Seit 1. Dezember steht dem Bürgerbusverein dieser E-Bus für eine Probezeit kostenlos zur Verfügung. Horst Kaz (links) und Jürgen Hoedt (rechts) berichten von ihren Erfahrungen. Foto: Claudia Barner

Dass der Bürgerbus nach einer Probezeit in Waldenbuch (Kreis Böblingen) zum Standard wird, ist klar. Eine offene Frage war bisher allerdings noch, mit welchem Antrieb das Fahrzeug unterwegs ist: Elektro oder Verbrenner. Nun gibt es eine Antwort, die überrascht.

Waldenbuch - Seit zwei Monaten läuft in Waldenbuch ein spannendes Projekt. Parallel zum 2018 erworbenen Bürgerbus mit Dieselantrieb ist seit dem 1. Dezember auch die Elektro-Variante der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) in der Schönbuchstadt unterwegs. Der neugegründete Bürgerbusverein hat somit den direkten Vergleich zwischen Verbrenner und Batterie und kommt zu einem überraschenden Ergebnis.

Das Fahrzeug soll acht bis zehn Wochen nach der Bestellung geliefert werden

„Das elektrisch betriebene Fahrzeug ist als Bürgerbus in Waldenbuch nicht geeignet“, stellt der Vorsitzende des Vereins, Horst Kaz, fest. Gemeinsam mit der Stadt hat man deshalb jetzt entschieden, für den Dauerbetrieb den Mercedes Sprinter 214 mit Dieselantrieb zu kaufen. Sobald der Bürgerbusverein ins Vereinsregister eingetragen worden ist und die Fördermittel vom Land genehmigt worden sind, geht die Bestellung raus. „Wenn nichts dazwischen kommt, ist das neue Fahrzeug dann in acht bis zehn Wochen lieferbar“, sagt Horst Kaz.

Mit dieser Wendung hatte das Bürgerbus-Team nicht gerechnet. Als die Elektrovariante nach einer Wartezeit von knapp zwei Jahren Anfang Dezember 2019 endlich zur Verfügung stand, waren die Erwartungen groß. Inzwischen aber ist bei den Ehrenamtlichen Ernüchterung eingekehrt. Sie wären gern elektrisch unterwegs, aber es ergebe keinen Sinn, berichten Horst Kaz und der zweite Vorsitzende des Vereins, Jürgen Hoedt. Sie führen dafür gleich mehrere Gründe an.

Die Topografie von Waldenbuch ist eine Herausforderung

Da ist zum einen die Reichweite des Elektro-Busses. „Wir legen auf unserer Tour durch Waldenbuch vormittags 80 Kilometer und nachmittags 60 Kilometer Strecke zurück. Die Akkuladung aber reicht auf keinen Fall für den ganzen Tag. In der kalten Jahreszeit wird es schon am Vormittag eng. Wir können den Bus also nur für die Fahrten am Nachmittag nutzen“, erzählt der Vereinschef. Das hänge auch mit der Topografie der Stadt zusammen. „Bei uns geht es halt überall den Berg hinauf“, sagt Kaz.

Doch es gibt noch andere gewichtige Argumente, die gegen die E-Variante sprechen. Jürgen Hoedt hat festgestellt: „Kein deutscher Hersteller hat ein entsprechendes Angebot im Programm.“ Alternativen ausländischer Produzenten gibt es zwar, doch die sind deutlich teurer als ein neuer Bürgerbus mit Verbrenner. Horst Kaz rechnet vor: „Beim Diesel liegt der Kaufpreis bei etwa 90 000 Euro. Der Elektrobus kostet etwa 50 000 Euro mehr.“

Dann fänden weniger Menschen im Bürgerbus Platz

Hinzu kommt: Weil die Batterie im E-Bus in den Boden eingebaut ist, gibt es diesen nicht als Niederflur-Modell. Die staatlichen Fördermittel von rund 30 000 Euro gibt es aber nur für diese barrierefreie Variante. Da ist es schon fast Nebensache, dass der Elektrobus auch bei den Sitzplätzen schlechter abschneidet. Durch die Batterie ist das Fahrzeug so schwer, dass wegen der Gewichtsbegrenzung auf 3,5 Tonnen nur noch sechs Fahrgäste Platz finden. Beim konventionellen Modell sind es zwei Plätze mehr.

Bis Ende April steht der Elektro-Bus der NVBW den Ehrenamtlichen noch zur Verfügung. Horst Kaz und Jürgen Hoedt sind trotz aller Abstriche froh darüber: „Unser 2017 vom Bürgerbusverein Botnang erworbener Bus für den Probebetrieb hat mittlerweile 230 000 Kilometer auf dem Buckel und zeigt deutliche Verschleißerscheinungen. Da kommt das Leihfahrzeug als Entlastung und Reserve gerade recht.“ Bis zum Juli heißt es Daumen drücken. Dann soll das Nachfolgemodell bereit stehen.

Noch mehr Wissenswertes zum Waldenbucher Bürgerbus

Am 1. Januar 2020 ist der Waldenbucher Bürgerbus nach knapp zwei Jahren Probebetrieb zur festen Einrichtung geworden. Voraussetzung für den Dauerbetrieb waren 100 Fahrgäste pro Woche. Diese Marke war in den vergangenen Monaten zuverlässig überschritten worden.

Die Neubeschaffung des Busses zahlt die Gemeinde. Dafür wurden 100 000 Euro im Etat 2020 bereitgestellt. Den Betrieb, die laufenden Kosten, die Verwaltungsaufgaben und künftige Investitionen übernimmt der Bürgerbusverein, der sich am 4. Dezember mit rund 40 Mitglieder gegründet hat. Den Vorsitz hat Horst Kaz, Vize ist Jürgen Hoedt.

Bisher war der Bürgerbus auf einer Nord- und einer Südroute unterwegs, die sich im Halb-Stunden-Takt am Waldenbucher Postamt kreuzten. Wer Ziele in der Nähe ansteuerte, musste mitunter lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen. Deshalb gibt es zum 1. Februar folgende Neuerung: Jede Stunde fährt der Bus eine große Stadtteilrunde, die etwa 45 Minuten dauert. In den verbleibenden 15 Minuten folgt eine kurze Expressrunde von der Post zum Lerchenweg, zum Hallenbad, zur Liebenau und über die Glashütte entlang der Bahnhofstraße und dem Neuen Weg zurück zur Post.