Engagement am Lenkrad: die Bürgerbus-Fahrerin Gisela Kling Foto: factum/Granville

Der Bürgerbus ist in Freiberg am Neckar seit zehn Jahren auf Achse. Die Stadt hat den Dienst als erste im Kreis Ludwigsburg eingerichtet. Jetzt berät sie jene Kommunen, die nachziehen.

Freiberg/Neckar - Langsam lässt Gisela Kling den Bus an den Straßenrand rollen. Sie steigt aus und hilft ihren Fahrgästen – überwiegend ältere Damen – beim Aussteigen und reicht ihnen bei Bedarf den Rollator. „Jeden Tag eine gute Tat“, sagt die Ehrenamtliche und lächelt. Eigentlich wohnt sie in Ludwigsburg, aber der Freiberger Bürgerbus ist für sie eine Gelegenheit „etwas Gutes zu tun“, sagt sie. Es dauert ein wenig, bis alle draußen sind, aber dann kann es weitergehen in Richtung Café. Es gibt etwas zu feiern: Der Bürgerbus in Freiberg am Neckar wird zehn Jahre alt. Aus diesem Anlass hat die Stadt die Fahrer und die Fahrgäste zu Kaffee und Kuchen eingeladen.

Der Bürgermeister Dirk Schaible nennt den Bürgerbus eine „Erfolgsgeschichte“ und begrüßt die Gäste: „Sie können sich als Könige fühlen mit einem eigenen Fahrer.“ Sonst hätten nur Präsidenten und andere hochrangige Persönlichkeiten einen eigenen Chauffeur.

Freiberg ist die Pionier-Kommune im Landkreis

Vor zehn Jahren, im April 2006, nahm der Bürgerbus in Freiberg seinen Betrieb auf. Eingesetzt wurde er auf Initiative von Schaibles Vorgänger Ralf Maier-Geißer. Freiberg war damals die erste Kommune im Landkreis Ludwigsburg, die einen solchen Beförderungs-Service für seine Bewohner einführte. Es folgten Korntal-Münchingen im Jahr 2010, Ingersheim im Juni des vorigen Jahres und Marbach im Oktober 2015. In den Gemeinden Tamm und Ingersheim ist die Einrichtung eines Bürgerbus-Services geplant. Als Pionier steht die Stadt Freiberg den Nachzüglern mit Rat zur Seite, Marbach durfte sich den Freiberger Bus für die Testphase sogar ausleihen. In Baden-Württemberg gibt es nach den Angaben der Nahverkehrsgesellschaft 49 Bürgerbus-Angebote. Das Land fördert die Anschaffung eines Bürgerbusses seit dem Jahr 2013 mit Beträgen zwischen 20 000 und 30 000 Euro. Auch die Kosten für die Erstausstellung oder Erneuerung des Personenbeförderungsscheins für die ehrenamtlichen Fahrer werden vom Land seit dem vorigen Jahr übernommen.

Die Idee hinter dem Bürgerbus-Konzept ist es, betagten Menschen möglichst viel Mobilität und Selbstständigkeit zu ermöglichen. „Viele meiner Fahrgäste trauen sich nicht mehr, den normalen Linienbus zu nehmen, weil sie so lange zum Einsteigen brauchen“, erzählt Gisela Kling. Doch ohne den Bus werde es schwer, zum Einkaufen ins Zentrum zu kommen oder einen Arzt zu besuchen. Und nicht jeder könne und wolle auf andere Familienmitglieder angewiesen sein.

Der Bus erinnert an eine Litfaßsäule

Der Bürgerbus in Freiberg werde immer besser angenommen, sagt Bürgermeister Schaible. Waren es im Jahr 2008 noch 2000 Fahrkarten, die gelöst wurden, steigerte sich die Zahl der Tickets auf 3200 im vergangenen Jahr. Eine Fahrkarte kostet 50 Cent und ist damit für Senioren erschwinglich, die keine üppige Rente haben. Das reicht zwar nicht für die Deckung der Kosten von Unterhalt und Sprit. Aber insgesamt fährt die Stadt mit dem Angebot günstig: Die vier Fahrer sind allesamt Ehrenamtliche und der Bus, ein Ford Transit, wird finanziert durch Werbeanzeigen örtlicher Unternehmen – weswegen er ein wenig an eine fahrende Litfaßsäule erinnert. Der Bürgerbus pendelt montags, mittwochs und freitags zwischen 9 und 12 Uhr von Geisingen, Heutingsheim und Beihingen ins Zentrum und zurück. Bis zu acht Haltestellen gibt es pro Stadtteil, oft an Orten, die der ÖPNV nicht abdeckt.

Ein Bürgerbus darf dem bestehenden ÖPNV-Angebot keine Konkurrenz machen, sondern muss eine Ergänzung sein. Das Landratsamt spricht insofern ein Wörtchen mit, wenn es um die Genehmigung geht. Die Fahrer müssen einen speziellen Führerschein machen und alle fünf Jahre einen Gesundheitscheck, Sehtest und Reaktionstest durchlaufen.

Der Bürgerbus heißt in Remseck nicht Bürgerbus

Einen anderen Weg geht die Stadt Remseck: Hier gibt es seit November 2015 einen ehrenamtlichen Fahrdienst speziell für ältere Menschen. Im Unterschied zu den anderen Kommunen war hier keine Genehmigung durch das Landratsamt nötig, da der Bus nicht mehr als sechs Sitzplätze hat und der Fahrdienst kostenlos ist. Jeden Mittwoch können Senioren bei der Aktion „Mensch zu Mensch“ anrufen und eine Fahrt für Freitag ausmachen. Den Bus leiht die Stadt von der Diakonie.

„Es läuft gut an, der Service spricht sich rum“, sagt Horst Birkner, einer der ehrenamtlichen Fahrer. Die Aktion war auf ein halbes Jahr befristet, der Gemeinderat entschied sich dann, den Service dauerhaft mit 3000 Euro im Jahr zu unterstützen.