Samet Mutlu von Helfen statt Hamstern liefert bestellte Einkäufe in Sindelfingen ab. Foto: factum/Granville

Sowohl in Böblingen als auch in Sindelfingen gibt es eine Neuauflage der Nachbarschaftshilfe in Corona-Zeiten. Gesunde Freiwillige übernehmen Einkäufe und Botengänge für Angehörige von Risikogruppen.

Böblingen/Sindelfingen - Der November ist sowieso schon ein schlimmer Monat. Und jetzt kommt auch noch der partielle Corona-Lockdown – das drückt den Leuten aufs Gemüt“, sagt Florian Wahl. Aber er und seine Mitstreiter vom Bündnis „Buntes Böblingen – Böblingen hilft“ wollen sich davon nicht unterkriegen lassen. Ihre Hilfsaktion für Risikogruppen, die bereits im Frühjahr während des ersten Teil-Lockdowns gut lief, wird wieder aufgenommen. Abgeschaltet sei die Hotline sowieso nie gewesen, sagt Wahl. Aber nur sehr wenige Hilfeanrufe wären in den vergangenen Monaten eingegangen.

„Vor zwei Wochen haben wir dann vom Stand-by-Modus wieder voll aufgeschaltet“, berichte Wahl. Am Sonntag habe es für alle interessierten Helfer eine Videokonferenz gegeben. „Etwas mehr als 20 Leute waren dabei“, sagt Wahl und betont: „Wir brauchen noch mehr Freiwillige.“

Die Hotline in Böblingen ist auch sonntags besetzt

Gefragt sind Menschen, die für Senioren oder Kranke, die sich wegen Corona nicht nach draußen trauen, einkaufen gehen, die Rezepte vom Arzt abholen oder Medikamente von der Apotheke zu Leuten nach Hause bringen. Oder auch Menschen, die bereit sind, andere Dienstleistungen zu übernehmen. „Im Frühjahr haben wir zum Beispiel auch Gartenarbeiten gemacht. Das fällt im Herbst aber eher weg“, berichtet Wahl. Personen, die selbst zur Risikogruppe gehören, sich aber trotzdem engagieren möchten, können Telefondienste übernehmen. Denn die Hotline, die täglich von 9 bis 19 Uhr geschaltet ist, muss die ganze Zeit erreichbar sein. Dort melden sich die Hilfesuchenden. Die Aufgabe des Telefondienstes ist es, Freiwillige zu vermitteln, die Zeit haben und möglichst in der Nähe wohnen.

Organisiert wird das Hilfsprogramm von Kommunalpolitikern unterschiedlichster Couleur. So gehören neben dem SPD-Stadtrat Florian Wahl auch die Grünen-Mitglieder Hannah Behm, Manuel Zimmerer und Markus Helms dazu. „Es machen aber auch Mitglieder anderer Parteien wie der CDU mit und viele Bürger, die nicht politisch aktiv sind, sich einfach engagieren möchten“, betont Wahl.

400 Freiwillige gibt es in Sindelfingen

Auch in Sindelfingen gibt es eine ähnliche Aktion. „Helfen statt Hamstern“ nennt sie sich. Auch hier waren junge Kommunalpolitiker wie Samet Mutlu (SPD) und der FDP-Stadtrat Max Reinhardt die Initiatoren. Doch die Mitmacher reichen weit in die unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung hinein. „Wir haben mehr als 400 Freiwillige auf unserer Liste“, berichtet Mutlu vom Vorstand.

„Viele Helfer sind im Frühjahr nicht zum Zug gekommen, weil gar nicht so viele Freiwillige gebraucht wurden“, sagt Mutlu. „Wir hoffen, dass sie trotzdem dabei bleiben. Die Zentrale der Helfen-statt-Hamstern-Aktion wurde in der Kinderfilmakademie Sim TV eingerichtet. Von dort aus koordinieren die Ehrenamtlichen ihr Angebot. Zentrale Anlaufstelle für Hilfesuchende ist auch in Sindelfingen eine Hotline, die aktuell täglich von 10 bis 15 Uhr besetzt ist. Bei steigendem Bedarf könne das aber auch ausgeweitet werden, sagt Mutlu. Zusätzlich kann man die Helfer auch noch über andere Kanäle erreichen – zum Beispiel über Formulare, die in die Briefkästen gesteckt wurden. Mittlerweile gebe es eingespielte Helfer-Hilfsbedürftigen-Teams, die seit dem Frühjahr Kontakt hielten, sagt Mutlu. Aktuell erledige man etwa zehn Einkäufe oder andere Besorgungen am Tag. Für die kommenden Wochen rechnet er mit einer steigenden Nachfrage. „Vielen Senioren ist mittlerweile die Gefährlichkeit des Virus bewusst und bei steigenden Infiziertenzahlen bleiben sie lieber zuhause.“ Immer wieder überlegen sich die Sindelfinger Helfer auch besondere Aktionen: Mal spendeten sie Pizza an das Klinikpersonal, mal gab es Notfallverpflegung für Trucker, als die Raststätten geschlossen waren.

So können Sie Kontakt knüpfen:

Böblingen
Die Hotline für alle, die Hilfe anfordern möchten, ist unter der Telefonnummer 0 70 31/ 30 47 47 80 zu erreichen. Die Mitarbeiter sind montags bis sonntags von 9 bis 19 Uhr in wechselnden Schichten am Telefon. Freiwillige, die mitmachen möchten, können sich über die Website unter www.boeblingen-hilft.de anmelden.

Sindelfingen
In der Nachbarstadt kann man unter der Nummer 0 70 31/ 30 47 47 70 den Wunsch nach Unterstützung anmelden. Aktuell ist die Hotline montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr besetzt. Rund um die Uhr kann man sein Hilfegesuch über die Website www.helfen-statt-hamstern.de eingeben.