Siyabend Alhan tagt mit seinen Ratskollegen vier Mal jährlich im großen Sitzungssaal. Bald will er wohl aufhören. Foto: factum/Granville

Vier von 20 gewählten Vertretern gehören dem Gremium nicht mehr an. Der Jugendreferent Frank Kienzler rät dazu, über neue Konzepte bei der Jugendbeteiligung nachzudenken. Dennoch will er für die im nächsten anstehenden Wahlen zum Jugendgemeinderat die Werbetrommel rühren.

Böblingen - Ob noch einmal ein Jugendgemeinderat in Böblingen zustande kommt, ist ungewiss. Anfang nächsten Jahres soll wieder gewählt werden. Doch ob es wie vor eineinhalb Jahren für die Besetzung der Wahlliste mit 20 Kandidaten reicht, steht erneut in Frage. Vier der Plätze sind ohnehin nicht mehr

belegt, Nachrücker gibt es keine. Dennoch möchte der Jugendreferent Frank Kienzler in den Schulen für das Ratsgremium werben. Er fragt sich jedoch, ob manche Beteiligungsformen zeitgemäßer sind: „Für ein Jugendforum haben wir ruckzuck 50 Jugendliche zusammen bekommen.“

Wie wohl einige andere im Jugendgemeinderat auch, wird Siyabend Alhan nächstes Jahr voraussichtlich nicht mehr antreten. „Ich kandidiere wohl nicht mehr“, sagt der 18-Jährige, für den es nun die zweite Legislaturperiode ist. Er hat soeben die Abiturprüfung abgelegt und möchte ein Studium beginnen. Vielleicht wird er aus Böblingen wegziehen, wie andere auch, die aus dem Gremium deshalb seit der vergangenen Wahl schon ausgeschieden sind.

21 Kandidaten hatte es bei der vorigen Wahl gegeben, einer zog sich wieder zurück. Für die 20 Mandate reichte es gerade eben so. Vier der 20 Plätze in dem Jugendgremium sind zurzeit nicht besetzt. „Die einen sind umgezogen“, berichtet Alhan, ein Mitglied habe einfach keine Zeit mehr gehabt. Ein anderer sei „rausgeflogen“, weil er nicht mehr zu den Sitzungen erschienen sei. Der Kollege habe vier Mal hintereinander gefehlt und „familiäre Probleme vorgeschoben“. Jede zweite Woche treffe man sich zu einer nicht öffentlichen Sitzung, vier Mal im Jahr tage der Jugendgemeinderat öffentlich. Bisweilen haben die Jugendlichen, so ist zu hören, zwischen Schule, den Aktivitäten in einem Verein und in der Freizeit einfach nicht mehr genügend Zeit, um sich während einer Legislaturperiode von zwei Jahren auch noch im Jugendgemeinderat zu engagieren.

Nichtsdestotrotz will Frank Kienzler für die Wahl im nächsten Frühjahr wieder die Werbetrommel für den Jugendgemeinderat rühren. Allerdings sei es in Anbetracht der zahlreichen Aufgaben, die er als Jugendreferent der Stadt habe, zum Beispiel kaum möglich, sämtliche rund hundert Klassen in den vier Böblinger Gymnasien zu besuchen, in den beiden Werkrealschulen, den zwei Realschulen und auch noch in der Freien Waldorfschule. Dort sollen Kandidaten für den Urnengang gewonnen werden. Eine Möglichkeit wäre für ihn, an den Schulen jeweils einen Lehrer als Ansprechpartner zu finden, der das Thema Jugendgemeinderat und die Mitsprachemöglichen bei den Schülern ins Bewusstsein rückt.

Sven Reisch (Grüne) wünscht sich ein mutiges Gremium

„Wir sollten das Thema Partizipation unter den Jugendlichen aufwerten – auch in der Verwaltung und im Gemeinderat“, betonte Sven Reisch von der Fraktion der Grünen jüngst in einer Verwaltungs- von Kulturausschusssitzung. Wünschenswert sei ein Gremium, „das mutig, laut und frech ist“. Und etwas überpointiert fügte er hinzu: „Ich erwarte mehr Krawall vom Jugendgemeinderat.“

Hin und wieder bringen die gewählten Jugendvertreter ihre Anliegen im Gremium der Erwachsenen vor und machen von ihrem Rede- und Antragsrecht Gebrauch. Siyabend Alhan überbrachte in der Sitzung kürzlich Handlungsempfehlungen für den Böblinger Jugendplan, in dem sämtliche Aktivitäten und Akteure festgehalten werden. Als erstes nannte er den Wunsch der Jugendlichen nach öffentlichen Plätzen, „auf denen sie unter sich sein können, ohne direkte Anwohner“, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Sitzgelegenheiten wären nicht schlecht, eventuell auch eine Überdachung und eine Grillmöglichkeit. Außerdem schlägt er eine Befragung von Jugendlichen vor, „weil es keine aktuellen Informationen über deren Situation in Böblingen gibt“. Darüber hinaus könne ein Kinder- und Jugendstadtplan aufzeigen, welche Angebote es in der Stadt bereits gebe. Er könne eine Orientierungshilfe sein für neu Zugezogene und „auch für Flüchtlinge könne er eine wichtige Rolle im Böblinger Alltag spielen“.

„Die Jugendlichen“, sagt Kienzler, „haben gute Ideen.“ Das Potenzial, etwas zu bewegen, sei durchaus vorhanden.