Die Jagd spielt in Heucherts Roman eine wichtige Rolle. Foto: Hans Jörg Wangner

Mit „Dunkels Gesetz“ und „Könige von nichts“ hat der Schriftsteller Sven Heuchert die Latte ziemlich hochgelegt. Ob er wohl mit „Alte Erde“ noch eins draufgesetzt hat?

Stuttgart - Sven Heuchert ist zurzeit einer der ungewöhnlichsten deutschen Schriftsteller. Handwerksmeister von Beruf, Jäger aus Passion – das ist nicht gerade alltäglich in einer Branche, die von akademisch ausgebildeten Autoren geprägt wird. Aber alltäglich ist auch der Ton nicht, den der 1977 geborene Rheinländer anschlägt – Frohsinn und gute Laune wird man bei ihm nicht finden. Statt dessen ein stoisches Raunen über Menschen, mit denen es das Leben nicht gerade gut gemeint hat.

Die Menschen trinken Zinn 40 und rauchen Ernte 23

Das ist in seinem Roman „Alte Erde“ nicht anders. Er spielt irgendwo in einer Provinz, wo die Dörfer Vierheilig und Altglück heißen und die Menschen Wouter Bisch oder Karl Frühreich. Die sprechenden Namen machen schon eine Menge der Atmosphäre aus, die Heuchert beschwört. Eine staubige, in karges Graugelb getauchte Gegend, vergessen von der Gegenwart, von der Zukunft ohnehin. Die Menschen trinken Zinn 40 und rauchen Ernte 23. Und wenn sie als Jugendliche einen Spaß haben wollen, stellen sie sich auf einen Fels, den Rücken zum Tümpel unter ihnen, in der Hand die Schnapsflasche. Wer zuerst betrunken ins Wasser kippt, hat verloren. Oder gewonnen, je nachdem wie man’s sieht.

Das digitale Zeitalter bricht mit Macht herein

Doch die scheinbare Statik, die in Blei gegossene Öde bekommt unversehens eine Dynamik. Zum einen taucht Frühreichs Bruder Thies nach vielen Jahren wieder auf. Er ist nicht alleine. Monique, eine hübsche junge Frau, begleitet ihn. Und er hat einen Koffer voller Geld. Beides weckt Begehrlichkeiten. Zum andern will ein Internetversandhaus ein großes Logistikzentrum auf der gar nicht so grünen Wiese errichten – das digitale Zeitalter des Bestellens und Retournierens bricht mit Macht herein.

Sven Heuchert ist ein äußerst sorgfältiger Schriftsteller, einer, der solange an seinen Texten kürzt und feilt, bis sie am Ende wie ein Destillat sind. Er macht es sich nicht einfach – und er darf von seinen Lesern deshalb erwarten, dass sie ebenfalls etwas Arbeit ins Lesen stecken. Das lohnt sich auf jeden Fall!

Kleine Randnotiz: es ist Heuchert vorgehalten worden, dass seine „Alte Erde“ im Gegensatz zu „Dunkels Gesetz“ kein richtiger Krimi sei. Dabei kommen Verbrechen, Vergehen und sonstige kriminelle Verwerfungen durchaus drin vor. Und: wer in so engen Schubladen denkt, tut sich am Ende selbst nichts Gutes.