Biathlon-WM in Schweden: Tolle Bilder, aber für die Gastgeber auch schon Enttäuschungen. Foto: AFP

Die Schweden wollten in Östersund ein Biathlon-Fest feiern. Bislang mussten Sportler und Fans aber die eine odere andere Kröte schlucken. Das Drama haben sie selbst heraufbeschwört.

Östersund - Mit einem Male waren die schwedischen Fans unter den 9400 Zuschauern im Biathlon-Stadion von Östersund mucksmäuschenstill. Gerade hatte Mona Brorsson in der Verfolgung in Führung liegend im letzten Anschlag viermal daneben geschossen, die Goldmedaille war nicht mehr zum Greifen nah, sie war futsch – und die deutschen Anhänger jubelten euphorisch als sich Denise Herrmann aufmachte, diese Plakette am Sonntag abzugreifen. Wieder einmal zeigten sich die Schweden als ausgezeichnete WM-Gastgeber.

„Nej! Nej! Nej! Nej!“, titelte das „Aftonbladet“ am Montag, passend zu den vier Fahrkarten von Mona Brorsson, die sich bei allen Landsleuten entschuldigte: „Ich bin ins Stadion gekommen und habe diesen Jubel gehört – dann sind meine Gedanken davongeflogen. Ich war noch nie in einer solchen Situation – es war zu viel.“

Der Slogan: „Jeden Tag ein neues Drama“

„Jeden Tag ein neues Drama“, lautet der Slogan, den sich die schwedischen WM-Macher erdacht haben – dass ausgerechnet ihre Biathleten in diesen Dramen die traurigen Hauptrollen spielen würden, damit hatten natürlich keiner gerechnet.

In der Mixed-Staffel patzten Jesper Nelin und Sebastian Samuelsson, der Medaillentraum war vorbei. Im Sprint der Frauen fehlten Hanna Öberg 0,6 Sekunden auf Bronze. Und nun noch diese Tragödie in der Verfolgung der Frauen. In Östersund herrschte am Tag danach zwar prächtiger Sonnenschein, doch so manche Schweden schauten drein wie sieben Tage Schneesturm.

„Es ist ein Jammer“, klagt Frida, die in der Fußgängerzone Schweden-Schals, Rentierdecken und gefütterte Handschuhe verkauft, „wir haben uns so auf diese WM gefreut, und jetzt müssen wir so leiden.“

Kritik an der Vorbereitung auf die Heim-WM

Natürlich haben die Fachleute im Land längst mit der Fehleranalyse begonnen, und dabei ausgemacht, dass sich die Schützlinge von Trainer Wolfgang Pichler mental nicht richtig auf die Situation eingestellt hätten. Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen kritisierte als TV-Experte, dass die schwedische Teamführung die psychologische Vorbereitung auf die Heim-WM nicht ernst genug genommen habe, die schwedische Dreifach-Weltmeisterin Helena Ekholm dagegen konterte: „Diese Situation am Schießstand mit diesem Jubel der Fans – das kann man nicht trainieren.“

Hanna Öberg jedenfalls zittern vor ihrem Auftritt an diesem Dienstag im Einzel nicht die Knie, wenn sie ins Schießstadion fährt. „Ich weiß, dass ich schon einmal Gold geholt habe“, sagt die 23-Jährige selbstbewusst, „warum soll mir das nicht noch einmal gelingen?“ Nun, der Olympiasieg gelang ihr in Pyeongchang, dort waren weit weniger schwedische Fans im Stadion als in Östersund – die Vorzeichen sind dann doch ein wenig verändert. Denn eines ist sicher: Das Jubeln wird den Anhängern nicht verboten.