Kurz vor der Bundestagswahl sollen Enkel ihre Großeltern in deren Wahlentscheidung beeinflussen. Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Die Idee, Enkel sollten den Großeltern in die Wahlentscheidung reinreden, ist abstrus, kommentiert StN-Titelautor Christian Milankovic.

Berlin - Es ist nicht so, dass man ausschließlich Erfreuliches in der Post findet. Rechnungen, nie angeforderte oder benötigte Angebote und was eben sonst noch so ins Haus flattert. Womöglich taucht in den kommenden Tagen auch noch ein Schreiben von der Enkelschar auf, was ja dem Grunde nach zunächst einmal erfreulich ist. Allerdings besteht aktuell die Gefahr, dass die Nachgeborenen mit einer unbotmäßigen Wortmeldung vorstellig werden. Im Internet lassen sich Briefe aus Versatzstücken zusammenbasteln, die etwas betagtere Wählerinnen und Wähler in ihrer Entscheidungsfindung beeinflussen sollen. Absender: die lieben Kleinen.

Instrumentalisierte Kinder

Die sogenannten Enkelbriefe, in denen dafür geworben wird, die Wahlentscheidung an Fragen des Klimaschutzes festzumachen, sind in mehrfacher Hinsicht eine Zumutung. Sie unterstellen zunächst, die Seniorinnen und Senioren seien nicht in der Lage, selbst eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen. Zudem schwingt der Vorwurf mit, aus den bisherigen Wahlergebnissen lasse sich ablesen, dass den Alten die Zukunft egal sei. Und: die Briefe instrumentalisieren Kinder. Wäre denen das Anliegen der erwachsenen Macher des Angebots derart wichtig, würden sie das in eigene Worte kleiden, statt auf Vorgestanztes zurückgreifen.

Wir bestimmen die Parlamente in freien Wahlen. Da hat niemand hinzureden. Wer Sympathie für die Aktion begründet, sollte sein Demokratieverständnis überprüfen.