Die Fahne vor Gerlingens Volkshochschule ist nicht zu übersehen. Foto: factum/Simon Granville

Die beiden Bildungseinrichtungen in Korntal-Münchingen und Gerlingen fahren dieses Semester hohe Verluste ein. Mittlerweile haben sie ihren Betrieb wieder aufgenommen, doch die Umsetzung der Kurse stellt sie vor große Herausforderungen.

Korntal-Münchingen/Gerlingen - Die Corona-Krise trifft die Volkshochschulen im Strohgäu hart. „Die finanzielle Lage ist sehr angespannt, dadurch dass uns fast die ganzen Einnahmen eines Semesters fehlen“, sagt der Gerlinger Leiter Markus Fink. Er spricht von „auf jeden Fall circa 180 000 Euro weniger Einnahmen“. Viele Teilnehmer verzichteten darauf, die Kursgebühren zurückgezahlt zu bekommen. „Das hilft uns, da wir an die Grenzen unserer Liquidität kommen“, sagt Markus Fink.

Ähnliches berichtet Cornelie Class-Hähnel aus Korntal-Münchingen. „Da das Semester im Grunde kurz nach Beginn beendet war, und Nachholtermine nicht oder kaum möglich sind, geht fast der gesamte Semesterumsatz von geschätzt 130 000 Euro verloren“, sagt sie. Weil die VHS die Personal- (2019 rund 200 000 Euro) und laufenden Kosten größtenteils über den Umsatz finanziere, müsse sie auf die Rücklagen zurückgreifen. „Dankbar sind wir, dass viele Teilnehmer auf die anteilige Rückerstattung verzichtet haben“, sagt Class-Hähnel. Rund 20 000 Euro an Spenden seien zusammengekommen. Das Geld helfe der VHS in der Sommerzeit, in der sie die Kurse mit einer Belegung von unter 50 Prozent realisiere, den Kursbetrieb auf dem gewohnten Niveau weiterzuführen. Zugleich erhöhte die Stadt ihren Zuschuss um 5000 auf 92 300 Euro und unterstützt die VHS, indem sie Kursräume bereitstellt. Hinzu kommt die Soforthilfe des Bundes von 9000 Euro. „Der Antrag beim Landkreis wird derzeit gestellt.“

Wohin mit all den Kursen?

Mittlerweile haben die Volkshochschulen den Betrieb wieder aufgenommen. In Korntal-Münchingen begann am Montag das Sommerprogramm, Gerlingen will ein solches im Juli veröffentlichen. Doch gelöst sind die Probleme damit längst nicht. „Die jetzt möglichen Angebote werden die Einbußen nicht ausgleichen können“, sagt Cornelie Class-Hähnel: Der Deckungsbeitrag der Kurse durch die geringen Teilnehmerzahlen sei extrem niedrig. „Da wir nur Webinare und Kleingruppenangebote machen können, die praktisch keinen Deckungsbeitrag erwirtschaften, werden damit auch keine nennenswerten Einbußen ausgeglichen“, sagt auch Markus Fink. Von den geplanten Veranstaltungen seien rund drei Prozent möglich.

Denn vor allem fehlt Gerlingens VHS der nun nötige Platz. „Wir haben nur wenige eigene Räume, die groß genug sind, um die Hygieneregeln einzuhalten“, sagt Fink. Ein großer Teil der Veranstaltungen sei normalerweise in den Räumen der Schulen. Die sind für außerschulische Aktivitäten aber noch geschlossen.

Der Platzmangel – die Nutzung von Veranstaltungsorten ist bislang ebenfalls tabu – bremst auch Class-Hähnel aus. Sie brachte die Kurse „so gut es ging“ in der Alten Lateinschule unter. Bei Bedarf stünden die Räume der Musikschule offen. „Kurse wie Zumba und Orientalischer Tanz sind wegen der geforderten Raumgröße nicht umsetzbar“, sagt die VHS-Chefin: Jedem Teilnehmer müssten 40 Quadratmeter zur Verfügung stehen.

Nicht alle Angebote werden gut angenommen

Der erhoffte Ansturm auf die Kurse bleibt noch aus. Class-Hähnel nennt die Zahl der Anmeldungen für die Fitness- und Entspannungskurse „okay“. Bei den anderen Angeboten sei die Zurückhaltung aber deutlich zu spüren. Es lägen wenige Anmeldungen für Stadtspaziergänge, Ausflüge, Kurse für Kinder und Vortragsangebote vor. „Vermutlich gibt es noch Unsicherheiten, ob der Sommerurlaub stattfinden kann“, sagt Class-Hähnel. Sie ist davon überzeugt, dass die Angebote im Juli und August kurzfristig gebucht werden. „Insgesamt waren die Teilnehmer und Dozenten sehr verständnisvoll, obwohl die oft sehr kurzfristigen und scheibchenweisen Änderungen nach außen hin sehr schwierig zu vermitteln waren und die Ungeduld in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen hat.“

Auch wenn die Volkshochschulen ihren Teilnehmern Online-Angebote machten und machen: Das Mittel der Wahl sind Präsenzkurse. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Teilnehmenden gerne Online-Angebote bei ‚ihrer’ Kursleitung wahrnehmen, weil sie sie und ihre Kursgruppe vermissen. Allerdings freuen sich alle fast ausnahmslos wieder auf den normalen Präsenzbetrieb“, sagt Markus Fink. Komplett neue Online-Angebote seien auch während des Shutdowns nur zögerlich angenommen worden.

Aktuell noch vier Online-Kurse

Korntal-Münchingen bot Online-Kurse in den Bereichen Vortrag, EDV, Prüfungsvorbereitung und Fitness an. Aktuell sind es noch vier Kurse. „Da wir bisher nur in beruflicher Weiterbildung Angebote hatten, ist das für die VHS ein großer Schritt“, sagt Class-Hähnel. Im neuen Semester gebe es in einigen Fachbereichen Webinare, einige Kursleiter seien darauf vorbereitet, gegebenenfalls von Präsenz auf Digital umzustellen. „Auf die Resonanz auf die Webinare sind wir gespannt.“