Seit sieben Jahren ist Helmut Weiser nun schon beim Bürgerbus dabei. Die meisten seiner Fahrgäste kennt der 72-Jährige. Foto: factum/Bach

Der Bürgerbus fährt insbesondere ältere Menschen durch die Stadt. Er hat sich längst zu einem kleinen Treffpunkt auf Rädern entwickelt. Wenn jemand nicht wie gewohnt an der Haltestelle wartet, heißt das meist nichts Gutes.

Korntal-Münchingen - Den Hang hinauf geht es nicht mehr so gut. Bis vor einem Jahr konnte der ältere Herr sogar noch Auto fahren. Aber inzwischen braucht der 81-Jährige eine Gehhilfe. „Da kommt der Bürgerbus ganz gelegen“, sagt er. Seit er kaum noch einen Schritt vor den anderen setzen kann, ist er auf das alternative Transportmittel angewiesen. Denn die Busse des öffentlichen Personennahverkehrs fahren nicht in jede Ecke der Stadt. Der Bürgerbus hingegen schlüpft auch durch die engsten Gassen, düst bis hin zum äußersten Stadtrand und gabelt die Bürger auch jenseits der Haltestellen auf – ein Wink mit der Hand reicht.

Seit sieben Jahren fährt der Bürgerbus nun durch Korntal, Münchingen und Kallenberg. Im Landkreis Ludwigsburg ist das mit bürgerschaftlichem Engagement betriebenen Verkehrsangebot außerdem in Marbach und in Freiberg etabliert. Die Kundschaft: überwiegend ältere Menschen, deren Beweglichkeit nicht mehr das ist, was sie einmal war.

24 ehrenamtliche Fahrer kutschieren die Fahrgäste durch die Stadt

Die meisten Senioren nutzen den Bus, um ihre Einkäufe zu erledigen. In Korntal führt sie das an die Johannes-Daur-Straße, die auf den Fahrplänen einen Knotenpunkt darstellt. In drei Schleifen – rot, grün und blau – fährt der Bus die gesamte Stadt ab, und alle starten und enden an eben jener Straße, wo die kleine Einkaufsmeile, der Edeka und donnerstags der Wochenmarkt die Bürger anziehen. „45 Minuten reichen“, sagt der 81-Jährige und meint damit den Einkauf. Dann geht es mit der nächsten Tour wieder nach Hause.

Kutschiert werden die Fahrgäste von 24 ehrenamtlichen Fahrern. Einer von ihnen ist Helmut Weiser. Der 72-Jährige ist seit den Anfängen des Bürgerbusses in Korntal-Münchingen dabei. „Ich wollte als Rentner nicht zu Hause sitzen“, sagt der Diplom-Ingenieur, der in seinem Berufsleben lange Jahre mit dem „Computer verheiratet“ war, wie er sagt.

Ein blinder Herr steht schon lange nicht mehr an der Haltestelle

Jetzt sitzt er hinter dem Steuer des Kleintransporters, der insgesamt acht Personen aufnehmen kann, und lenkt ihn durch die Korntaler Straßen. „Man hilft den Leuten, und sie sind dankbar dafür“, sagt Weiser. Hin und wieder fahren die Leute auch so mit – ohne Ziel, ohne Zeitdruck. Man plaudere, so Weiser. Das Einsteigen koste immerhin nur einen Euro. Wenn Weiser gelangweilte Jugendliche sieht und es genügend Platz im Wagen gibt, nimmt er sie kostenlos mit auf eine Spritztour. Manchmal hat einer von den Älteren eine Brezel dabei für ihn. „Manchmal auch einen Piccolo“, sagt Weiser und lacht.

Der Bürgerbus ist längst nicht mehr nur ein Transportmittel. Er ist zu einer Art Treffpunkt für die Korntaler Senioren geworden. Man kennt sich, man vertraut sich. Es sind meist immer dieselben Gesichter, die an denselben Tagen einsteigen. Früher hätte es einen blinden Herrn gegeben, der immer an der Ulrich-von-Hutten-Straße eingestiegen sei, so Weiser. Aber er steht schon lange nicht mehr dort. Weiser vermutet, dass er gestorben ist. Und das sei vielleicht das Traurige am Job: „Die Stammkundschaft wechselt aus biologischen Gründen schnell“, sagt Weiser.