In Berlin hat sich eine Bitcoin-Kneipe angesiedelt. Foto: dpa

Nach ihrem kometenhaften Aufstieg befindet sich die Digitalwährung Bitcoin im freien Fall. Ihr Wert ist von 20 000 Dollar im Dezember 2017 auf rund 4000 Dollar abgestürzt. Wir erläutern die Hintergründe.

Frankfurt - Am Anfang waren die Bitcoins. Mittlerweile gibt es mehr als 2000 alternative Krypto-Währungen, die allesamt eine Technologie nutzen. Doch wie sieht – nach dem massiven Kursrutsch – die Zukunft der Bitcoins aus? In einem sind sich Experten einig: die Technologie dürfte überleben.

Was ist ein Bitcoin?

Der Bitcoin wurde vor zehn Jahren für Zahlungen über das Internet geschaffen, die ohne Einschaltung von Banken direkt vom Sender zum Empfänger fließen. Möglich macht dies eine über viele Computer verteilte dezentrale Datenbank, genannt Blockchain. Jede Transaktion, die über das Computernetzwerk versandt wird, wird auf allen beteiligten Rechnern gespeichert. Dadurch sollen Manipulationen verhindert werden. Bitcoin ist die Recheneinheit für Zahlungen über dieses System. Praktisch handelt es sich nur um eine Abfolge von Ziffern, die mit einer Adresse im Bitcoin-Netzwerk verknüpft ist. Erschaffen werden Bitcoins durch die Lösung komplizierter mathematischer Probleme, heutzutage sind dafür Hochleistungsrechner notwendig. Das System ist so ausgelegt, dass maximal 21 Millionen Bitcoins erzeugt werden können. Gehandelt werden sie über Online-Börsen, die auch für technische Laien leicht zu nutzen sind.

Wie verhält es sich mit anderen Krypto-Währungen?

Auf Basis des Blockchain-Konzepts sind mittlerweile über 2000 Alternativen zum Bitcoin entstanden. Sie werden Krypto-Währungen genannt, weil Transaktionen durch kryptographische Verfahren – das sind spezielle Computer-Algorithmen – verschlüsselt werden. Gemein ist allen Krypto-Währungen, dass sie als Recheneinheit für ihre jeweilige Blockchain konzipiert wurden. Einige dieser neuen Systeme wurden aufgesetzt, um Probleme der Bitcoin-Blockchain - wie lange Transaktionszeiten – zu überwinden. Andere sind keine reinen Bezahlsysteme, sondern sollen die Abwicklung ganzer Geschäftsprozesse ermöglichen.

Warum wurden Bitcoin zum Spekulationsobjekt?

Die Vision einer Währung, die ohne Banken funktioniert und auch nicht in beliebiger Menge in Umlauf gebracht werden kann, eroberte sich nach der Finanzkrise schnell eine Fangemeinde – nicht zuletzt auch bei Kriminellen: Weil sich Bitcoin-Zahlungen nur schwer nachverfolgen lassen, werden die virtuellen Münzen zum Beispiel für den Kauf von Waffen oder Drogen auf Online-Handelsplätzen im sogenannten Darknet verwendet. Attraktiv ist die Digitalwährung aber auch für Menschen in Ländern wie China, die ihr Geld wegen scharfer Kapitalverkehrskontrollen nicht ohne Weiteres im Ausland investieren können. Auch das trieb die Nachfrage und den Kurs der Krypto-Devise. Richtig an Fahrt gewann die Rally dann 2017 mit der Diskussion über die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie, die auch in die Entwicklungsabteilungen vieler Unternehmen einzog. Je stärker die damit verbundenen Hoffnungen die Kurse von Bitcoin & Co anheizten, desto mehr Anleger sprangen auf den Zug auf.

Warum dann die Kehrtwende?

„Es ging einfach unverhältnismäßig schnell nach oben“, meint Professor Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Centre an der Frankfurt School of Finance. Irgendwann habe sich Ernüchterung breitgemacht, „weil die Visionen, die entworfen wurden, bislang nicht verwirklicht sind“. Als Zahlungsmittel würden Krypto-Währungen bislang kaum genutzt, auch die Blockchain-Projekte der meisten Unternehmen steckten noch „im Prototyp-Stadium“. Nach Sandners Einschätzung ist das auch völlig normal – die Erwartungen seien eben überzogen gewesen. Von einer „Blase“ spricht auch Christoph Bergmann. Er bloggt seit Jahren über Krypto-Währungen und hat dazu ein Buch veröffentlicht: „Bitcoin. Die verrückte Geschichte vom Aufstieg eines neuen Geldes.“ Auf einem Preisniveau von 20 000 Dollar hätten einfach viele Investoren verkauft, um ihre Gewinne zu sichern, glaubt Bergmann. Zumal damals auch vermehrt Warnungen von Behörden wie der deutschen Finanzaufsicht Bafin laut wurden, die Bitcoin-Anleger auf das Risiko eines „Totalverlusts“ hinwies.

Was hat den Kursrutsch beschleunigt?

Hier spielen wohl mehrere Faktoren eine Rolle. So wurde im Januar bekannt, dass China die Produktion von Bitcoins behindern wolle. Die virtuellen Münzen werden – wie beschrieben - den Betreibern von Hochleistungsrechnern dafür gutgeschrieben, dass sie komplexe mathematische Probleme lösen und dadurch Transaktionen im Bitcoin-Netzwerk verifizieren. Weil dieses so genannte Mining (Schürfen) sehr viel Strom frisst, befinden sich die größten Serverparks in China, wo Elektrizität billig ist. Daran hat sich bis heute nichts geändert, offenbar griffen die Behörden weniger hart durch als von Anlegern befürchtet. Zu schaffen machen den Bitcoin-Minern aber die Preisschwankungen selbst: Während der Rally hatten sie riesige Kapazitäten aufgebaut, deren Unterhalt nun wegen des schwindenden Werts der geschürften Münzen nicht mehr zu finanzieren ist. Einige Firmen, meint Experte Bergmann, hätten deshalb wohl große Mengen an Bitcoin auf den Markt geworfen und damit den Kursrutsch verschärft.

Ist das der Anfang vom Ende?

Blogger Christoph Bergmann hofft, dass sich der Kurs stabilisiert, „weil das die Nutzung von Bitcoin als Zahlungsmittel befördern würde“. Skeptischer zeigt sich Jörn Quitzau, der den Krypto-Markt für die Berenberg-Bank beobachtet. Die zunächst für den Bitcoin erfundene Blockchain-Technologie werde sich wohl durchsetzen, meint er – „ob aber als Basis für ein neues Geldsystem, ist die große Frage.“ Aus seiner Sicht widerspricht die Vielzahl an Krypto-Währungen „der ursprünglichem Vision einer wertstabilen Alternative zum herkömmlichen Geld.“ Blockchain-Experte Sandner hingegen ist zuversichtlich:„Es gibt immer mehr Menschen, die sich mit Krypto-Währungen und Blockchain befassen – nicht nur individuelle Entwickler, sondern auch Unternehmen und Zentralbanken. Irgendwann werden anwendbare Produkte auf den Markt kommen.“