Die Bürgerbus-Dichte im Kreis Esslingen ist vergleichsweise hoch. Der Bus in Aichwald fährt jetzt seit knapp zehn Jahren. Foto: Horst Rudel

Frickenhausen hat die Konzession für eine Buslinie beantragt, 20 ehrenamtliche Fahrer stehen schon bereit. Das Netz weitet sich aus. Auch in Aichwald, Großbettlingen und in Donzdorf (Kreis Göppingen) soll bald der Bürgerbus verkehren.

Kreis Esslingen - Der nächste Bürgerbus im Kreis Esslingen steht in den Startlöchern: Die Gemeinde Frickenhausen will ihre drei Teilorte künftig mit einem Bürgerbus verbinden. Geplant sind zwei Linien, die zwischen Frickenhausen, Linsenhofen und Tischardt verkehren. Angedacht sind 37 Haltestellen, die im Wechsel von insgesamt 30 Fahrern angefahren werden sollen. 20 Ehrenamtliche haben sich für Fahrdienste schon bereit erklärt. Der Bürgerbus soll an 28 Tagen im Monat fahren.

Defizit soll durch Sponsoring reduziert werden

Im April entscheidet der Gemeinderat über den Kauf eines Mercedes Sprinter für circa 110 000 Euro. Frickenhausen rechnet mit einem Landeszuschuss. Das mit einem Dieselmotor ausgerüstete Fahrzeug kann acht Fahrgäste befördern und einen Rollstuhl aufnehmen. Die Behindertenförderung Linsenhofen soll die Beifahrer stellen, die Fahrkarten verkaufen und beim Einsteigen helfen. Der Start des Bürgerbusses ist für die zweite Jahreshälfte geplant. Laut der Kalkulation könnte das Busangebot der Gemeinde ein Defizit von jährlich bis zu 25 000 Euro bescheren. Wie der Hauptamtsleiter von Frickenhausen, Gerhard Franke erklärt, soll der Fehlbetrag durch Sponsoring aber möglichst reduziert werden.

Frickenhausen ist indessen nicht die einzige Kommune im Kreis Esslingen, die derzeit an einem Konzept für einen neuen Bürgerbus feilt. Auch in der Stadt Aichtal schreiten die Planungen voran, berichtet Fred Schuster, der Geschäftsführer des Landesverbands proBürgerbus Baden-Württemberg. Und in Großbettlingen und dem benachbarten Raidwangen ist Anfang des Monats ein neues Angebot dazugekommen. Dort fährt das neue Bürgerauto montags und freitags.

Werbung für Bürgerbusse ist wichtig

Der Großbettlinger Krankenpflegeverein zielt damit vor allem auf Senioren und auf alle Bürger, die schlecht zu Fuß sind und nicht mit dem eigenen Auto fahren können. Sonderfahrten sind nach telefonischer Vereinbarung mit einer Abholung an der Haustür möglich. Auch Donzdorf (Kreis Göppingen) wird künftig die Liste der Bürgerbus-Kommunen ergänzen. In der Göppinger Kreisgemeinde Salach wurde 2003 der erste Bürgerbus in Baden-Württemberg eingerichtet. Die Bürgerbusdichte in den Kreisen Esslingen und Göppingen ist besonders hoch. „Der Bereich Neckar-Fils bildet einen Schwerpunkt der Bürgerbus-Bewegung“, sagt Fred Schuster. Mehr als 20 Bürgerbus-Verkehre gibt es derzeit in der Region Stuttgart. Auch in Besigheim (Ludwigsburg) beispielsweise soll bald ein Bürgerbus fahren, der Orte verbindet, die von den öffentlichen Bussen nicht oder sehr selten bedient werden.

„Der Bedarf für solche Angebote ist da“, sagt der Verbands-Geschäftsführer Fred Schuster über die schrittweise Ausweitung des Bürgerbus-Netzes. Damit die Angebote rege genutzt werden, sie es aber sehr wichtig, sie den Menschen auch ins Bewusstsein zu rufen. Um Werbung zu machen, soll der neue Bus in Frickenhausen drei Monate lang gratis unterwegs sein.

Bessere Förderung durch das Land

Inzwischen hat das Land die Förderrichtlinien überarbeitet und ist damit den Bürgerbus-Initiativen entgegen gekommen. Für die Anschaffung von Bussen stehen nun attraktivere Zuschüsse als Investitionshilfen in Aussicht. Zudem erhalten die Betreiber von Bürgerbussen und Bürgerrufautos eine Förderung, bei der das Land Verwaltungskosten von bis zu 1500 Euro jährlich übernimmt. Fred Schuster lobt die finanzielle Verbesserung, gibt aber gleichzeitig zu bedenken: „Hinter Nordrhein-Westfalen hinken wir noch deutlich hinterher.“ Von der Politik erhoffe sich der Verband auch eine Vereinheitlichung des Begriffs Bürgerbus, der vom Linien-Bürgerbus bis zum Bürgerrufauto eine Vielzahl unterschiedliche Modelle umfasst.

Um umweltfreundlich zu fahren, wünscht sich der Verband eine Ausnahmegenehmigung der EU. Die ehrenamtlichen Fahrer dürfen mit ihrem Führerschein in der Regel nur Busse bis zu 3,5 Tonnen bewegen. Elektro-Busse sind wegen den Batterien allerdings schwerer. Zwei E-Busse hat die Stadt Nürtingen in Betrieb. Sie binden das Gewerbegebiet Bachhalde an den Bahnhof an. Nun gibt es Überlegungen, die E-Busse auch als Bürgerbusse zu nutzen. Jedoch fehlt es noch an ehrenamtlichen Fahrern. In Wendlingen geht der Bürgermeister derweil mit gutem Beispiel voran. Steffen Weigel ist selbst als ehrenamtlicher Fahrer eingeteilt.

Exportschlager aus Holland

Ursprung
Unter einem Bürgerbus ist ein Nahverkehrsangebot zu verstehen, das vielfach auf eine bürgerschaftliche Initiative zurückgeht. Das Ziel des Bürgerbusses ist es, vorhandene Lücken im öffentlichen Personennahverkehr auszugleichen. Das Konzept wurde 1977 erstmals in den Niederlanden als Buurtbus (Nachbarschaftsbus) aufgelegt. Von dort aus gelangte die Idee nach Nordrhein-Westfalen, wo in den 1980er-Jahren die ersten Bürgerbusse in Deutschland erprobt wurden.

Funktionsweise
Die als Bürgerbusse eingesetzten Fahrzeuge sind in der Regel Kleinbusse mit bis zu acht Fahrgastsitzen. Sie können von ehrenamtlichen Fahrern gesteuert werden, ohne dass diese einen Busführerschein besitzen müssen. Häufig verkehren Bürgerbusse in solchen Orts- oder Stadtteilen, die dünn besiedelt sind und in denen sich deshalb ein herkömmlicher Linienverkehr nicht lohnt. Bürgerbusse sind kein Ersatz für den regulären öffentlichen Personenverkehr, sondern eine Ergänzung.