Die Patientenfürsprecher haben eine gemischte Bilanz vorgelegt.Laut der Patientenfürsprecher gibt es noch „offene Baustellen“. Foto: © C) Gottfried Stoppel

Die Patientenfürsprecher an den Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf sehen in der Überlastung des Personals einen Hauptgrund für Patientenklagen.

Winnenden - Ein Patient wird abends ins Winnender Krankenhaus eingeliefert – und liegt dann sieben Stunden in der Notaufnahme, ohne dass eine Menschenseele mit ihm spricht oder sich um ihn kümmert. Ein anderer Patient wird nach einem stationären Aufenthalt trotz Widerspruch seinerseits anstatt nach Hause in ein Pflegeheim verfrachtet. Zwei besonders krasse Beschwerdefälle, die im vergangenen Jahr bei den vier ehrenamtlichen Patientenfürsprechern der Rems-Murr-Kliniken auf dem Schreibtisch gelandet sind und von denen der Patientenfürsprecher Paul Hug im jährlichen Tätigkeitsbericht vor dem Sozialausschuss des Kreistags berichtet hat.

Quote ist statistisch gesehen gering

2018 war ein Jahr, in dem sowohl die Patientenfürsprecher als auch das klinikinterne Beschwerdemanagement einen Anstieg der Fälle gegenüber dem Vorjahr verzeichnet haben, wie Gabriele Keller vom Patientenmanagement der Rems-Murr-Kliniken bestätigte. Insgesamt knapp 1100 Beschwerden gingen bei den Haupt- und Ehrenamtlichen ein. Angesichts von 50 000 stationär untergebrachten Patienten sei die Quote aber „statistisch gesehen äußerst gering“, betonte Paul Hug. Und dennoch: „Jede berechtigte Beschwerde, die ankommt, ist eine zu viel.“

Im Jahr 2018 sind an Hug und seine drei Kolleginnen 85 Fälle davon herangetragen worden, im Vorjahr waren es 67 gewesen. 2016, im ersten Tätigkeitsjahr der Patientenfürsprecher, lag die Zahl sogar bei 94 Beschwerden, die sich häufig auf die Situation in der Notaufnahme bezogen. „Das hat sich stark gebessert“, erklärte Hug, „die Maßnahmen scheinen zu greifen.“ Dazu gehörten bauliche Veränderungen sowie die Einrichtung einer eigenen Chefarztstelle für die Notaufnahme.

Klagen über mangelnde Hygiene

Dennoch gebe es in den Kliniken „Bereiche, die noch offene Baustellen sind“, so Hug. Ein zentrales Thema sei da der Pflegebereich. Er nannte Klagen über mangelnde Körperpflege und Hygiene, eine nicht ausreichende Überwachung bei der Einnahme von Essen oder Medikamenten, besonders bei dementen Patienten sowie lange Wartezeiten nach dem Betätigen des Patientenrufs. Eine Sonderrolle habe die Geriatriestation: „Dort gab es so gut wie keine Beschwerden“, so Hug, der das auf den höheren Pflegeschlüssel zurückführte.

Ein weiteres Problemfeld sei das Entlassmanagement. „Angehörige werden oft viel zu spät informiert von der Entlassung eines Patienten“, bemängelte Hug. Viele Menschen seien berufstätig und bräuchten daher einen gewissen Vorlauf.

Mehr Beschwerden bei hoher Belastung

Überlastetes Personal ist nach Einschätzung der Patientenfürsprecher eine wichtige Ursache für Beschwerden. Patienten seien oft unzufrieden, weil es an ausreichender Kommunikation fehle. „Wenn man schneller mit dem Patienten sprechen würde, könnte man da viel Luft rausnehmen“, so Paul Hugs Überzeugung.

Gabriele Keller vom Patientenmanagement bestätigte vermehrte Beschwerden in Zeiten hoher Belastung: „Wenn wir zu 100 Prozent belegt sind, arbeiten wir an der Grenze.“ Das sei beispielsweise im Frühjahr 2018 der Fall gewesen, als es viele Grippekranke im Landkreis gab. Aber auch die Umstellung der Speiseversorgung im Juli 2018 habe zu einem massiven Anstieg an Beschwerden geführt. generell gelte: „Beschwerdedichte und Belegungsdichte gehen einher.“ Bei maximaler Belegung , etwa zur Grippezeit, müsse man sich auch schon mal von der Notfallversorgung abmelden, sagte Keller, „das kam in diesem Jahr bereits mehrmals vor, ist aber auch in Stuttgart passiert.“

Die Lobquote hat sich verbessert

Allerdings seien in 2018 nicht nur mehr Beschwerden eingegangen, betonte Keller: „Auch die Lobquote ging hoch.“ Nämlich von 1,2 Prozent in den beiden Vorjahren auf 1,4 Prozent im Jahr 2018. „Mehr Lob gab es hauptsächlich für das pflegerische und ärztliche Personal“, berichtete Gabriele Keller.