Wegen neuer OP-Methoden gibt es weniger Nachfrage nach Blutspenden Foto: dpa

Der Bedarf an Blutkonserven geht in den Kliniken zurück. Der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes reagiert und setzt aus Kostengründen kleinere Blutspendetermine aus

Stuttgart - Blut, immer mehr Blut, das war lange der Appell der deutschen Blutspendedienste. Damit scheint jetzt Schluss zu sein. Zumindest vorerst. Denn seit gut einem Jahr ist der Bedarf an Blutkonserven in den Krankenhäusern im Südwesten zurückgegangen. „60 Jahre lang ging er ständig nach oben“, sagt Stefanie Fritzsche, Sprecherin des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Baden-Württemberg/Hessen. „Jetzt haben wir erstmals eine rückläufige Tendenz.“

Waren es in den vergangenen Jahren etwa 15 000 Blutkonserven à 500 Milliliter, die Krankenhäuser in Baden-Württemberg und Hessen wöchentlich anforderten, werden laut DRK derzeit nur noch knapp 13 000 pro Woche verbraucht. Ein Grund für die sinkende Nachfrage liegt in neuen Operationsmethoden, die es Kliniken ermöglichen, beim Einsatz von Fremdblut zu sparen. Beim sogenannten Cell-Safer-Verfahren wird das vom Patienten verlorene Blut aufgefangen, wiederaufbereitet und kann somit zeitnah zurückgeführt werden. Auch minimalinvasive Eingriffe (Schlüsselloch-Operationen) mit winzigen Schnitten sorgen mittlerweile dafür, dass weniger Bluttransfusionen benötigt werden.

Auf die inneren Strukturen des Blutspendedienstes hat der aktuelle Bedarfsrückgang bereits Auswirkungen. Wöchentlich 2000 weniger verkaufte Blutkonserven erhöhen den wirtschaftlichen Druck auf die gemeinnützige GmbH. Der Spendedienst will deswegen Ende des Jahres eine von drei Produktionsabteilungen für Blutkonserven in Baden-Württemberg und Hessen schließen. Bislang waren Institute in Ulm, Frankfurt am Main und Baden-Baden für die Weiterverarbeitung der Vollblutspenden zuständig. Jetzt steht der Standort Baden-Baden mit seinen 23 Mitarbeitern vor dem Aus.

Manche Spender werden im Nachbarort zur Ader gelassen

Auch einzelne Spender sind von den neuen Kostenkalkulationen betroffen. Über 2800 mobile Blutspendetermine bot das DRK 2014 in Baden-Württemberg an. In diesem Jahr sollen es 150 Termine weniger werden. „An manchen Orten setzen wir aus“, kündigt Stefanie Fritzsche an. „Das betrifft aber nur kleinere Termine an Orten, in denen nicht so viele Stammspender vorhanden sind.“ Wo sich im Schnitt regelmäßig nur 30 bis 40 Freiwillige finden lassen, könnten Spender also demnächst nur noch einmal im Jahr oder im Nachbarort zum Aderlass gebeten werden.

Zum finanziellen Aspekt kommt ein moralischer hinzu: „Zu viel Blut wollen wir ja auch nicht haben“, sagt Fritzsche. „Schließlich wollen wir keine Konserven wegwerfen.“ Gekühlt haben diese eine Haltbarkeit von maximal 42 Tagen.

Der Großraum Stuttgart ist von den internen Umstrukturierungen beim Blutspendedienst derzeit kaum betroffen. „Bei uns werden die Termine nicht zurückgefahren“, sagt Daniel Schnell vom DRK-Blutspendedienst Stuttgart/Esslingen. Bettina Götz-Raißle von der DRK-Sektion Vaihingen berichtet, dass die Spendeaktionen im Stuttgarter Stadtteil in diesem Jahr trotz nachlassender Nachfrage der Kliniken sogar mehr geworden seien. „Das ist schwer zu erklären, aber gerade an Feiertagen oder in der Ferienzeit fehlen uns Blutspender ohne Ende“, sagt Götz-Raißle.

„Nach wie vor zählt jede Spende!“

Den Eindruck, Blutspender könnten künftig weniger gebraucht werden, möchte der Spendedienst nicht aufkommen lassen. „Nach wie vor zählt jede Spende“, betont Stefanie Fritzsche. „Noch immer ist die Zahl der Spenden, die wir jeden Tag brauchen, sehr hoch. Und die aktuelle Tendenz kann sich schnell wieder ändern.“ Besonders gefragt sei nach wie vor die Blutgruppe 0 Rhesus negativ. Denn im Notfall kann diese allen Empfängern übertragen werden.

Die Blutspendezentrale des Stuttgarter Katharinenhospitals schreibt derzeit wieder Blutspender an. Dabei handle es sich lediglich um „regelmäßig verschickte Erinnerungsschreiben“ an Stammspender, sagt Frank Westbomke, Sprecher des Klinikums Stuttgart. Diese Schreiben stünden in keinem Bezug zu einem derzeitigen Blutkonserven-Engpass. Zurzeit gebe es keinen erhöhten Bedarf. Alles sei im grünen Bereich, so Westbomke.