Die Skyline von Kuala Lumpur – Unternehmen hoffen auf Wachstumsschub. Foto: Guhlich

Baden-württembergische Firmen wie Daimler, Kärcher oder Häfele, die sich in den Asean-Staaten niederlassen, leiden unter Rechtsunsicherheit und oft auch unter Korruption. Doch wer in dem aufstrebenden Markt nicht präsent ist, droht den Anschluss zu verpassen.

Baden-württembergische Firmen wie Daimler, Kärcher oder Häfele, die sich in den Asean-Staaten niederlassen, leiden unter Rechtsunsicherheit und oft auch unter Korruption. Doch wer in dem aufstrebenden Markt nicht präsent ist, droht den Anschluss zu verpassen.

Jakarta/Kuala Lumpur - Im Restaurant Sagar in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur ist es auch mittags düster. Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) trifft sich dort zu Gesprächen mit der malaysischen Opposition. Von draußen drückt die Hitze in die klimatisierten Räume. Je weniger Fenster, desto besser.

Schmid ist daran gewöhnt, dass die Menschen an entlegenen Orten der Welt die Maschinen aus Deutschland kennen und die Autos. Bei fast jedem Treffen auf seiner einwöchigen Delegationsreise in die Asean-Staaten hört er das Lob für deutsche Produkte, für die gute Qualität. Doch der 36-jährige Oppositionspolitiker Liew Chin Tong von der Democratic Action Party hat an diesem Mittag eine andere Frage. „Was ist eigentlich das Problem bei Stuttgart 21?“

Zwischen Kuala Lumpur und Stuttgart liegen 13 600 Kilometer – und eine Welt. Für die meisten der zehn südostasiatischen Asean-Staaten, zu denen auch Malaysia gehört, sind Großbauprojekte an der Tagesordnung.

Wer Kuala Lumpur für einige Wochen verlässt, sieht einen neuen Wolkenkratzer bei der Rückkehr. „Wir wollen so ein reiches Land werden wie Deutschland“, sagt der malaysische Industrie- und Handelsminister Dato Sri Mustapa bin Mohamed im Gespräch mit Nils Schmid. Und die Zahlen zeigen: Das Land arbeitet daran.

Maschinenbauer wollen die Märkte in der Asean-Region stärker bearbeiten

Würde man die Asean-Staaten Indonesien, Thailand, Malaysia, Vietnam, die Philippinen, Brunei Darussalam, Singapur, Laos, Kambodscha und Myanmar als ein Land betrachten, wären sie die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Über 600 Millionen Menschen leben dort. Auch weil immer mehr Handelshemmnisse abgebaut werden, wächst derzeit keine Wirtschaftsregion schneller als die Asean-Staaten.

„Wir müssen diesen Markt in Zukunft stärker bearbeiten“, sagt Dietrich Birk, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer in Baden-Württemberg, vor den Politikern, Unternehmern und Vertretern von Wirtschaftsverbänden, die mit Schmid vor Ort das Potenzial der Asean-Staaten für die baden-württembergische Wirtschaft prüfen. „Reisen in die Asean-Region müssen für uns zu einer regelmäßigen Übung werden.“ Zu groß ist die Gefahr, bei den aufstrebenden Märkten den Anschluss zu verlieren.

Bisher haben China und Japan durch Freihandelsabkommen einen wesentlich besseren Zugang zu der Wirtschaftsregion. Deutsche Firmen haben 2013 Waren im Wert von über 22 Milliarden Euro in die Asean-Staaten geliefert. Die baden-württembergischen Firmen verkaufen vor allem Maschinen und Autos dorthin. Neben Thailand und Singapur sind insbesondere Malaysia und Indonesien als Standorte für ausländische Investoren interessant. In Indonesien sind bereits über 300 Firmen aus Baden-Württemberg vertreten.

Die Unternehmen liebäugeln mit dem Inselstaat nicht nur, weil sie von dort den asiatischen Markt besser bedienen können – 2015 wollen die Asean-Staaten ein Freihandelsabkommen abschließen und Handelsbarrieren abschaffen. Das Land lockt auch mit seiner hohen Bevölkerungszahl, deren Kaufkraft und Konsumfreunde steigt. Mit 250 Millionen Einwohnern liegt Indonesien bei den bevölkerungsreichsten Staaten auf Platz vier. Aber es gibt noch viel zu tun.

Verkehrschaos auf den Straßen, brennende Müllberge, Kinder, die sich in schmutzigen Flüssen waschen. Die Fahrt zu dem indonesischen Daimler-Werk zeigt, dass das Land noch viel aufzuholen hat. „Vor allem die Infrastrukturbedingungen sind sehr bedenklich“, sagt Nils Schmid. „Man fragt sich: Wann startet Indonesien durch?“

Die ausländischen Firmen leiden unter der Rechtsunsicherheit in Indonesien und uneinheitlichen Industrienormen. So hat das indonesische Daimler-Werk derzeit Schwierigkeiten, an Reifen und Windschutzscheiben zu kommen. Das Interesse der indonesischen Regierung besteht eher darin, die indonesische Wirtschaft zu schützen, als den Freihandel zu stärken.

Baden-württembergische Firmen können nur mit Qualität punkten

Einen Wandel erhofft sich die Bevölkerung von den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 9. April und am 9. Juli. Der mögliche Präsidentschaftskandidat Joko Widodo gilt bei den Menschen als Obama Indonesiens, als Hoffnungsträger.

In Malaysia sind bisher 294 Firmen aus Baden-Württemberg vertreten. „Mit den allgemeinen Rahmenbedingungen sind wir hier zufrieden“, sagt Jörg-Michael Koch, Chef des malaysischen Standorts von Häfele, einem Möbelbeschläge-Hersteller aus Nagold, in Kuala Lumpur. Auch er beschäftigt sich mit den Vorbehalten, denen viele deutsche Unternehmen in den Asean-Staaten begegnen: Produkte aus Deutschland gelten zwar als gut, aber im Vergleich mit asiatischen Produzenten eben auch als teuer. In einem gesättigten Markt hoffen Firmen wie Häfele also auf den angekündigten Aufschwung in der Asean-Region und darauf, dass die Kunden dann anspruchsvoller werden und auf Qualität setzen.

Made in Germany gilt auch in den Asean-Staaten als Gütesiegel. Noch. Das wird der Wirtschaftsdelegation bei ihrer Reise klar: Egal ob Stuttgart 21 oder die Pannenserie beim Berliner Flughafen – wenn in Deutschland etwas nicht rund läuft, irritiert das die Menschen. Das Wahrzeichen von Kuala Lumpur – die Petronas Towers – sind übrigens früher fertig gebaut worden als geplant.