Ausgezeichnet: Vanessa Welt (li.) und Claudia Maas von Aufwindhof. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Wie finden sich Flüchtlinge am besten in der neuen Umgebung zurecht? Wenn es Möglichkeiten gibt, sich frei von Vorurteilen kennenzulernen. Drei Initiativen aus dem Land wurden jetzt ausgezeichnet – vom privaten Radiosender bigFM.

Stuttgart - Menschen kümmern sich um Menschen. Einfach so. Weil es ihnen am Herzen liegt. Dabei entstehen ehrenamtliche Projekte mit überschaubarem Aufwand, aber großem Nutzen. Brückenbauer für die Menschlichkeit aus Baden-Württemberg wurden jetzt mit dem Integrationspreis des privaten Radiosenders bigFM ausgezeichnet. Wir stellen sie vor:

Kinder treffen Tiere

Es war vor eineinhalb Jahren. Laura Kochendorfer hatte ihr Studium abgeschlossen - als Ingenieurin der Messtechnik. Die drei Monate bis zum Berufseinstieg wollte sie mit ehrenamtlicher Arbeit füllen. Sie stieß auf den „Aufwindhof“ in Aalen, ein Sozialprojekt des dortigen DRK und des gleichnamigen Vereins. Sie war begeistert. Und ist es bis heute geblieben. Sie sagt: „Es ist ein schöner Ausgleich zu meinem Beruf.“

Zweimal pro Woche kommen fünf bis zehn Flüchtlingskinder im Alter von 6 bis 12 Jahren auf den Hof, wo Laura Kochendorfer und Vanessa Welt schon warten. Dann gehen sie mit Eseln und Alpakas spazieren. Sie helfen beim Füttern, beim Ausmisten der Ställe oder bei der Pflege der Tiere. „Die Kinder freuen sich jedes Mal total darauf“, sagt Laura Kochendorfer, „die Begegnung mit den Tieren baut Brücken. Es schafft Vertrauen – auch zu uns Menschen.“Das Projekt „Aufwindhof“ aus Aalen setzte die Jury von bigFM auf Rang eins.

Musik, die verbindet

Hiser Sedik holt tief Luft und sagt: „Wir stehen für Freiheit und Vielfalt. Wir wollen, dass alle Menschen in Frieden miteinander leben können.“ Wir, das sind ihr Bruder Rager und Sahin Gablan, ein guter Freund und glänzender Gitarrist. Zusammen sind sie „Rahi“, eine kurdisch-türkisch-deutsche Band aus Stuttgart. Seit drei Jahren treten sie ehrenamtlich bei Benefizkonzerten, Lesungen oder interkulturellen Veranstaltungen auf. „Mit sehr positiver Resonanz bei Jung und Alt“, sagt Hiser Sedik. Ihr bekanntester Song heißt „Immer wieder“. Und immer wieder wollen die Drei auch auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen. Hiser und Rager, als Kinder aus dem Nordirak nach Deutschland gekommen, schreiben ihre Texte selbst. Ihr Freund Sahin, der deutsche und türkische Wurzeln vereint, begleitet sie auf der Gitarre. „Wir singen für Offenheit und Toleranz. Und gegen den alltäglichen Rassismus“, sagt Hiser Redik.Rang zwei für das Projekt „Rahi“.

Dialog auf Augenhöhe

Angefangen hat alles mit einer Diplomarbeit. Larissa Mantel, eine angehende Kommunikationsdesignerin, stellte die Frage:„Wo können sich Flüchtlinge und die Menschen vor Ort begegnen, ohne in das bekannte Muster zu verfallen? Ihr braucht was, wir geben was.“ Die Antwort lautet COLA TAXI OKAY. Das klingt zwar ziemlich schräg, die Worte sind jedoch international geläufig und deshalb Titel des Karlsruher Kultur- und Projektraums, der Flüchtlingen und Einheimischen die Möglichkeit bietet, zusammen ihre Freizeit zu gestalten. „Wir haben uns gefragt: Was können diese Menschen, was bringen sie mit?“, sagt eine der Mitinitiatorinnen, Katharina Ziehensack. Jetzt gibt es gemeinsame Jamsessions, Kochworkshops, Vorträge, Tanzveranstaltungen und sogar Friseurtage. Inzwischen stellte die Stadt in zentraler Lage Räumlichkeiten zur Verfügung, die gemeinsam mit den Flüchtlingen ausgebaut und gestaltet wurden. Die Jury setzte das Projekt „COLA TAXI OKAY“ auf Rang drei.

Der private Radiosender bigFM vergibt alljährlich einen Preis für vorbildliche Initiativen zur Integration von Flüchtlingen, die Stuttgarter Nachrichten sind Medienpartner des Projekts und Mitglied in der Jury, welche die Preise vergibt. Sie sind dotiert mit 1500, 1000 und 500 Euro, gestiftet von der Sparda-Bank. Vergeben wurden die Preise am Donnerstagabend in der Stuttgarter Sparda-Welt.