Der Esslinger Alicensteg wird abgerissen. Johannes M. Fischer scheibt in seinem Kommentar: Mit diesem Steg geht ein wichtiges Stück Esslinger Geschichte und Heimat verloren.

Esslingen - Die Tage des Alicenstegs sind also gezählt. Wer noch einmal heimlich und illegal den Weg über den vermeintlich maroden Steg gehen möchte, hat nur noch bis zum Sommer Zeit. Natürlich soll dies kein Aufruf sein, Verkehrsregeln zu missachten, denn der Steg ist ja schon seit 2015 für die Öffentlichkeit gesperrt. Also noch einmal fürs Protokoll: Es ist verboten, diesen Steg zu betreten. Wer noch Fotos für Heimatbücher oder sonstige Erinnerungen machen möchte, möge dies jenseits der Absperrung machen.

Da geht was verloren

So korrekt, so gut. Aber jenseits aller pflichtbewussten Ordnungsliebe sollte es erlaubt sein, in einem vorgezogenen Nachruf eine Träne zu vergießen: Mit diesem Steg geht ein wichtiges Stück Esslinger Geschichte und Heimat verloren. Sein Verschwinden reißt ein Stück Heimat aus den Herzen der Esslinger.

Der Steg existiert seit Jahrzehnten und verbindet widersprüchliche Teile von Esslingen in einer einzigartigen Weise: Die Betonmauern am Neckar, die den Fluss zähmen. Der Fluss selbst. Das wuchtig-grüne Landratsamt, dessen Tage ebenfalls gezählt sind. Der Merkelpark als sozialer Treffpunkt und die Villa Merkel. Der Wald, hoch zum Zollberg. Die alt-ehrwürdigen Villen in der Berkheimer Straße. Die B 10, die Schienen. Auch die unterschiedlichen Stadtteile Pliensauvorstadt, Zollberg, Innenstadt und Oberesslingen werden durch diesen Steg verknüpft. All das wird dahin sein, aber alles Wehklagen wird wenig helfen: Die Gemeinderäte sind offenkundig mehrheitlich für den Abriss. Warum? Der Grund ist profan. Abreißen ist billiger als Sanieren.

Doch vielleicht hat all das am Ende dann doch sein Gutes: Über einen Neubau wird bereits diskutiert. Der könnte dann barrierefrei geplant werden und alles wäre wieder gut und vielleicht sogar besser als zuvor.