Beim feurig-bunten Einmarsch in die mit gut 4500 Zuschauern besetzte EWS-Arena ist Firat Arslan (Zweiter von links) noch ebenso entschlossen wie siegessicher. Foto: Michael Steinert

Rund 4500 Besucher sorgen für einen stimmungsvollen und lautstarken Boxabend in der Göppinger EWS-Arena. Dass Firat Arslans Kampf gegen Sefer Seferi unentschieden endet, sorgt aber für Ernüchterung.

Göppingen - Über den stetigen Niedergang der Boxszene in Deutschland wird seit etlichen Jahren gesprochen. Zumindest in Göppingen ist diese Entwicklung – so es sie denn gibt – ganz offensichtlich noch nicht angekommen. Den Kampfabend in der EWS-Arena mit dem Duell zwischen dem Lokalmatador Firat Arslan und dem Albaner Sefer Seferi im Cruisergewicht als Höhepunkt verfolgten am vergangenen Samstag rund 4500 Zuschauer.

Zugegeben, die Promi-Dichte bei derartigen Veranstaltungen ist vor einigen Jahren noch deutlich größer gewesen. So musste als wohl schillerndste Figur der Chef des Porsche-Betriebsrats, Uwe Hück, die Fahne der berühmten Persönlichkeiten hochhalten. Der ehemalige Kickboxer klettert mit seinem Freund Firat Arslan am nächsten Wochenende in Istanbul zu einem Benefizfight selbst in den Ring – und vergaß daher nicht, umfassend Werbung für das Faustgefecht im Namen eines guten Zwecks zu machen.

Riesige Vorfreude und allgemeine Zuversicht

Gut drauf waren indes, zumindest bis das Unentschieden zwischen Arslan und Seferi bekannt gegeben wurde, die Besucher. Es wurde angefeuert und gefeiert, aber es gab keinen Stress zwischen den Fangruppen oder gar noch Schlimmeres. Spätestens beim Einmarsch der Protagonisten, der von hunderten in die Höhe gereckten Handys festgehalten wurde, zeigte sich deutlich, wie das Publikum zusammengesetzt war. Einzelne deutsche Fähnchen, einige albanische Flaggen und viele türkische Fahnen untermalten den Gang durch die klatschende Menge, spektakulär gepaart mit einer Licht- und Feuershow.

Ähnlich bei den Nationalhymnen: Beifall für die deutsche, Jubel nach der albanischen und ein stimmgewaltiger Orkan bei der türkischen. Die Vorfreude war riesig, und bis zum ersten Gong herrschte allgemeine Zuversicht. „Der Firat wird das schon machen und, wenn er denn die Chance bekommt, sich im nächsten Jahr mit 49 zum ältesten Weltmeister aller Zeiten küren“, prophezeite der Schorndorfer Michael Schwarz. Eine junge Frau aus Göppingen, die ein paar Reihen weiter vorne saß, sah die Sache schon vor dem Beginn der Auseinandersetzung etwas anders. „Irgendwann ist Schluss, dann sollte selbst ein solcher Athlet einsehen, dass es das war“, sagte sie.

Ein 13-Jähriger erweist sich als echter Experte

Als echter Experte erwies sich während des Kampfes der junge Emir, der mit seiner Mutter und seiner Schwester aus Augsburg angereist war, „weil ich Boxen und vor allem Firat Arslan toll finde“. Der 13-Jährige kommentierte nicht nur jede Szene engagiert, sondern entsprach mit seiner Einschätzung letztlich auch der Ansicht der Experten. Einem „Firat liegt vorne“ in Runde sechs folgte ein „Jetzt könnte es langsam knapp werden“ nach Runde zehn. Zum Schluss musste Emir einräumen, „dass das Unentschieden ein bisschen stimmt“. Gleichwohl glaubt er nicht an das Karriereende seines Idols: „Firat gibt nicht auf und hat immer noch die Chance auf einen großen Kampf.“

Arslan selbst wollte sich am frühen Sonntagmorgen, wie schon häufiger in der Vergangenheit, nicht konkret zu seinen weiteren Perspektiven äußern. Der Kampf gegen Sefer Seferi, der martialisch mit „Die Rache des Bruders“ überschrieben war, nachdem Nuri Seferi vor zwei Jahren gegen Arslan unterlegen war, hatte auch den 48 Jahre alten Donzdorfer nachdenklich gemacht. Er sprach von einer „genauen Analyse“ und „umfassenden Überlegungen“, bevor er eine endgültige Entscheidung treffen wolle. Zufrieden wirkte er allerdings nicht, und so muss bis auf weiteres offen bleiben, ob der Experte Emir Recht behält – und ob Göppingen einen ähnlichen Abend in absehbarer Zeit wieder erleben wird.