Mehr als 9000 Frauen und Männer studieren an der Universität Hohenheim. Foto: dpa/Sina Schuldt

Baden-Württemberg ist stolz auf seine Hochschulen. Doch wenn es um deren finanzielle Ausstattung geht, knausere das Land, sagen Hochschulvertreter und Studenten. Die zuständige Ministerin widerspricht.

Stuttgart - Innovationen, Digitalisierung, Bildung: Wenn es um solche Themen geht, überbieten sich Politiker auch im Südwesten mit Ankündigungen. Baden-Württemberg versteht sich schließlich als Land der Tüftler und Denker. Die, die forschen, lehren und entwickeln sollen, sehen die Dinge nüchterner - und klagen darüber, dass die Hochschulen nicht genug Geld bekämen. Zugleich befürchten Hochschulvertreter und Studenten, dass sich daran nicht viel ändern wird, wenn es bei den bisherigen Finanzplanungen bleibt.

Worum geht es?

An den staatlichen Hochschulen im Südwesten studieren rund 330 000 Studenten. Die Hochschulen bekommen Geld vom Land. Geregelt wird das im Hochschulfinanzierungsvertrag. Der derzeitige Vertrag gilt seit 2015 und läuft Ende 2020 aus. Die Grundfinanzierung beläuft sich derzeit auf drei Milliarden Euro im Jahr. Das ist das Geld, das den Hochschulen verlässlich vom Land Baden-Württemberg zufließt. Jetzt geht es um einen neuen Vertrag von 2021 bis einschließlich 2025.

Was waren die Forderungen der Hochschulen?

Die Hochschulen halten sich für unterfinanziert und forderten Ende August öffentlich deutlich mehr Geld. Andernfalls seien Lehre, Forschung und letztlich Studienplätze gefährdet. Sie verwiesen etwa auf stark gestiegene Studentenzahlen in den vergangenen 20 Jahren.

Was bietet nun das Land?

Das Land bietet den Hochschulen für die Laufzeit des neuen Vertrags zusätzlich mehr als 1,8 Milliarden Euro. Das ist rechnerisch gesehen ein Plus von rund 360 Millionen Euro im Jahr. Dazu kommen jedes Jahr 285 Millionen Euro, die bislang nur befristet gezahlt wurden und die künftig sicher jährlich fließen sollen. Der neue Haushalt des Landes für 2020/21 soll am 18. Dezember im Landtag beschlossen werden. Die grün-schwarze Landesregierung verwies wiederholt darauf, dass die finanziellen Mittel knapp seien. Denn das Land darf vom Jahr 2020 an grundsätzlich keine neuen Schulden mehr aufnehmen.  

Was sagen Studentenvertreter zu diesen Planungen?

Der Sprecher der Landesastenkonferenzen, Andreas Bauer, befürchtet, dass das Geld nicht reichen werde, um einen Abbau von Studienplätzen zu verhindern. Er klagt über alte Technik in den Hörsälen, schlecht bezahlte Nachwuchswissenschaftler und marode Hochschulgebäude ohne flächendeckendes WLAN. Bauer wünscht sich vor allem von den Grünen mehr Einsatz für die Hochschulen. Immerhin gehörten Studenten zu deren Stammwählern. Was Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) in den Haushaltsverhandlungen für die Hochschulen angemeldet habe, sei zu wenig gewesen. Die Studenten sammeln Unterschriften für eine Petition an den Landtag, um Druck auf die Politik zu machen.

Wie bewerten die Hochschulen die Lage?

Der Geschäftsführer der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg, Benjamin Peschke, sagt, nach allem, was man wisse, bleibe die Finanzierung zu niedrig. Das Geld reiche dann nur, um auf dem bisherigen Niveau weiterarbeiten zu können. „Uns fehlt schon ein klares Signal zur Prioritätensetzung in Richtung Bildung und Innovation“, sagt er zu den Finanzplanungen des Landes. Der Landesvorsitzende der Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, Bastian Kaiser, sagt, es gehe um mehr als um den Betrag 1,8 Milliarden Euro. „Was steckt da konkret drin? Wer soll was wann kriegen?“ Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, Bernhard Eitel, hält sich mit Kritik zurück, verweist aber auch darauf, dass viele Details noch unklar seien.

Was sagt die Wissenschaftsministerin dazu?

Bauers Ministerium erinnert daran, dass der alte Vertrag von 2015 bis 2020 ein Volumen von 1,1 Milliarden Euro hatte - rund 183 Millionen Euro im Jahr. Der jetzt geplante Aufwuchs sei somit deutlich höher. „Mit dem neuen Vertrag werden nicht alle Finanzierungsprobleme der Hochschulen gelöst“, räumte Ministerin Bauer ein. „Aber es wird ein großer, wichtiger Schritt nach vorne gemacht, der bundesweit seinesgleichen sucht.“

Wie geht es jetzt weiter?

Im nächsten Jahr soll der neue Vertrag unterzeichnet werden. Kaiser sagt: „Wir verhandeln mit dem Land und hoffen, dass jetzt noch nicht das Ende ist.“ Vielleicht, so sagt er, gebe es für die Zeit nach dem jetzt anstehenden Doppeletat des Landes noch Spielräume, um Geld nachzuschießen. Das Ministerium erklärt, dass es noch Finanzspritzen für Hochschulen unabhängig von der Grundfinanzierung geben könne - beispielsweise für den Ausbau von Medizinstudienplätzen.