Simone Fezer mit einem ihrer Glaskunstwerke. Foto: Gottfried Stoppel

Die Künstlerin Simone Fezer aus Remshalden arbeitet mit Glas. Für ihr Schaffen ist sie jüngst in den USA mit dem Borowsky-Preis ausgezeichnet worden.

Stuttgart - Eigentlich ist es überall – Fensterscheiben, Gefäße, Glasfaserkabel – Glas umgibt uns täglich. „Wir blicken durch Glas auf die Welt. Und in den Glasfaserkabeln ist Glas ein Symbol für Vernetzung“, sagt Simone Fezer. Gleichzeitig sei dieser Werkstoff sehr fragil. Insofern könne Glaskunst vielleicht zu mehr Achtsamkeit verhelfen, könne das Bewusstsein schärfen für die Zerbrechlichkeit des Lebens, meint die 43-jährige Künstlerin aus Remshalden, die an einem grauen Novembertag in einer kleinen Pizzeria am Stuttgarter Weißenhof sitzt.

Auszeichnung aus Philadelphia

Durch die große Glasscheibe blickt man hinüber auf die Staatliche Akademie der Bildenden Künste. Eine kurze Mittagspause, dann kehrt Simone Fezer wieder zu ihren Studenten zurück: Die gebürtige Waiblingerin hat einen Lehrauftrag für Skulpturales Glas in Stuttgart. Vor wenigen Wochen erst hat sie sich mit Kunststudenten in Philadelphia ausgetauscht. Denn dort hat ihr die University of the Arts den renommierten Borowsky-Preis für Glaskunst verliehen. Mit ihm werden Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet, die mit ihrem Schaffen die zeitgenössische Glaskunst voranbringen, heißt es in einer Mitteilung der Universität.

„Einfach schön“, wenn auch viel zu kurz sei ihr Aufenthalt anlässlich der Preisverleihung in den USA gewesen, berichtet Fezer. Die Künstlerin begegnet gerne neuen Menschen – und stellt dabei immer wieder fest, dass es Vieles gibt, was alle verbindet. Frage man etwa Kunststudenten, welche Dinge sie beschäftigen, dann höre man überall ähnliche Antworten – ob in China, Deutschland oder den USA, erzählt Simone Fezer.

Wie ein Getriebener

Sie selbst beschäftige sich schon lange mit der Thematik eines nachhaltigen Lebens. „Das ist jetzt wieder aktueller geworden“, sagt die 43-Jährige. Gerade als Künstlerin, die großformatige Werke erschafft, für die sie dementsprechend viel Material braucht, müsse sie sich fragen: „Was bringt es, dass ich dafür Ressourcen verbrauche? Warum mache ich Kunst?“

Für sie bedeute Kunst, das ausdrücken zu können, was sie zutiefst im Innersten beschäftigt. Ein Zitat der Autorin Cornelia Funke passe gut dazu: „Manchmal müssen wir erst sehen, was wir fühlen, bevor wir es verstehen.“ Und dann sei da noch so etwas wie eine innere Notwendigkeit, die einen antreibe, erklärt Simone Fezer. „Wie ein Getriebener, der es nicht lassen kann. Es ist nicht rational, weil es generell unvernünftig ist“, sagt sie und lacht kurz. Und doch hofft sie, mit ihren Kunstwerken Dinge im Kleinen verändern zu können. Die Fragen, die die Kunst aufwerfe, sollen die Menschen zur Selbstreflexion ermutigen, sagt Simone Fezer.

Kunst entsteht vor Ort

Um möglichst nachhaltig zu arbeiten, versucht sie, so viel Recyclingmaterial wie möglich zu verwenden. Für Ausstellungen schickt sie ihre Werke nicht in umständlichen Transporten um die Welt, sondern erschafft die Installationen jeweils vor Ort, wo sie dann auch das größtenteils gebrauchte Material akquiriert. „Die Kratzer und Bearbeitungsspuren im Glas erzählen dann die Geschichte all dessen, was vorher schon passiert ist“, erklärt Fezer. Das gilt nicht nur in der Kunst: „Wir bauen alle unsere Leben aus Dingen zusammen, die andere schon gegeben haben.“

Simone Fezer ist über den Künstler Hans Gottfried von Stockhausen, der unter anderem zahlreiche Kirchenfenster, auch in der Region, gestaltet hat, zur Glaskunst gekommen. „Das hat mich total fasziniert“, erinnert sie sich. Fezer lernte am Bild-Werk Frauenau in Bayern und an Kunstschulen in den USA. „Ich kenne kein Material, das so vielfältig ist“, sagt sie über das Glas. Die Arbeit am Brennofen, der bis zu 1200 Grad Hitze entwickeln kann, sei sehr fordernd und intensiv. „Du kannst nicht abschweifen. Man muss dranbleiben, teils stundenlang“, erklärt sie. Gleichzeitig sei es ein sehr schönes Arbeiten, das bei größeren Projekten auch im Team stattfinde. „Man muss sich auf das Material einlassen, nicht dagegen kämpfen. Man muss sich einlassen auf das, was ist, und damit umgehen“, sagt Simone Fezer – und das gilt vermutlich nicht nur für die Glaskunst, sondern auch für das Leben.