gar nicht gehört, sondern im Besitz mehrerer Privatleute ist. Er sei gerade in Verhandlungen mit den Eigentümern, sagt Eiberger. „Aber es gestaltet sich schwierig.“